Nachdem der erfolgreiche Krimiautor Harlan Thrombey (Christopher Plummer) an seinem 85. Geburtstag mit durchgetrennter Kehle gefunden wird, entwickeln sich zunehmend Spannungen zwischen Harlans Pflegerin Marta Cabrera (Ana de Armas) und den einzelnen Familienmitgliedern. Die anwesenden Verwandten wollen natürlich nichts mitbekommen haben, werden aber dennoch von den beiden Detectives Benoit Blanc (Daniel Craig) und Lieutenant Elliott (LaKeith Stanfield) festgehalten, bis der Fall aufgeklärt ist. Die Situation spitzt sich zu, als es zur Testamentseröffnung und damit zur Frage des millionenschweren Erbes kommt ...
Mit Knives out präsentiert Regisseur Rian Johnson eine komödiantische, rabenschwarze Krimigeschichte, die sich in der bekannten Manier des whodunit um die Aufklärung eines Verbrechens dreht. Dass Harlan Thrombey Selbstmord begangen hat, will der routinierte Ermittler Blanc nicht glauben. Daniel Craig spielt das so, dass einerseits seine Neugier am Verbrechen und der Überführung des Tätes stets durchsichtig ist, andererseits aber das überdimensionale Ego des Ermittlers deutlich hervortritt. Mit der übertriebenen Aufregung in seiner Stimme und dem dick aufgetragenen southern drawl sorgt Craig so für humorvolle Einlagen, ohne sich dabei aber in der Parodie auf das Image des raffinierten Detektivgenies zu erschöpfen. Craig gegenüber steht eine namhafte Besetzung: Da ist die Tochter Linda (Jamie Lee Curtis), eine erfolgreiche Geschäftsfrau mit ihrem zwielichtigen Mann Richard (Don Johnson) und ihrem schrecklichen Sohn Ransom (Chris Evans). Thrombeys Sohn Walt (Michael Shannon) leitet das Verlagshaus seines Vaters, aber er liegt mit diesem im Streit. Schwiegertochter Joni (Toni Collette) ist ganz in Selbsthilfe vertieft, nachdem sie sich ihres Ehemannes endlich entledigen konnte. Einzig Martha Cabrera scheint so etwas wie ein moralischer Anker zu sein innerhalb dieser Gesellschaft, in der in letzter Konsequenz auch die Liebe eine Frage des Geldes ist.
Was Very bad things (1998) noch für das Kleinbürgertum darstellte, das ist Knives out für das Großbürgertum. Die angestrebte böse Satire auf das Großbürgerleben ertrinkt freilich gelegentlich in dem übertriebenen Elan in den Performances ihrer Darsteller, aber es gelingt der schwarzen Komödie doch, das Abgründige in den Großbürger-Seelen ans Licht zu bringen: Da gibt es Rassisten, Heuchler, verschlagene Intriganten. Und freilich, es verstärkt sich der Eindruck, dass man in dieser Familie für die Aufrechterhaltung der Fassade nahezu alles zu tun bereit ist; ein kleiner Mord in der Familie scheint gar nicht abwegig, ja ist da noch das geringste. Hinter dem Bestreben, die Erbfrage zu klären, steckt immer auch die Sehnsucht nach einem besseren Leben, die Flucht vor der sozialen Inferiorität. So ist diese Krimigeschichte auch als eine sarkastische Bestandsaufnahme zur – gewiss filmisch überzeichneten – Situation der amerikanischen Oberklasse zu verstehen, wo materielle Werte neben dem gesteigerten Besitzverlangen jede zwischenmenschliche Beziehung längst abgelöst haben. Der Film zeigt so eine unter der Oberfläche furchtbar emotions- und moralfreie Gesellschaft: Die Oberschicht, so schimmert es in Knives out durch, wehrt sich mit allen Mitteln gegen den bevorstehenden, selbst verschuldeten Abstieg und den Zusammenbruch des eigenen Wohlstands. Man entzweit sich in einem rivalisierenden Kampf um Erbe und Status und verbündet sich doch angesichts des Verbrechens.
Dass Regisseur Rian Johnson mit Genrecodes und Publikumserwartungen spielen kann, hat er in Star Wars – The last Jedi (2017) bewiesen – was ihm indes nicht unbedingt zum Vorteil gereichte. Knives out wartet mit vielen Wendungen auf: Rian Johnson erzählt verschachtelt, arbeitet mit vielen Flashbacks, hält Informationen bewusst zurück, um seinem Publikum so stets einen Schritt voraus zu sein. Das schafft spannungsreiche Unterhaltung, die ihre Vorbilder freilich mitführt: So wird etwa der US-amerikanischen Krimiserie Murder, she wrote (1984-1996) Tribut gezollt. Knives out stellt sich von seiner Inszenierung bis hin zur Klangfarbe des Namens seines Ermittlers so offenkundig in die Krimi-Tradition einer Agatha Christie (Benoit Blanc soll vermutlich an Hercule Poirot erinnern), dass er Reverenz und Klassenkritik gleichermaßen bedingt.