vergangene Woche. Der jüngsten repräsentativen Umfrage zufolge, wie die Krebsstiftung gemeinsam mit TNS Ilres jedes Jahr eine macht, habe es im Jahr 2019 „sechs Prozent mehr Raucher“ gegeben als 2018. In Wirklichkeit waren es viel mehr: Wenn, wie die Fondation Cancer schreibt, 2018 der Raucheranteil an der Bevölkerung 21 Prozent betrug und 2019 auf 27 Prozent zunahm, dann sind das sechs Prozentpunkte mehr – oder ein Raucher-Zuwachs um 28 Prozent innerhalb eines Jahres.
Der kleine Lapsus in Prozentrechnung ist schade für die Öffentlichkeitsarbeit der Fondation Cancer. Denn in dem Forderungskatalog im Anhang ihrer Mitteilung steht an erster Stelle „une augmentation conséquente du prix du tabac“, was sich mit Verweis auf 28 Prozent mehr Raucher natürlich mit mehr Nachdruck fordern ließe. Die Krebsstiftung ist eine der wenigen Stimmen im Land, die nicht nur seit Jahren fordert, Tabakwaren müssten teurer werden, sondern auch darauf hinweist, dass die künstlich niedrig gehaltenen Tabak-Akzisen einem
Lungenkrebs-Export in die Nachbarländer gleichkommen. In dem Zusammenhang steckt in der neuen Raucherstatistik ein interessantes Element: Die Folgen der Niedrig-Akzisenpolitik auf Tabak sind auch in Luxemburg zu spüren. Dass der Preisunterschied gegenüber Frankreich besonders gewaltig ist, wo eine Packung Zigaretten seit März zehn Euro kostet, äußert sich in Luxemburg nur in höheren Staatseinnahmen aus der Akzisen-Nische, in der auch Benzin, Diesel, Alkohol und Kaffee im Endpreis künstlich billiger gehalten werden als in den Nachbarländern. Dass es hierzulande nun mehr Raucher gibt, ist eine neue Information. Und vielleicht versteckt sich dahinter ja sogar eine Regel. Etwa die, dass Versuche, sich an ausländischen Steuerbemessungsgrundlagen zu bedienen, früher oder später zurückschlagen und daheim Schaden anrichten. Wie man das etwa auch von den so flexiblen spezialisierten Investitionsfonds, den FIS, behaupten kann: Ursprünglich sollten sie Vermögen reicher Ausländer in Luxemburger Fonds kanalisieren, was auch funktioniert. Erst Jahre später entdeckten heimische Großgrundbesitzer, dass sich Steuern sparen lassen, wenn man Immobilienvermögen und Mieteinnahmen aus diesem in geeigneter Weise in FIS verteilt.
Ob aus den Raucherzahlen politische Taten für eine höhere Tabakbesteuerung folgen, ähnlich wie eine Reform der FIS politisch konsensfähig geworden ist, weil sie dringend verdächtig sind, die Grundstücksspekulation anzuheizen, bleibt abzuwarten. Immerhin aber befindet Luxemburg sich wie der Rest der Welt nach wie vor in einer Pandemie. Und wie die Erfahrung seit Mitte März gelehrt hat, ist die Politik imstande, der öffentlichen Gesundheit absolute Priorität einzuräumen. Will die Regierung konsequent bleiben, müsste sie umgehend eine drastische Tabaksteuererhöhung veranlassen – was sogar über eine großherzogliche Verordnung möglich wäre, ganz ohne Notstand.
Die Folgen wären natürlich weitreichend. Da die Akzisen-Nische als Warenpaket funktioniert, würde verteuerter Tabak auch das Tanken in Luxemburg weniger attraktiv machen. Der Tanktourismus geriete vermutlich stärker unter Druck als durch die kleinen Spritakzisen-Aufschläge im Staatsbudgetgesetz von 2019. Das CO2-Problem Luxemburgs würde kleiner, dafür aber entstünde ein Einnahmenproblem mitten in der Corona-Krise. Wenn dann starke Schultern mehr zu tragen erhalten sollten als schmale, müsste eine echte Steuerreform vorgenommen werden. Sie könnte in Betracht ziehen, dass die Allgemeinheit auch für noch andere Schäden zahlt, ohne dass diese „Externalitäten“ fiskalisch „internalisiert“ sind. Man braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, dass Luxemburg nach einer solchen Reform kaum wiederzuerkennen wäre.