Vom 8. bis 11. Oktober treffen sich über 6 000 Regionalpolitiker und -experten aus ganz Europa in Brüssel, um über die Entwicklung der Regionen, ihre Probleme und ihre Erfolge zu diskutieren, ihre Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Die so genannten Open Days sind seit 2003 Jahr für Jahr die größte Veranstaltung, die die Europäische Union in Brüssel durchführt. Federführend sind der Ausschuss für Städte und Regionen und die Generaldirektion Regionalpolitik. Sogar weltweit sind die Open Days das größte Treffen für regionale und städtische Entwicklung. Es werden in vier Tagen circa 100 Arbeitsgruppen angeboten. Über 200 Regionen, Städte, Institutionen und Organisationen haben sich angemeldet.
Zusätzlich zu den Veranstaltungen in Brüssel werden seit September noch eigene Veranstaltungen von den teilnehmenden Regionen in den Mitgliedstaaten durchgeführt. Luxemburg hat sich nicht weiter in Regionen unterteilt und ist als Land insgesamt Partner der Open Days 2012. Im September hat das Großherzogtum deshalb drei Tage lang seine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Gewässern der Öffentlichkeit vorgestellt. Wasseraufbereitung, Flutschutzmaßnahmen und Renaturierungen werden vielfach grenzüberschreitend durchgeführt. Luxinnovation und Luxembourg for Business beteiligen sich unter anderem an der Organisation von Konferenzen in Brüssel zu demografischen Problemen während der Open Days.
Regionalkommissar Johannes Hahn bereitet die neue Kohäsionspolitik schon seit mehr als zwei Jahren vor. Die diesjährigen Open Days sollen mit einer eindrucksvollen Erfolgsbilanz der EU-Regionalpolitik die letzten Pflöcke einschlagen, damit die Regional- und Strukturpolitik beim Sondergipfel des Europäischen Rates zu den Budgetverhandlungen zum mehrjährigenFinanzplan Ende November nicht unter die Räder kommt. Deshalb stehen alle Veranstaltungen unter dem Generalmotto „Europas Regionen und Städte: Wir machen den Unterschied!“. Diskutiert wird über drei Kernbereiche, die genau die Herausforderungen widerspiegeln, denen sich die Regional- und Strukturpolitik, wie übrigens auch die Mitgliedstaaten selbst und die Europäische Union insgesamt, stellen muss. Das ist erstens intelligentes und nachhaltiges Wachstum für alle, zweitens die verstärkte Zusammenarbeit der Regionen untereinander und drittens die Notwendigkeit, dass jede Unterstützung so effizient wie möglich eingesetzt wird. Ergebnisse liefern, heißt das auf neueuropäisch. Einfach eine Straße zu bauen, wie in der Vergangenheit, das genügt in Zukunft nicht mehr. Die Mitgliedstaaten und die Regionen werden in integrierten Ansätzen nachweisen müssen, dass ein solcher Straßenbau in ein genau erarbeitetes Entwicklungskonzept eingebettet ist, dessen Ergebnisse überprüfbar sind. Innerhalb der Europäischen Kommission wird darüber diskutiert, dass nicht mehr allein die Generaldirektion für Regionalpolitik über Projektgenehmigungen entscheiden soll, sondern dass zukünftig auch die Generaldirektionen für Wirtschaft, Finanzen und Beschäftigung ein Wörtchen mitzureden haben.
Je besser die Regionalpolitik aufgestellt ist, desto besser wird sie ihre Interessen verteidigen können. Üblicherweise werden sich die Staats- und Regierungschefs der EU nur in einer Nacht der langen Messer über das nächste Siebenjahresbudget einig. Wolfgang Schüssel, ehemals österreichischer Bundeskanzler, hatte zuvor konstatiert: „Wenn wir die Methode nicht ändern, werden sie sich beim nächsten Mal an die Kehle gehen.“ Die Methode ist die gleiche geblieben, hinzugekommen sind die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise und die weiter gewachsenen Aufgaben der EU. Es steht also noch keinesfalls fest, wie die Strukturpolitik ab 2014 aussehen und wie viel Geld ihr zur Verfügung stehen wird. Es gibt Stimmen, die alle Mitgliedstaaten, die mindestens 90 Prozent des EU-Durchschnitts erwirtschaften, von der Kohä-sionspolitik grundsätzlich ausschließen wollen. Dass dieser Ansatz Unsinn ist, auch das wollen die Open Days 2012 beweisen.
43 Workshops befassen sich mit intelligentem und grünem Wachstum. Forschungs-, Entwicklungs- und Bildungsausgaben sollen gesteigert und die Grundlagen für eine kohlenstoffarme Wirtschaftsweise gelegt werden. Zukünftig sollen in entwickelten Regionen circa 80 Prozent der Regionalfondsgelder in nachhaltige Energieerzeugung oder Energieeffizienz investiert werden, in weniger entwickelten Regionen liegen die Prozentsätze niedriger. 32 Workshops befassen sich mit regionaler Zusammenarbeit. Die Kommission strebt eine eigene gesetzliche Grundlage für regionale Zusammenarbeit schon ab 2014 an, will hier mehr Mittel einsetzen, das Projektmanagement erleichtern und sich thematisch konzentrieren. In 23 Workshops geht es darum, welche Resultate die zukünftige Kohäsionspolitik liefern kann. Völlig neu ist der Ansatz, dass sich ab 2014 praktisch jede Einzelmaßnahme in das allgemeine Entwicklungskonzept der EU für 2020 eingliedern können muss. Alle beteiligten Fonds sollen sich den Gemeinsamen Strategischen Rahmenbedingungen unterwerfen und ein Prozedere durchlaufen, zu dem eine Ex-ante-Evaluierung, ein Monitoring, ein Evaluierungsplan und eine Ex-post-Evaluierung gehören.
In Brüssel sind sich alle einig, dass die EU ihr 2020-Ziel, intelligentes und nachhaltiges Wachstum für alle, nur mit den Regionen erreichen kann. Um ihr Ziel schneller zu erreichen, hat die Kommission Vorschläge für eine neue Kohäsionspolitik vorgelegt. In ihrer Strategie spielen lokale und regionale Aktionsgruppen eine immer wichtigere Rolle. Das neue Glaubensbekenntnis der Kommission lautet: Nur wenn sich die Menschen vor Ort engagieren und ihre Interessen einbringen, überregional zusammenarbeiten und strategisch in eine Richtung ziehen, werden die Europäer ihre Zukunft meistern können. Die Open Days 2012 zeigen, dass sie dazu willens und in der Lage sind.
Sophie Mosca
Catégories: Innovation, L'Union
Édition: 05.10.2012