Luxemburgensia

Alte Bücher aus Echternach

d'Lëtzebuerger Land vom 03.08.2000

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung legt den Verdacht nahe, dass von einem winzigen Territorium wie dem luxemburgischen kulturelle Leistungen von internationaler Bedeutung etwa alle 1000 Jahre ausgehen. Dann war die letzte wohl das Skriptorium, die Handschriftenwerkstatt der Echternacher Abtei.

Die in Echternach hergestellten Handschriften sind, wie die Bibliothek der gesamten Abtei, seit über 200 Jahren in alle Winde zerstreut. Nach der französischen Revolution stürmten erst eines Jahrtausends Feudalismus überdrüssige Echternacher die Abtei, dann wurde sie 1797 von der französischen Verwaltung samt ihrer Bibliothek aufgelöst.

Eine Reihe wertvoller Handschriften war schon 1794 in die Pariser Nationalbibliothek gebracht worden - vielleicht Luxemburgs Eintrittspreis für die Neuzeit - andere gelangten in die Luxemburger National- und in verschiedene Trierer Bibliotheken.

Vor zwei Jahren sollten die Luxemburger National- und die Trierer Stadtbibliothek zum 1300. Gründungsjahr der Abtei eine gemeinsame Ausstellung zur Echternacher Buchgeschichte organisieren. Doch das Projekt scheiterte. Als kleinen Ersatz veröffentlichten die beiden Bibliotheken nun das bis auf einigen Layout-Schnickschnack sauber gemachte und preiswerte Buch Analecta Epternacensia.

Fast die Hälfte des leider nur wenige Originalbeiträge enthaltenden Bandes machen die Reproduktion und eine Übersetzung durch Pierre Kauthen des Kapitels aus, das Abt Johann Bertels in seiner Historia Luxemburgensis der Stadt und Abtei Echternach widmete. Jenes Kapitels, wo Bertels alle 62 Äbte seit Willibrord einschließlich seiner selbst einzeln beschreibt, aber die schöne Springprozession keiner Erwähnung wert fand - als hätte er geahnt, dass die Echternacher ein Jahr später seine Entführung durch Freibeuter nicht verhinderten würden. Als Grundlage des Beitrags dient statt des 1595 in Köln erschienenen Originals des ersten Luxemburger Geschichtsbuchs der Nachdruck von 1856.

W. Günther Rohr beschäftigt sich mit den Griffelglossen, jenen von den Mönchen unscheinbar ins Pergament geritzten Randbemerkungen in Echternacher Handschriften. Im Wesentlichen empfindet er aber Jean-Claude Mullers Mitte der Achtzigerjahre veröffentlichte Arbeiten zum Thema nach. Gunter Franz stellt auf Farbtafeln einige hinlänglich bekannte "bibliophile Kostbarkeiten" aus der Bibliothek der Echternacher Abtei vor, die heute in die Trierer Stadtbibliothek aufbewahrt werden, allen voran ein 1593 in Köln gedrucktes Exemplar von Brauns und Hogenbergs Civitates orbis terrarum.

Ansonsten sind die Analecta eine Anthologie von bereits an anderer Stelle veröffentlichten Aufsätzen, von Reiner Nolden über die ältesten Echternacher Bibelfragmente, über Echternacher Besitztümer im Hunsrück, über die Trierer Handschriften aus Echternach und über deren nachträglichen, mit "continet" beginnenden Inhaltsangaben. Auch Michele Camillo Ferraris Aufsatz über im Einband des Echternacher Codex Parisinus latinus 8847 wiedergefundene Reste der ältesten in Tours geschriebenen Vollbibel und Mechthild Neyes Arbeit über die Datierung von Handschrifteneinbänden mittels der Jahresringe des darin verwendeten Holzes wurden bereits an anderer Stelle veröffentlicht.

Bibliothèque nationale de Luxembourg, Stadtbibliothek Trier: Analecta Epternacensia. Beiträge zur Bibliotheksgeschichte der Abtei Echternach. Luxemburg 2000. 180 S., 715 Fr.

Romain Hilgert
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