Luxembourg for finance stellt sich neu auf. Die großen Neuerungen unter CEO Nicoals Mackel liegen in den kleinen Details

Finetuning

d'Lëtzebuerger Land du 25.10.2013
„Ich bin ein Staatsbeamter der alten Schule“, schickt Nicolas Mackel, seit dem Sommer CEO von Luxembourg for finance (LFF), im Gespräch voraus. Er meint damit, dass ersich als Staatsdiener versteht, der politisch neutral ist. Das dürfte ihm künftig zugute kommen, wenn aus der Dreier-Koalition zwischen DP, LSAP und déi Gréng Realität wird und ein neuer Dienstherr im Finanzministerium einzieht. Denn die Werbeagentur für die Finanzbranche ist unter der Ära Luc Frieden entstanden. Die Idee, dass der Staat dort die Zügel in die Hand nehmen soll, war seine. Deswegen hat Mackel Fernand Grulms auf dem CEO-Posten abgelöst. Es sei ausdrücklich der Wunsch der Branche gewesen, dass der Staat sowohl in punkto Finanzierung, als auch bei der Strategie aktiver werde, hatte Luc Friedens Beraterin Sarah Khabirpour Anfang des Jahres erklärt. Was ändert sich also unter der Führung von Nicolas Mackel? „An der Strategie hat sich fundamental nichts geändert“, sagt er. „Die großen Ziele bleiben dieselben. Erstens: Luxemburg im Ausland als professionelles und seriöses Finanzzentrum bekannt zu machen. Zweitens: Investoren anlocken.“ Bleibt also alles beim Alten? Eher nicht. Doch die Veränderungen, erklärt Mackel, seien eher auf der Ebene der gouvernance zu suchen. Und in der Vorgehensweise, mit der die altbekannten Ziele verfolgt werden, der Umsetzung. Das zeigt sich zu allererst am Personalbestand. Von 13 Mitarbeitern sind acht neu eingestellt worden. Dass die Mannschaft quasi integral ausgewechselt wurde, hat in erster Linie mit dem Ursprungskonzept von LFF zu tun. In dem PPP, hatten die Teilhaber Staat und Profil – der Dachverband der Vereinigungen der Finanzbranche – ausgemacht, werde Ersterer Bargeld einbringen, Letzterer dagegen das Personal stellen. Die Mitarbeiter waren eine „Sacheinlage“ seitens der ABBL, der Alfi und der Handelskammer. Weil der Staat künftig den größten Teil des Budgets von LFF stemmt – dieses Jahr sind es 3,5 Millionen Euro – sind sie zu ihren tatsächlichen Arbeitgebern zurückgekehrt. Ob man daraus schließen kann, dass sie für die neue Aufgabenstellung innerhalb von LFF nicht die Richtigen waren? „Ich war nicht da!“ Der Diplomat Mackel – sein letzter Posten im Luxemburger Außendienst war der des Generalkonsuls in Shanghai – weigert sich strikt, irgendwelche Aussagen über die Zeit vor ihm zu machen. Doch dass ihm der Abschied der Verbandsmitarbeiter erlaubt hat, nun gezielt Kompetenzen zu rekrutieren, liegt auf der Hand. Gestärkt hat die Mannschaft der Späher und Auskundschafter. „Market intelligence“, heißt es im Jargon. Drei Mitarbeiter sind fortan damit beauftragt, Potenzial, Möglichkeiten und Vorgehensweisen auf den verschiedenen Märkten, zu denen der Luxemburger Finanzplatz Zugang sucht – oder eben nicht –, auszuloten. Getreu der Doktrin des ehemaligen Wirtschaftsministers Jeannot Krecké, dass Luxemburgs Botschafter nicht nur diplomatisch repräsentieren, sondern auch als Handelsvertreter der Luxemburger Wirtschaftsinteressen fungieren sollen, greift Mackel dabei auch auf sein altes Netzwerk zurück. Mit den zuständigen Botschaftern und Branchenvertretern hat er kürzlich ein Brainstorming über Möglichkeiten, Risiken und Hürden für einen verstärkten Markteintritt in Russland, Indien, Indonesien und der Türkei abgehalten. Dass es je eine Promotionsmission nach Russland gegeben haben soll, daran kann sich niemand erinnern. Dabei gilt den Privatbankiers der russische Unternehmer, mit internationalem Firmennetzwerk, interna­tional verstreutem Immobilienbesitz und Familie immer als Paradebeispiel des Superreichen, dessen Vermögensverhältnisse sie auch ganz ohne Bankgeheimnis ordnen wollen. An den Erkenntnissen der „Market-Intelligence“-Abteilung sollen künftig auch die Promotionsreisen ausgerichtet werden. Wohin sie führen, welche Zielkundschaft dort angesprochen werden soll? Ob man wie in der Vergangenheit jeweilssowohl die Fondsbranche, wie auch die Vermögensverwaltung bewerben soll, oder vielleicht eher entweder oder? Ob ein B-to-B-Networking Ereignis ausreicht? All diese Fragen sollen die Marktkundschafter im Voraus klären. Denn auch wenn es in der Vergangenheit von manchen Seiten viel Kritik an den Promo­tionsreisen gab; Mackel besteht darauf: „Um die zu organisieren, wurde LFF überhaupt erst gegründet. und als Networking-Möglichkeit sind sie bei den Verbandsmitgliedern unverändert beliebt.