Letzte Woche hat der luxemburgische Verlegerverband FLE die Shortlist für den sogenannten „Lëtzebuerger Buchpräis“ veröffentlicht. Anders als in den beiden vergangenen Jahren ist diese Liste das Resultat einer Vorauswahl, die eine Fachjury (Jean-Claude Diderich, Georges Fautsch, Jeanne Glesener, Germaine Goetzinger, Claude Mangen) aus 39 Titeln getroffen hat, die von den Verlagen vorgeschlagen wurden. Wer will, kann ab morgen in den Kategorien „Bild- und Kunstband“, „Literatur“, „Wissenschafts- und Sachbuch“ sowie „Kinder- und Jugendbuch“ für seine Favoriten abstimmen.
Ob das neue Auswahlverfahren den noch recht jungen Preis wesent-lich repräsentativer für das luxemburgische Literaturgeschehen machen wird als bisher, bleibt fraglich. Nicht genug, dass am diesjährigen Preis bereits vor der Bekanntgabe der Shortlist einiges recht seltsam schien: In der Sparte „Literatur“ hatte die Longlist den zwar vorzüglichen, aber leider nicht wählbaren Lyrikband Glanz und Elend der Poesie von Jean-Paul Jacobs aufgeführt. Das Buch hatte nämlich schon im Vorjahr auf der Shortlist für den „Lëtzebuerger Buchpräis“ gestanden. Vielleicht ein symptomatischer Lapsus, denn die literarischen Ressourcen für diesen Preis sind knapp.
So werden die Titelvorschläge nach wie vor lediglich von denjenigen Verlagen eingereicht, die Mitglied der FLE sind. Im Ausland ver-öffentlichte Bücher von Luxemburger Autoren fallen damit weg, was bedeutet, dass einige der wichtigsten Bücher des Jahres über-haupt nicht nominiert werden können. Auch Bücher von Luxemburger Ver-lagen, die sich der FLE nicht anschließen wollen, kommen für eine Nominierung nicht in Frage. Daraus ergibt sich die absurde Situation, dass zum Bei-spiel Bücher von Ultimomondo zwar mit dem Prix Servais oder dem Euro-päischen Buchpreis ausgezeichnet werden, für den sogenannten „Lëtzebuerger Buchpräis“ aber nicht einmal zur Wahl stehen.
Niemand wird etwas dagegen haben, wenn ein Verband von einigen Luxem-burger Verlagshäusern und einzelnen Verlegern jedes Jahr seine beliebtesten Publikationen prämiert. Das könnte eine nette kleine Veranstaltung sein. Damit will sich die FLE aber nicht zu-frieden geben. So besteht sie darauf, dass der sogenannte „Lëtzebuerger Buchpräis“ die „wichtigste Preisveranstaltung der einheimischen Buchwelt1“ sei. Das ist sie nun wirklich nicht. Über soviel An-maßung und Größenwahn würde man lachen, wenn sie nicht mit einer so großen medialen Verbreitung verbunden wären.
Mindestens drei Preisveranstaltung der einheimischen Buchwelt sind „wichtiger“ als die der FLE: die Verleihung des Prix Batty Weber natürlich, bei der ein Luxemburger Autor für sein Lebenswerk geehrt wird. Dann der Prix Servais, der das beste in Luxem-burg erschienene oder von einem Luxemburger verfasste Buch des Jahres auszeichnet, unabhängig davon, ob der Verlag der FLE angehört oder nicht. Der dritte „wichtigere“ Preis wird beim Concours littéraire national vergeben, bei dem anonyme Manuskripte nach literarischen Maßstäben bewertet werden. Die Ent-scheidung liegt in diesen drei Fällen ganz bei einer Fachjury. Beim sogenannten „Lëtzebuerger Buchpräis“ ist, bei allen sonstigen Einschränkungen, nicht einmal das der Fall. Man braucht im Prinzip kein einziges der Bücher gelesen zu haben, um zwanzigmal oder öfter für eines oder mehrere davon abzustimmen. Es wird derjenige den Sieg davontragen, der am meisten Werbung für sich machen kann. Das beste Buch kann also höchstens durch Zufall gewinnen. Dass das spezifisch luxemburgisch ist, will man bezweifeln.