Noch vor dem Sommer, sagt Alphonse Berns, Steuerdirektor im Finanzministerium, soll das IGA, das Intergovernmental agreement, mit den USA stehen. So könnte die Vorlage im Herbst im Parlament eingereicht werden, damit rechtzeitig vor Jahresende über das Fatca-Abkommen abgestimmt werden kann. Der Zeitplan ist eng, denn am 1. Januar 2014 soll Fatca, die US-Gesetzgebung, der Foreign account tax compliance act, in Kraft treten.
Allerdings ist Luxemburg nicht allein in dieser Situation. Von den über 50 Staaten, mit denen die USA verhandeln, haben erst acht ein Abkommen unterzeichnet. Auch mit Frankreich steht eine Unterschrift noch aus. Erst vor vier Wochen gab das Luxemburger Finanzministerium bekannt, sich für das Modell-Abkommen I entschieden zu haben. Das heißt, dass anders als beim Modell II nicht die Banken direkt, sondern die Steuerverwaltung die Finanzdaten von US-Steuerpflichtigen an den amerikanischen Fiskus schicken wird. Im Finanzministerium zögerte man demnach lange, um sich zu entscheiden. Aus unterschiedlichen Gründen. Solange Luxemburg den EU-Partnern den automatischen Austausch von Daten verweigerte, war es ein Abwägen, ob man den USA bessere Bedingungen bieten könnte als den europäischen Ländern, und ob, falls man dies tue, das nicht automatisch dazu führen würde, dass man auch für Europa den automatischen Datenaustausch einführen müsste. Als die Regierung im April ankündigte, die Quellensteuer für EU-Ausländer abzuschaffen, tat sie das auch mit dem Argument, man könne den Amerikanern über Fatca keine größeren Zugeständnisse machen als den Europäern über die Zinsbesteuerungsrichtlinie.
Doch als das Rubik-Abkommen zwischen der Schweiz – die das Fatca-Modell-II gewählt hat – und Deutschland Anfang des Jahres vom deutschen Bundesrat abgelehnt wurde, zeichnete sich ab, dass es immer schwieriger werden würde, an der Quellensteuer festzuhalten. Ohnehin geht der Trend bei Fatca Richtung Modell I, außer der Schweiz und Japan haben sich bisher alle Länder dafür entschieden. Das hat entscheidende Vorteile. Die Auflagen für die Banken sind nach Modell I schon schwierig genug, aber deutlich weniger voluminös als nach Modell II, sagen Experten. Außerdem sind nach Modell II die Banken direkt für die Richtigkeit der gesendeten Daten verantwortlich. Der Gedanke an eine Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Fiskus im Falle von Fehlern habe so manchem compliance officer den Angstschweiß ins Gesicht getrieben, so ein Insider, die Verantwortung hätten sie deshalb gerne an die Steuerverwaltung abgetreten.
Denn Fatca fern zu bleiben, war keine Alternative. Finanzinstitute und -organismen, die ab dem 1. Januar 2014 nicht Fatca-konform sind, drohen beträchtliche Strafmaßnahmen. Sie müssen auf von den USA ausgehenden Ertragseinkommen – beispielsweise den Dividenden auf Aktien von US-Konzernen oder Anleihezinsen – happige 30 Prozent abführen. Wer bei Facta nicht mitmacht, wird dadurch faktisch vom Zugang zu den amerikanischen Finanzmärkten ausgeschlossen. Für das Finanzzentrum Luxemburg war das keine Option.
