Ob die neue Regierung, wenn sie ihr Amt antritt und ihr Koalitionsprogramm veröffentlicht, den Luxemburgern erklärt, es gehe ihnen zu gut? Schaut man sich die Papiere an, die der Conseil supérieur du développement durable (CSDD) für sie produziert hat und die, so CSDD-Präsident Francis Schartz am Mittwoch, schon „beizeiten“ in die Koalitionsverhandlungen gereicht worden seien, müsste sie das. Die Nachhaltigkeit müsse der Leitgedanke jeder Politik sein, findet der CSDD.
Der spektakulärste Wurf des Nachhaltigkeitsrats ist ein Ideenpapier zu einer Rentenreform, die viel weiter reichen würde als die Anfang dieses Jahres in Kraft getretene. Gegenwärtig liegen die Rentenversprechen für den Privatsektor mit Blick auf die nächsten fünf Jahrzehnte bei um die 55 Prozent der beitragsfähigen Bruttolohnmasse, während der Beitragssatz, den Versicherte, Arbeitgeber und Staat sich zu je einem Drittel teilen, 24 Prozent beträgt. Der CSDD plädiert dafür, die Rentenversprechen auf 24 Prozent zu senken, damit das System selbst bei einem Nullwachstum von BIP und Beschäftigung tragfähig wäre, und er schlägt vor, für die Rentenreserve eine Höhe von fünf Jahresausgaben anzustreben und sie auf diesem Niveau zu halten.
Wie man dahin gelangen könnte, hat der CSDD nicht genau erklärt. Praktisch liefe sein Vorschlag aber darauf hinaus, die Renten sehr schnell um an die 56 Prozent zu kürzen. Außerdem liegt die Rentenreserve derzeit erst bei um die vier Jahresausgaben und laut Gesetz würden Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen erst obligatorisch, wenn die Reserve auf unter anderthalb Jahresausgaben zu rutschen droht.
Reichlich verklausuliert lässt der CSDD durchblicken, dass das System der Zukunft für ihn ein Drei-Säulen-Modell aus öffentlicher Rentenversicherung, betrieblicher oder privater Zusatzversicherung und weiterer privater Kapitalvorsorge in Form von Immobilienbesitz darstellt. Denn er erklärt, sich an einem solchen Modell zu beteiligen, so dass ein „dezentes“ Auskommen im Alter ermöglicht wird, könnten sich Niedrigverdienende schwer leisten. Deshalb solle eine „Basisrente“ definiert werden, die beim Erreichen des legalen Renteneintrittsalters und bei Vorliegen „der nötigen Beitragsjahre“ garantiert wäre. Wie sie sich unterscheiden würde von der schon jetzt geltenden Mindestrente, auf die nach 20 Beitragsjahren ein Anrecht entsteht, erklärt der CSDD nicht. Ein Vertreter des Gremiums meinte am Mittwoch aber, die Basisrente müsste „etwas über dem RMG“ liegen. Weil beim aktuellen Indexstand die Mindestrente monatlich 1 703,10 Euro beträgt und das RMG 1 384,18 Euro, könnte die neue Regierung, falls sie die Ideen des Nachhaltigkeitsrats tatsächlich aufgreift, nicht nur Empfängern hoher Renten, sondern auch Mindestrentenbeziehern und nicht zuletzt Frauen mit oft unterbrochener Beitragskarriere erklären müssen, es gehe ihnen zu gut.