Das Lëtzebuerger Land ist in mehreren Hinsichten einzigartig. Durch die Treue seiner Leser: Die Kollegin, welche die Abonnements verwaltet, telefoniert und mailt täglich mit ihnen: „Abbestellungen sind sehr selten. Wenn einer sein Abonnement kündigt, ist es meist, weil er seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt. Oder aus gesundheitlichen Gründen.“
Durch seine Unabhängigkeit: Der Verlag Letzeburger Land gehört weder einer Mediengruppe, noch einer Partei, sondern zu 100 Prozent einer gemeinnützigen Stiftung. So dass die Zeitung keinen Gewinn ausschütten muss und die Redak[-]tion die redak[-]tio[-]nelle Linie selbst bestimmen kann.
Die Unabhängigkeit und der Professionalismus seiner Redakteurinnen und Redakteure sind es, die seit bald 60 Jahren das Gütesiegel dieser Zeitung ausmachen. Ein sicheres Indiz ist, dass Politiker, Gewerkschaften und Unternehmerverbände unisono die kritische Sichtweise des Land loben – so lange es sich mit ihrer Konkurrenz beschäftigt.
Schließlich ist das Land auch dadurch einzigartig, dass es in den vergangenen Jahren als einzige unter den einheimischen Tages- und Wochenzeitungen von der unaufhaltsamen Erosion seiner verkauften Auflage verschont blieb.
Aber in Zeiten großer Umbrüche auf dem Pressemarkt reicht das nicht aus. Das Land hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, seinen Lesern eine interessantere, abwechslungsrei[-]che[-]re Zeitung zu bieten, neue Leser zu gewinnen und seine redaktionelle Selbstständigkeit für die kommenden Jahre wirtschaftlich abzusichern – es finanziert sich in der Regel fast zur Hälfte aus gewerblichen und öffentlichen Anzeigen sowie zu einem Fünftel aus dem Verkauf. Die staatliche Pressehilfe macht ein Viertel der Einnahmen aus.
Deshalb beschloss die Redaktion im Spätherbst vergangenen Jahrs, das Land neu zu erfinden, um seine alten Qualitäten erhalten zu können und neue hinzuzugewinnen. Obwohl das Land seit Jahren im Internet, auf Facebook und Twitter präsent ist, war man sich schnell einig, auch in Zeiten von Internet, I-Pad und Smartphones dem Papier treu zu bleiben. Denn ein ausschließlich digitales Lëtzebuerger Land ermöglicht derzeit kein Geschäftsmodell, mit dem eine hauptberufliche Redak[-]tion finanziert werden kann.
Zudem schätzen die Leser das Land gerade wegen seiner ausführlichen Berichte und Analysen – doch längere Beiträge lesen sich noch immer angenehmer in einer elegant gestalteten Zeitung als auf einem engen Bildschirm. Statt sich dafür zu schämen, noch eine Zeitung zu sein, statt seine Beiträge auf Kurzmitteilungen einzukochen und sein Seitenformat auf Bildschirmformat schrumpfen zu lassen, bleibt das Land stolz darauf, eine Zeitung zu sein, und will zeigen, wozu dieses Medium alles fähig ist.
Deshalb soll die Einzigartigkeit des Lëtzebuerger Land auf dem Luxemburger Pressemarkt unterstrichen werden, und zwar so, dass sie dem Kunden schon beim ersten Blick im Zeitungskiosk ins Auge sticht. Wie das geschehen soll, darüber gingen die Meinungen in der Redaktion auseinander. Während Wochen diskutierte sie über Formate, Fotos und Farben, darüber, wie innovationsfreudig die Leser sein mögen. Wie die Seriosität der Beiträge und die Eleganz des Erscheinungsbilds um jeden Preis gewahrt werden sollen und die Leser doch jeden Freitag mit einer neuen Zeitung überrascht werden sollen.
Im November gab sich die Redak[-]tion einen Zeitplan, nach dem das Land Schritt für Schritt überarbeitet werden sollte. Gleichzeitig bereitete sie einen Geschäftsplan vor, der betont konservativ ausfallen sollte, um die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Zeitung nicht zu gefährden: Auf keinen Fall sollte versucht werden, in Zeiten unsicherer Werbeeinnahmen reale neue Kosten durch hypothetische neue Einnahmen zu decken. Nur ein kleiner Teil der Rücklagen der Gesellschaft sollte angezapft werden, und auch dies ausschließlich, um Investitionen zu finanzieren. Schulden sollte der derzeit schuldenfreie Verlag keine aufnehmen.
Ende November entschied sich die Redaktion für eine Grafikagentur, um mit ihr zusammen den visuellen Teil des neuen Land zu entwickeln. Sie sollte ihren Sinn für elegante Typographie und ihre Abneigung gegen marktschreierische Gestaltung teilen.
Unterdessen diskutierte die Redak[-]tion über die Themenschwerpunkte, die Seitenfolge, neue Rubriken, über abwechslungsreiche und lebendige Journalismus-Formen, weniger „institutionelle“ Texte. Immer im Zusammenhang mit Fragen, die sich weltweit allen Redaktionen über die Zukunft und Verdichtung der Zeitungen in Zeiten der kostenlosen Informatio[-]nen und deren immer wertvolleren Deutungen stellen.
Anfang Februar kamen die Grafiker in die Redaktionskonferenz und hefteten nach einigen Erklärungen ihre ersten Vorschläge an die Bürowand. Die Redaktion hielt sie für sehr beeindruckend. Anhand dieser Auswahl entschied sie, in welche Richtung die Entwürfe weiterentwickelt werden sollten. Ende Februar stellte die Redaktion den Vorschlag dem Verwaltungsrat der Verlagsgesellschaft vor.
Unterdessen wurde die Modernisierung der technischen Ausrüstung der Redaktion in Auftrag gegeben. Nicht um mit einem „Redaktionssystem“ die Journalisten dazu zu bringen, sechs Medien gleichzeitig zu bedienen, sondern um ihnen Zeit zum Nachfragen und Nachdenken einzuräumen.
In den nächsten Wochen sollen erste Nullnummern gedruckt werden, um den Arbeitsablauf und die Druckqualität zu erproben. Nach der Verbesserung des Produktionsprozesses, der inhaltlichen und gestalterischen Details soll dann eine letzte Nullnummer hergestellt werden, unmittelbar bevor die Leser ihre erneuerte Zeitung erhalten. Bis dahin will das Land seine Leser, Autoren und Anzeigenkunden regelmäßig auf dem Laufenden halten. Stay tuned!