“ Die zweite große Priorität ist für Mackel die Kommunikation. Auch dafür hat er neues Personal rekrutiert, eine ehemalige BBC-Journalistin und eine ehemalige Mitarbeiterin der Arcelor-Mittal-Kommunikationsabteilung. Dabei geht es nicht nur um die Bespielung der sozialen Netzwerke oder den Unterhalt der eigenen Webseite im Alltag. Sondern darum, „Luxemburg in der internationalen Presse auf relativ hohem Niveau zu positionieren“, wie Mackel erklärt. „Wir wollen ein Netzwerk mit ausländischen Journalisten aufbauen, für sie zu einer Quelle werden.“ Das ist durchaus ein neuer Ansatz. Zwar verstand sich auch Mackels Vorgänger Fernand Grulms vor allem als Ansprechpartner für internationale Medien denn für die lokale Presse. Doch dass es nicht ausreicht, wenn Branchenexperten wissen, was sie an Luxemburg haben, sondern auch die Weltöffentlichkeit überzeugt werden muss, dass Luxemburg kein Paradies für Steuerhinterzieher und Geldwäscher ist, ist die relativ neue Erkenntnis, die aus den bitteren Erfahrungen der vergangenen drei Jahre fußt. Seither tobt die Debatte um Steuerflucht und -paradiese in den Breitenmedien. Der Druck, der sich dort aufgebaut hat, hatte auf politischer Entscheidungsebene viel mehr Wirkung als die Entscheidungsträger in Luxemburg erwartet hatten – man erinnere sich an die „graue“ OECD-Liste der Steuerparadiese. Und beeinflusst auch die Entscheidungen der Investoren, wie Mackel erklärt. Die, sagt er, würden nicht nach Luxemburg kommen, wenn daraus für sie ein „Reputationsrisiko“ entstehe. „Wer will schon ein Konto aufmachen oder eine Firma gründen, wenn er sich deshalb in Nachhinein Fragen stellen lassen muss?“, so Mackel. „Deshalb müssen wir die breite Öffentlichkeit von dem überzeugen, was branchenintern bereits gewusst ist, nämlich dass wir die gleichen Spielregeln einhalten wie alle anderen auch.“ Drittes Standbein von LFF ist die Organisation von eigenen Veranstaltungen. Entweder im Rahmen der Promotionsreisen, aber auch zuhause in Luxemburg. Auch hier bahnen sich Veränderungen an, wie das Beispiel der großen Remnimbi-Konferenz Anfang 2014 zeigt, die LFF derzeit plant. Der chinesische Remnimbi ist derzeit ein heißes Thema. LFF hat erst kürzlich eine spezielle Webseite über den Remnimbi-Standort Luxemburg live geschaltet. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Vergangene Woche, anlässlich einer Reise des britischen Schatzkanzlers George Osbourne nach China, rührte dieser die Werbetrommel für den Remnimbi-Standort London. Die LFF-Remnimbi Konferenz gibt Finanzstandort Luxemburg laut Mackel die Möglichkeit, „auf der Basis eines sehr präzisen Themas die ganze Bandbreite seiner Aktivitäten vorszustellen“. Da wäre außer der Fondsbranche beispielsweise die Luxemburger Börse, an der in chinesischer Währung notierte Anleihen gehandelt werden. Was auch in China aktive europäische Großkonzerne interessieren könnte, wie Mackel feststellt. Eine solche Veranstaltung zu einem bestimmten Thema; das ist genau das Gegenteil dessen was LFF bisher gemacht hat. Steckenpferd war bisher das Luxembourg financial forum. Jene Riesensause, anlässlich der bei angenehmen Frühlingstemperaturen und mit Champagnerglas in der einer und Canapés in der anderen Hand ein Rundumschlag aller aktuellen Themen diskutiert wurde, also ein wenig von allem, aber nichts im Detail. Daneben will LFF künftig auch im Ausland thematisch gezielter vorgehen. Mackel nennt als Beispiel große Immobilienmessen. In München hat LFF kürzlich anlässlich der Expo Real ein Seminar über die Strukturierungsmöglichkeiten organisiert, die Luxemburg Immobilieninvestoren bietet. Zudem ist geplant, das eigene Personal, wie auch die Fachleute aus der Branche verstärkt bei Konferenzen im Ausland als Experten in Podiumsdiskussionen zu platzieren. Wer eine solche Diskussion sponsere, dürfe auch die Redner aussuchen, erklärt Mackel. Doch nicht immer muss es etwas kosten. Beim Istanbul finance summit, diskutierte Nicolas Mackel auf Einladung unter anderem mit dem Berater von Premierminister Recep Tayyip Erdoğan über die Zukunft internationaler Finanzzentren, rührte dabei die Werbetrommel für Luxemburg. Im Dezember sitzt er bei der Euromoney Konferenz in Katar auf dem Podium.
Michèle Sinner
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