Die von der DP-Abgeordneten Simone Beissel in Gang gesetzte Debatte über die Verstaatlichung ungenügend rentabler RTL-Programme und die zu jedem Jahresbeginn vom Pressegesetz vorgeschriebene Offenlegung der Eigentumsverhältnisse der Zeitungen wecken das Interesse an den Eigentumsverhältnissen der Presse. Wie interessant diese Frage ist, zeigt sich alleine daran, dass die Konzessionsverhandlungen mit RTL traditionell zu den bestgehüteten Staatsgeheimnissen gehören und einige Zeitungen sich vergangene Woche weigerten, Artikel 66 des Pressegesetzes nachzukommen. Manche Verlage, deren Presse stets lauthals Transparenz verlangt, vermeiden in ihren Bilanzen die Nennung ihrer Beteiligungen aus „strategischen Gründen“.
Da die erste Freiheit der Presse darin bestünde, kein Gewerbe zu sein, sind die Besitzverhältnisse der Presse jedoch von größerem öffentlichem und politischem Interesse als bei anderen Unternehmen. Denn am Ende bestimmen die Besitzer die redaktionelle Linie einer Zeitung oder eines Senders, so dass es für die Leser, Zuhörer und Zuschauer nützlich ist zu wissen, mit wem sie es tatsächlich zu tun haben.
Fast alle Pressetitel sind im Besitz von Aktiengesellschaften oder solchen mit beschränkter Haftung. Zu den Ausnahmen gehören zwei Genossenschaften (Feierkrop, Woxx), eine gemeinnützige Stiftung (d’Lëtzebuerger Land) und eine öffentliche Einrichtung (Radio 100,7). Das Organigramm der Luxemburger Presse zeigt, dass der Pressemarkt hierzulande von drei Gruppen dominiert wird: dem Sankt-Paulus-Verlag des Erzbistums, der Bertelsmann-Tochter RTL und dem Editpress-Verlag des OGBL. Ihre Vormacht drückt sich nicht nur in der Zahl der von ihnen kontrollierten Titel aus, sondern vor allem auch dadurch, dass sie die größten Zeitungen und Sender besitzen: Laut den Plurimedia-Umfragen geben in der Regel jeweils die Hälfte der Befragten an, eine Zeitung von Sankt-Paulus beziehungsweise von Editpress zu lesen; die anderen Verlage liegen meist weit unter einer Verbreitung von zehn Prozent. Außerdem geht ein Viertel sämtlicher Anzeigeneinnahmen im Land an eine einzige Zeitung, das Luxemburger Wort. Vier Fünftel der zur Verhinderung der Pressekonzentration geschaffenen staatlichen Pressehilfe gehen an die Verlage Sankt-Paulus und Editpress. Beide Verlage verfügen auch über eigene Druckereien und Werberegien, RTL über eine Werberegie.
Da die Presse sich historisch vor allem als Parteipresse entwickelte, stehen der Sankt-Paulus-Verlag und Editpress auch den beiden größten politischen Strömungen im Land, den Chrislich-Konservativen und der Sozialdemokratie, nahe. Andere Parteien und Strömungen verfügen über keine ihnen nahestehenden Blätter oder über solche, deren Verbreitung deutlich unter ihrem politischen Einfluss liegt. RTL verfolgt dagegen rein kommerzielle Interessen, denen es auch politisch wichtige, aber weniger rentable Programme zu opfern bereit ist – wie derzeit Télé Lëtzebuerg. Die politische Bedeutung der Presse erklärt, weshalb die Pressekonzentration trotz des sehr kleinen, nach Sprachen aufgeteilten Marktes noch nicht so weit fortgeschritten ist wie in den Nachbarregionen. Denn auch wenn es, im Unterschied zu anderen Ländern, keine gesetzlichen Grenzen für die Pressekonzentration gibt, so hatte die staatliche Pressehilfe doch einen Erfolg damit, wenig rentable Zeitungen am Leben zu halten. Premierminister Xavier Bettel (DP) erklärte noch einmal bei seinem Presseempfang diese Woche, dass die ursprünglich von ihm beabsichtigte Kürzung der Pressehilfe die Existenz mehrerer Zeitungen bedroht hätte.
Das Gesetz über die Radioliberalisierung hat dagegen mit seiner erklärten Absicht versagt, die Konzentration im Rundfunkgeschäft zu bremsen, wie die staatliche Aufsichtsbehörde Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel (Alia) vor zwei Jahren in einer ernüchternden Bilanz feststellte. Mit Unterstützungen der jeweiligen Regierungen konnte RTL fast sämtliche landesweit sendenden Radio-Gesellschaften unter seine Kontrolle bringen; im Fernsehgeschäft ist die Firma sowieso konkurrenzlos.
Die Pressekrise droht, die Konzentration zu beschleunigen, da insbesondere der schrumpfende Anzeigenmarkt das Leben für kleinere Zeitungen schwieriger macht. Kommerzielle Überlegungen führen dazu, dass die Inhalte sich immer mehr ähneln. Das Internet reproduziert weitgehend die bestehenden Machtverhältnsse, da dort noch mehr das Gesetz der Quantität gilt, um Kunden an sich zu binden und Anzeigen zu beschaffen.