Die Samsa-Koproduktion (Luxemburg-Deutschland-Belgien) Vijay and I spielt in New York City und fängt das Flair von Downtown Manhatten stimmungsvoll ein. Das ist durchaus erwähnenswert, wenn man weiß, dass nur die Außenaufnahmen dort gedreht wurden. Irgendwie erinnert der Ton dieser Komödie an einen Woody-Allen-Film, was wohl auch an der häufigen Untermalung durch samtige Jazzmusik liegen dürfte.
Die Hommage, an der es Regisseur und Ko-Drehbuchautor Sam Gabarski (hierzulande durch Irina Palm bekannt) wahrscheinlich eher liegt, geht jedoch an einen anderen Großmeister der Regiekunst: an Billy Wilder. Wie sonst wäre es zu interpretieren, dass die Hauptfigur ausgerechnet Wilhelm Wilder heißt? Auch eine Reverenz an Billy Wilders Some Like It Hot ist nicht von der Hand zu weisen. Denn auch in Vijay and I schlüpft der Protagonist in eine andere Verkleidung und Rolle. Nur eben nicht in Frauenkleider wie weiland Tony Curtis und Jack Lemmon, sondern in die Außenhaut eines Sikh.
Die neue äußerliche Erscheinung verwandelt auch Wilhelms Gebaren, seine ganze Art ändert sich. Muss es ja auch, denn wie meist beim Anlegen einer anderen Identität, geht es darum, das eigentliche Ich zu verschleiern. Klingt rätselhaft? Dann kurz zur Geschichte.
Wilhelm Wilder (Moritz Bleibtreu) ist ein deutschstämmiger Schauspieler, der es trotz Ehrgeiz nur zu bescheidener Berühmtheit gebracht hat. Als überdimensioniertes grünes Unglückskaninchen in einer Show für Kinder. In diesem Schaumstoff-Outfit stürmt er völlig entnervt aus dem Studio. Er fühlt sich von der ganzen Welt verlassen und ungeliebt, scheint doch jeder (Frau, Tochter, Freunde, Kollegen) vergessen zu haben, dass an diesem Tag Freitag, der 13. und sein 40. Geburtstag ist. An einer Tankstelle wird ihm mit einem billigen Trick sein Auto abgeluchst und er sucht Zuflucht bei einem indischen Freund.
Als tags darauf im Fernsehen die Meldung seines Ablebens kommt – das gestohlene Auto ist verunglückt und völlig ausgebrannt – beschließt Will, zu seiner eigenen Beerdigung zu gehen und sich anzuhören, was seine Lieben über ihn zu sagen haben. Als Vijay, der allen unbekannte indische Freund des lieben Verstorbenen. Dann kommt es, wie es kommen muss: Er verliebt sich wieder in seine Frau Julia (Patricia Arquette) und sie sich in ihn. In die, wie er glaubt, verbesserte Version seiner selbst.
Als Komödie bietet die Story durchaus Stoff für viele Gags. Manche sind recht gelungen, manche schwächer. Sie sind glücklicherweise nie richtig plump, andererseits jedoch auch selten wirklich scharfsinnig. Auch ein bisschen philosophischer Tiefgang findet sich, wenn Will/Vijay mit seinem alten Selbst ringt. Wenn er damit konfrontiert wird, dass viele ihn eigentlich nicht so richtig mochten. Wenn er sieht, dass seine Frau so schnell bereit ist, ihn mit sich selbst zu betrügen: nicht zuletzt deshalb, weil der Sex, Kamasutra-Tantra-angehaucht, einfach besser ist. An die bissige Schärfe eines Woody Allen kommt Gabarski jedoch nicht heran.
Für Moritz Bleibtreu ist diese „Doppelrolle“ natürlich ein gefundenes Fressen. Dass er mitunter etwas übertreibt, ist dem Genre angemessen. Für jene, die ihn eher als rauen Burschen in Erinnerung haben, kann es interessant sein, diese Facetten an ihm zu entdecken. In dieser klassisch inszenierten Geschichte stellt Patricia Arquette als seine Frau einen pointierten Gegenpol dar. Die anderen Schauspieler machen ihre Sache gut, fallen in der Erinnerung aber zurück. Bleibtreu vor allem, aber auch Arquette, stehen da einfach zu sehr im Vordergrund.
Vijay and I wird so zu einem netten kleinen Lustspiel, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es verleitet nicht zu brüllenden Lachern, eher zu amüsiertem Schmunzeln und sorgt so für angenehme Unterhaltung.