Konkrete Daten darüber, wie viele US-Steuerpflichtige es in Luxemburg gibt, hat Berns nicht. Weil aber die Amerikaner traditionell eher die Schweiz als Bankenstandort ausgewählt hätten, geht er davon aus, dass die Zahl überschaubar ist. Was den Aufwand, der bei Banken und Steuerverwaltung betrieben werden muss, um Fatca in die Tat umzusetzen, nur bedingt mindert. „Das wird das größte Informatik-Projekt, das es in den kommenden 30 Monaten in Luxemburg geben wird“, unterstreicht Alphonse Berns. Im Finanzministerium plant man, demnächst eine Arbeitsgruppe zwischen privaten und staatlichen Akteuren einzusetzen, um das Mammutprojekt anzugehen. Dass die Arbeitsgruppe noch nicht arbeitet, hat mehrere Gründe. Erstens steht das IGA noch nicht, weshalb nicht abschließend geklärt ist, welche Informationen versandt werden müssen. Zweitens gibt es die Initiative zum europäischen Fatca, „mittlerweile von 17 Staaten getragen“, hebt Berns hervor. Doch das europäische Fatca, primär ein IT-Projekt, ist bisher wenig konkret – weswegen Luxemburg nicht mitmacht (siehe auch Seite 23). Würden die Europäer in absehbarer Zeit ein IT-System liefern, das sowohl die europäischen als auch die amerikanischen Forderungen abdeckt, würde Luxemburg das natürlich gerne übernehmen. Denn auch für den geplanten Austausch der Steuerdaten von EU-Ausländern müsste informatisch nachgerüstet werden, sagt Berns. Drittens gibt es noch die Initiative der OECD, ein System aufzubauen, das die USA vorantreiben und das sich deswegen an den Fatca-Anforderungen orientiert. Die gehen weit über die europäischen hinaus. Im Rahmen von Fatca wird nicht nur über versteuerbare Einkommen informiert, sondern auch über den Kontostand.
„Eigentlich“, erklärt Berns, „haben alle ein Interesse daran, dass es einen globalen Standard gibt.“ Denn aus der Flut von Daten, die über die Steuerverwaltungen hereinbricht, jene herauszufiltern, die zu Mehreinnahmen führen, ist eine Mammutaufgabe. Dass der Austausch aus diesem Blickwinkel effizienter ist als die Quellensteuer, hatte auch die EU-Kommission in ihrem Zwischenbericht zur Zinsbesteuerungsrichtlinie 2008 nicht behaupten können, ohne dabei rot zu werden. Aber auf dem Höhepunkt der Indianer-Kavallerie-Debatte war das nicht so wichtig gewesen. ABBL-Präsident Ernst-Willhelm Contzen hatte das Problem bei der Vorstellung des Jahresberichts 2012 der Bankenvereinigung kürzlich in etwa so resümiert: „Wollen Sie Geld oder Daten?“
Drei bis vier Punkte, sagt Berns, blieben in den IGA-Verhandlungen noch offen. Dabei gehe es vor allem darum, zu erklären, wie Luxemburg funktioniert. Die IGAs bestehen aus drei Teilen: Dem allgemeinen ersten Teil, dem ersten Anhang, der die US-Definitionen beinhaltet, und dem zweiten Anhang, in dem länderspezifische Details geklärt werden. Zum Beispiel, dass Zentralbank und Caisse des consignations zwar Finanzorganismen, aber von Fatca ausgenommen sind. Hier wird auch definiert, wie viele US-Kunden eine Bank im Verhältnis zur gesamten Kundenpopulation maximal haben kann, um von der Fatca-Berichterstattung ausgenommen zu werden. Mit Deutschland haben die USA beispielsweise abgemacht, dass Banken, deren Kundschaft zu 98 Prozent lokalen Ursprungs ist, nicht berichten müssen. Die vereinzelten Amerikaner im Kundenstamm würden dann auch weiterhin anonym bleiben können, falls sie das wollen. Ob eine Luxemburger Bank diese Bedingungen erfüllt und sich dafür entscheidet, keine Fatca-Berichterstattung zu machen, bleibt abzuwarten. „Aber“, unterstreicht Berns, „sie wäre über das IGA dennoch Fatca-konform und könnte Geschäfte in den USA machen.“
Nicht ganz unumstritten ist bislang, wie viele Informationen die USA ihrerseits den Fatca-Partnern zur Verfügung stellen. So verlangen sie beispielsweise von den Banken in den Partner-Ländern, die Nutznießer hinter Firmenstrukturen zu identifizieren, um diese besteuern zu können, sind aber ihrerseits nicht ganz so proaktiv, wenn es um europäische Kunden hinter US-Strukuren geht. Was unter anderem in Deutschland und Frankreich für Unmut gesorgt hatte. „Wir werden auf jeden Fall die gleichen Bedingungen erhalten, wie die anderen EU-Länder“, sagt Berns. Anfang Juli könnte er zu einer dritten, und wie er hofft, abschließenden Verhandlungsrunde nach Washington fahren. (Foto: Salon der US-Botschaft in Luxemburg, Patrick Galbats)