Heutzutage gibt es unzählbare internationale Preise und Stipendien, die an Künstler vergeben werden. Sind einige davon politisch motiviert, so dienen sie unterm Strich doch alle der Förderung von Künstlern, die oft nicht über die notwendigen finanziellen Möglichkeiten verfügen, um ihre Ideen umzusetzen. Der seit 1991 verliehene und mit 10 000 Euro dotierte Kunstpreis Robert Schuman wird alle zwei Jahre von den Städten Luxemburg, Trier, Metz und Saarbrücken organisiert und fördert, über die einzelnen Künstler hinaus, auch den grenzüberschreitenden künstlerischen Dialog. Dieses Jahr wird die Ausstellung zum Preis in Trier gezeigt und bietet einen Ausschnitt aus der jungen überregionalen Künstlerszene.
Vier Künstler stehen jeweils stellvertretend für eine Stadt. Für die Luxemburger Auswahl zeichnet Danie-la Del Fabbro (CNA) verantwortlich. Die Arbeiten von Laurianne Bixhain, Mike Bourscheid, Gilles Pegel und Letizia Romanini lassen sich über die Reflexion zum Material und zur Materialität verbinden. Laurianne Bixhain untersucht in ihren Fotografien die Auswirkungen von Transparenz, Licht- und Schatteneffekten. Auf einer ihrer Fotografien ist zum Beispiel ein Stapel Bücher, der wie verschleiert erscheint, abgebildet. Beim genauen Betrachten kann man noch eine Schrift entziffern: „Elegant travel Greece“, ein Luxusmagazin, das in englischer und chinesischer Sprache über Griechenland, seine Kultur und Mode berichtet. Auch Gilles Pegel ergründet in seinen Werken den Gedanken des Ergreifens beziehungsweise des visuellen oder intellektuellen Erfassens. Die Skulptur A complete understanding is no longer possible (2012) besteht aus Enzyklopädien, die mit Schraubzwingen aneinandergebunden sind und so nicht mehr durchgeblättert werden können. Das auf Papier gedruckte Wissen wird unzugänglich. Das Werk verweist auch auf die Digitalisierung, die konstante Verbreitung und den Zuwachs von Wissen im Internet.
Der in Luxemburg und Kanada lebende Künstler Mike Bourscheid vollzieht in seinen Arbeiten eine kritische, aber auch humorvolle Analyse der Gesellschaft und der Rollenverteilung. Auch autobiografische Fakten fließen in sein Werk ein. Für die Arbeit So stell ich mir die Liebe vor (2015) dienen seine Eltern und die Entscheidungen, die Erwachsene treffen müssen, als Grundlage. Zwei fast kitschige Kostüme – Requisiten einer Performance – sind an einem Holzgestell befestigt; über ihnen schwebt jeweils eine Skulptur von einem überdimensionierten männlichen und weiblichen Kopf. Letizia Romanini hingegen befasst sich mit dem Schwinden der Zeit. In einer Vitrine hat sie abgeschnittene, mit 24 Karat-Blattgold überzogene Finger- und Fußnägel zusammengetragen (Gebeine, 2008-2015). Die Nägel stehen hierbei stellvertretend für das unentwegte zeitliche Voranschreiten und erregen, trotz ihres Glanzes, ein Gefühl von Ekel.
Die meisten der für den Schuman Preis nominierten Künstler, so auch die luxemburgischen, sind nach 1980 geboren; einige sind frische Abgänger der Universität oder Akademie. Es ist klar, dass verschiedene Arbeiten noch ein Suchen oder vorsichtiges Herantasten an die schon bestehende Kunstszene implizieren, einer der Gründe, weshalb der Kunstpreis Robert Schuman heute oft als „provinziell“ abgetan wird. Nur Saarbrücken und Trier haben auch ausgereiftere, in sich geschlossene künstlerische Arbeiten gewählt, so die sperrige Installation aus Holz, Fotografien, Gemälden und einem selbstverfassten Manifest von Helge Hommes oder die Skulpturen von Jáchym Fleig, die konsequent das ganze Treppenhaus einnehmen und in Dialog mit dem Museum treten.
Innerhalb der jungen Generation hervorzuheben ist Clément Richem (Metz), der drei aufwändig inszenierte Videos mit stop motion-Technik und eine Installation aus Keramik und Ton zeigt. Die Videos erzählen auf poetisch düstere Art vom Prozess des Entstehens und Verschwindens der Natur und von Menschenhand errichteter Architektur. Insgesamt zeichnen sich die vier ausgewählten französischen Künstler durch eine Vorliebe für das Feinteilige und Raffinierte aus.
Der Preis wurde dieses Jahr an Gaby Peters (Trier) verliehen. Die Entscheidung ist nachvollziehbar, denn die Arbeiten von Peters verkörpern etwas Leichtes, sind humorvoll und ausgeklügelt zugleich. Im Video Saturday Night (2012) lässt die Künstlerin mit viel Ironie einzelne Maiskörner über einer kleinen Kerze und einer selbstgebauten Konstruktion langsam platzen. In Sehnsucht (2014) schwebt ein Ventilator bedrohlich über einem Konfettihaufen; dennoch ist er nicht imstande das Papier zu bewegen. Peters lässt Gegensätze aufeinanderprallen und fordert so die Erwartungshaltung des Betrachters heraus.
Ansatzweise nur tritt die Ausstellung im Stadtmuseum Trier mit dem Ort selbst in Dialog. Die meisten der Arbeiten sind in zwei großen Räumen nebeneinandergereiht. Der Dialog zwischen den teilweise sehr unterschiedlichen Kunstwerken und den vier Städten hätte subtiler artikuliert sein können. Die Ausstellung bietet dennoch eine gute Gelegenheit, Werke von jungen und auch bewährten überregio-nalen Künstlern zu entdecken und zu betrachten.