Roger Leiner zeichnete die erfolgreichste Comic-Serie der Luxemburger Geschichte: De Superjhemp. In 28 Alben erzählte er nach Szenarien seines ewigen Kumpanen Lucien Czuga von dem rot-weiß-blauen Helden mit der Knollennase, der hinter der Tarnung des biederen Beamten und Familienvaters mit Kochkäse immer wieder die kleine Nation rettete. In Anlehnung an Marcel Gotlibs Superdupont machte er so den grassierenden Nationalismus lächerlich: Superjhemp wurde im gleichen Jahr geboren wie die Lëtzebuerger Nationalbewegung. Anders als das exzentrischere französische Vorbild lehnte Lucien Czuga seine Szenarien eng an die nationale Aktualität an und Roger Leiner bereicherte sie in Haupt- und Nebenrollen um ein ganzes Bestiarium von Politikern, Promis und Freunden.
Roger Leiner wurde 1955 in Wiltz geboren. Er ging in Diekirch zur Schule und entdeckte seine Liebe zum Zeichnen und zu Comics. Es war die Zeit der Adenauerzeit-Comics Fix und Foxi und vor allem der belgischen und französischen „ligne claire“, von Magazinen wie Spirou und Pilote, von Helden wie Astérix, Tintin, Lucky Luke. Sie sollten ihn nicht mehr loslassen, und um das Tor zur Kindheit nicht endgültig zuzustoßen, sammelte Roger Leiner ein Leben lang Blechspielzeug.
In Straßburg studierte Roger Leiner bildende Künste. Doch danach begann der Ernst des Lebens: 1979 wurde er Beamter im Wirtschaftsministerium. So machte er, ähnlich wie Paul Greisch, den Beamten als Archetypus des Luxemburgers aus, die „authentische Fonction publique“ als Seele der Nation. Am Feierabend widmete er sich weiter dem Zeichnen: Seit dem 31. Dezember 1982 zeichnete er Woche für Woche Karikaturen für das Lëtzebuerger Land, in denen er die politische Aktualität auf seine gutmütige, knollennasige Art kommentierte. Daneben schuf er über 30 Jahre lang einen wöchentlichen Comic für die Cactus-Anzeigen auf der Rückseite des Lëtzebuerger Land.
Weil er aber am liebsten zeichnete, wagte der Familienvater 1987 den großen Sprung und machte sich selbstständig. So konnten der Superjhemp und die Déiererubrik jeden Mittwoch in der Revue erscheinen, der Pechert im Anzeigenblatt Weekend sowie ungezählte Illustrationen, Plakate, Postkarten, Gesellschaftsspiele und Trickfilme – darunter auch ein Werbefilm über Jacques Santer für das Lëtzebuerger Land. Mit den Jahren wurde sein Zeichenstil immer sicherer, immer dynamischer.
Im November 2014 erschien das letzte Superjhemp-Album, auch wenn Roger Leiner heimlich ein für alle großen Stars übliches Comeback nicht ausschließden wollte. Nun bleibt es das letzte. Vor einem Monat starb Marcel Gotlib, Roger Leiner überlebte ihn nur um wenige Tage: Am Donnerstag vergangener Woche verstarb er im Alter von 61 Jahren. Am Freitag zuvor waren seine letzten Zeichnungen im Lëtzebuerger Land erschienen, fast auf den Tag genau 34 Jahre nach seinen ersten.