Nachdem Amador Coro, der wegen Brandstiftung inhaftiert war, aus dem Gefängnis kommt, wartet niemand auf ihn. Er kehrt in seine Heimat zurück, ein kleines Dorf in den Bergen des ländlichen Galiziens, um bei seiner alten Mutter Benedicta zu leben. Das Leben geht ruhig weiter, bis zu der Nacht, in der erneut ein Feuer die Region verwüstet...
Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde Olivier Laxes dritte Regiearbeit O que arde unter der Rubrik Un certain regard gezeigt und gewann den Jurypreis. Die französisch-spanisch-luxemburgische Produktion (Tarantula) entstand mit finanzieller Unterstützung des Luxemburger Film Fund.
In ruhigen Bildern entfaltet Laxe mit O que arde ein inneres Drama von Liebe, Schmerz, Schuld und Einsamkeit und inszeniert mit einem feinen Gespür für seine Schauspieler, die für einen fiktionalen Spielfilm überaus natürlich wirken. Das alles spielt sich ab in einer atemberaubenden Landschaft – ganz so, als wolle sie kurz vor ihrem Absterben noch einmal ihren prächtigen Glanz hervorbringen. In diesen Szenen schafft der Film es, eine beinahe visuelle Poesie heraufzubeschwören, und darin liegt seine Stärke. Mit Blick auf die aufwändig gefilmte Sequenz des Waldbrandes ist zu fragen, ob diese allzu ereignisarme Handlung nicht bereits im Zeichen des unmittelbar bevorstehenden Endes steht – der Filmtitel (dt. wörtlich etwa: „Was brennt“) jedenfalls legt diese Unausweichlichkeit nahe. Sie gewinnt angesichts der Brände im Amazonas-Gebiet an Aktualität, allerdings ist für Laxe der Schauplatz von Relevanz, denn Galizien ist eine der Regionen Europas, die am häufigsten von Waldbränden heimgesucht werden. Ob er dieses Vorwissen bei seinem Publikum voraussetzt, ist nicht immer klar, der Film gibt darüber keinerlei Auskunft.
Gleichwie, diese Lücken sind keineswegs Ausdruck eines geschlossenen Werkes: O que arde erzählt seine Geschichte zwar sehr linear, dass dieser Film indes die offene Form bevorzugt, ist augenscheinlich – keine klare filmische Exposition, kein Hintergrundwissen um die Figuren. Deren Handeln bleibt unklar und scheint auch losgelöst von kausallogischen Motivationen. Folglich ist eine Anbindung an Figuren nicht möglich, weil Laxe sie nicht profiliert. Daraus ergibt sich auch ein sehr langsamer Rhythmus, denn die Handlung ist – bis unmittelbar in das Schauspiel hinein – ins Minimalistische reduziert. In Amadors schwermütigem Blick lassen sich zwar die tiefen Spuren des Lebens ablesen, thematisiert werden sie aber nicht. Bei aller narrativer Intransparenz ist doch unübersehbar, dass Mensch und Natur in einem dichotomischen Spannungsverhältnis zueinander stehen. Auch korrespondiert die Kameraarbeit von Mauro Herce, sowie der stimmungsvolle Soundtrack, der manche dieser Leerstellen beachtlich füllt, mit dieser Idee. Gleich die erste Szene führt dies eindrücklich vor: Sie mutet wie eine Penetration, ja eine Vergewaltigung der Natur an; wir sehen, wie eine Reihe von Bäumen nacheinander umfällt, weil Bulldozer sich rücksichtslos ihren Weg durch den Wald bahnen. Ein hundertjähriger Baum weigert sich, gefällt zu werden – darin wird die Mutter in einem Akt der Regression Obhut finden. Und freilich, aufgrund solcher Einstellungen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, Laxe wolle die ohnehin schönen Naturbilder zusätzlich symbolträchtig anreichern. Das verleiht dem Film stellenweise einen merkwürdig prätentiösen Beigeschmack, der mehr bizarr-irritierend wirkt, als künstlerisch überzeugt.
So sehr man sich auch bemüht, sich den Zugang zu diesem Werk zu erarbeiten, das Ganze will nicht so recht zusammenfinden. Ob das nun als der Einzug der Moderne in die Natur verstanden sein will und demnach als Umwelt-Parabel gedeutet werden kann, das äußerst schwerfällige Moment dieses Filmes – und womöglich arbeitete Laxe ohnehin mit polemischem Kalkül darauf hin, dass man den Film nicht vollends fassen soll – ist unumstritten. Marc Trappendreher