Die neuen Star Wars-Filme kann man, wohlwollend ausgedrückt, als simples Kino der Attrak-tionen und des Spektakels bezeichnen und sich damit begnügen. Doch ist es erstaunlich, wie wenig originell der dritte Teil The Rise of Skywalker seine Geschichte zum Abschluss führt und wie überaus fordernd und dominant er sein Publikum einschätzt. Nichts ansatzweise Neues fügt dieses Kapitel dem Franchise hinzu.
Dabei ist die Frage, ob Demokratien in totalitäre Systeme umkippen können, heute wieder virulenter geworden und bietet so einen spannenden Fundus, den The Rise of Skywalker indes aber nicht weiter ausschöpfen will. Stattdessen scheint es dem Film um das Abarbeiten bekannter Stationen und Effekte zu gehen. Der ewige Kampf von Gut gegen Böse wird auch hier weitererzählt und das in einem schwindelerregenden Tempo. The Rise of Skywalker ist ein Film von regelrechter Star Wars-Nostalgie-Trunkenheit. Und besoffen ist dieser Film, so sehr torkelt er von einer Szene zur nächsten, die so unzusammenhängend wirken und so viele Wendungsmomente und Logiklöcher aufweisen, dass es unsinnig ist, weiter auf die Story einzugehen.
Der Wechsel im Regiestuhl von J.J. Abrams (The Force Awakens, 2015) zu Rian Johnson (The Last Jedi, 2017) und nun wieder zu Abrams macht aus dem finalen Teil der Trilogie einen narrativ so inkonsistenten Film, der seine Sehenswürdigkeiten einzig aus dem Zitieren von bereits Bekanntem bezieht. Das gilt für Schauplätze, Figurenkonstellationen und zeigt, was dem Blockbuster-Kino heute fehlt: Innovation, Kreativität, Mut, Virtuosität.
Das Erscheinen von Star Wars im Jahr 1977 kam einem regelrechten Kulturschock gleich. George Lucas verdichtete in einem wilden Stilgemisch etliche Genre-Versatzstücke zu einer archetypischen Weltraum-Heldengeschichte, die unglaublich erfolgreich wurde. So wie er die Filmgeschichte in seinen galaktischen Abenteuern mitführte, so nostalgisch wie innovativ stellte er Bezüge zum klassischen Erzählkino her. Alles das, wofür Star Wars paradigmatisch stand, vermag die neue Trilogie nicht mehr zu erreichen. Wie keine andere Filmreihe ist Star Wars den unzähligen Fantheorien ausgesetzt und wurde so zum Opfer der fanimmanenten Rezeption.
Auffallend ist, wie krampfhaft The Force Awakens an seiner ursprünglichen Vorlage festhält, sodass stellenweise der Eindruck entsteht, man schaue keine Fortsetzung, sondern ein Remake: Er versucht, unbedingt die Handlung und Figurenkonstellationen des Originals zu kopieren – derart scheint J.J Abrams die Fallhöhe gefürchtet zu haben. Rian Johnson hingegen bricht in der Fortsetzung The Last Jedi mit der Tradition, enttäuscht bewusst Erwartungshaltungen, verpasst die klassischen Genre-Verabredungen, nahezu zynisch schreibt er altbekannte Heldengestalten um und spaltet so die Fangemeinde zutiefst. Wer versucht, sich peinlichst genau an die Originalvorlage zu halten, dem wird mangelnde Kreativität vorgeworfen; wer versucht radikal neu zu denken, dem wird Ikonoklasmus und Sakrileg angelastet.
Ja, der populäre Fantasyautor George R.R. Martin trifft den Kern, wenn er mit Blick auf popkulturelle Themen meint, besonders das Internet sei ein toxischer Ort geworden: Die Theorien und Wunschvorstellungen der Fans, die im Netz zirkulieren, beeinflussen den Prozess des Filmemachens und des Filmerlebnisses dergestalt, dass jede Position in Richtung eines ansatzweise zufriedenstellenden Films ad absurdum geführt wird. Der von Roland Barthes proklamierte „Tod des Autors“ erhält vor diesem Hintergrund eine besondere Schärfe. Nicht mehr der Filmschaffende ist Herr des Werkes, sondern die Fans, die jeden Film detailgenau und äußerst versiert analysieren und somit die Filme längst zerredet haben. Die neue Star Wars-Reihe lebt deshalb paradoxerweise aus einem post-mortem-Effekt. Herausgekommen ist dabei ein filmischer Brei, den zu viele Köche, auf Produktions- wie auch auf Rezeptionsseite, verdorben haben.