Der Rechnungshof ist, neben der Finanzinspektion, dem parlamentarischen Haushaltskontrollausschuss, dem Conseil national des finances publiques und selbstverständlich auch dem Staatsrat, fünf Berufskammern und der Zentralbank, ein Teil des bürokratischen Wasserkopfs zur jährlichen Kommentierung der staatlichen Finanzpolitik. In seinem vergangene Woche veröffentlichten Gutachten zum Staatshaushalt von 2017 erinnert der Rechnungshof daran, dass der parlamentarische Haushaltskontrollausschuss vor einem Jahr sieben Forderungen an den Finanzminister gerichtet hatte. So sollte der Minister im Namen der Regierung eine aktualisierte Abrechnung vorlegen, wie viel die 258 Sparmaßnahmen seines Sparpakets von 2014 eingebracht haben. Das muss bei Pierre Gramegna (DP) bestenfalls ein müdes Lächeln provoziert haben. Denn nach dem Fiasko der Europawahlen und des Referendums hatte die Regierung ihren Zukunftspak bekanntlich rasch der Vergessenheit anheimfallen lassen, und der Rechnungshof beklagt, dass die verlangte Aufstellung nie geliefert worden sei.
Der parlamentarische Haushaltskontrollausschuss erinnerte auch daran, dass schon Pierre Gramegnas Vorgänger Luc Frieden (CSV) Ende 2011 eine Reform der Haushaltsprozedur versprochen hatte und Pierre Gramegna selbst am 14. September 2015 detaillierte Kontrollprozeduren und interne Audits in Aussicht gestellt hatte, um einen zuverlässigeren Umgang mit den Staatsgeldern zu gewährleisten. Auch davon kann der Rechnungshof drei Jahre später noch immer nichts erkennen.
Dabei geht im Gutachten des Rechnungshofs schon gar keine Rede mehr von der kopernikanischen Wende, die Pierre Gramegna als Direktor der Handelskammer im September 2008 verlangt und dann als Finanzminister im Januar 2014 angekündigt hatte. Irgendwie sollte unter Ausschluss des Parlaments ein „Haushalt der neuen Generation“ erstellt werden, in dem bis Ende der Legislaturperiode „eine Logik der Mittel durch eine Logik der Resultate“ ersetzt und sich an der französischen Loi organique relative aux lois de finances (Lolf) orientiert werden soll.
Am Ende bekamen Unternehmensberater 384 000 Euro, um Arbeitsgruppen ranghoher Beamter auf der Suche nach Rationalisierungsmöglichkeiten im Staatshaushalt zu animieren, etwa 500 spezifische Haushaltsposten wurden zu generelleren zusammengelegt und eine Werbeagentur bekam 35 040 Euro, um mit Schaubildern den auf einem USB-Speicher verteilten Haushaltsentwurf darzustellen. Der Rechnungshof hatte das seinerzeit als „Kosmetik“ abgetan. So war die Legislaturperiode vor wenigen Monaten zu Ende gegangen, ohne dass die kopernikanische Wende stattgefunden hätte und im neuen Koaltionsabkommen von DP, LSAP und Grünen fehlt jede Spur des großen polnischen Astronomen.
Selbstverständlich ist dieser Umschwung keine Fahrlässigkeit und keine Unterlassungssünde, sondern eine politische Botschaft: Die 2014 von der Regierung versuchte ökonomische Disziplinierung der lohnabhängigen Wählerschaft mittels europäischen Fiskalpakts, Six-pack, Two pack und Luxemburger Panik vor dem Ausfall elektronischer Mehrwertsteuereinnahmen hat hierzulande versagt, wie die knappe aber unerwartete Wiederwahl von DP, LSAP und Grünen zeigt und das traurige Schicksal von CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler, der sich als strenger Sparapostel aufgespielt hatte. Indem sie die kopernikanische Wende abgesagt haben und die Empfehlungen der zahlreichen Haushaltsgutachtern unverfroren in den Wind schlagen, geben die Regierung und die Verwaltung ihnen eindeutig zu verstehen: Es ist genug Geld in der Staatskasse, was wollt ihr noch mehr? Nervt uns nicht weiter mit diesen dämlichen Prozeduren!