Es ist die Geschichte zweier Menschen, Pisthetairos und Euelpides, die, von der Athener Regierung enttäuscht, auszogen, um eine perfekte Demokratie zu gründen. Nach langem Suchen gelangen sie ins Reich der Vögel und schlagen dem König der Vögel, Wiedehopf, der den Menschen anfangs misstraut, die Gründung dieses modernen Staates ohne Machtstrukturen, ohne Geld, ohne Pässe und ohne Mauern vor. Doch, wie kann es anders sein, die Utopie scheitert, schnell geht die Rede von Geld, eine Mauer wird errichtet, Botschafter, Architekten, sogar Richter mischen sich ein und wollen die Freiheit der Bewohner dieses anarchistischen Wolkenkuckucksheims einschränken. Die Literaturgeschichte wimmelt nur so von Allegorien über das Scheitern der gesellschaftlichen Utopien. Doch Die Vögel, die Komödie des Aristophanes, fast 2 500 alt, ist wohl eine der ältesten.
Stefan Maurer (Mein Essen mit André, Exit, Der goldene Drache) inszeniert das Stück im Kasemattentheater und man fragt sich natürlich warum. Doch nach dem Abend wird klar, dass es auch ein Kommentar über das Scheitern der Utopie der Gambia-Regierung in Luxemburg sein könnte. Das Kasemattentheater, einigen Vordenkern der jungen Garde der LSAP sehr nahe, bezieht konkret politische Stellung, führt uns vor, dass auch ihre Versprechen eines besseren Lebens sehr schnell gebrochen wurden (auch wenn kein Bettel, Schneider, Braz namentlich genannt wird).
Das könnte ja alles noch ziemlich lustig sein, zumindest unterhaltsam. Aber Stefan Maurer macht ein bisschen zuviel des Guten, will das Stück auf Teufel komm raus in unsere Zeit zerren. Also haben Pisthetairos und Euelpides GPS und Rollkoffer bei der Reise, geht die Rede von Assad, Snowden, iCloud oder Houellebecq, ohne dass das irgendeinen Sinn ergäbe. Zudem führt er uns die Armut des Kasemattentheaters sehr eindringlich vor, nicht nur, dass es kein Bühnenbild gibt (außer eines Mülleimers und ein paar dieser gräßlichen Plastiksessel), auch schießen die Schauspieler mit allem möglichen Zeugs um sich, Klopapierrollen und Plastiktüten (nachdem bei Tom Dockals Fatzbeidelen schon Grillwürste ins Publikum geschmissen wurden, trash scheint in zu sein). Doch der shabby chic rutscht Stefan Maurer weg, irgendwann ist es nur noch peinlich. wie sich die Schauspieler da abmühen müssen, allerhöchstens Schultheater.
Dabei sind die Schauspieler gut. Catherine Janke, Nora Koenig und Germain Wagner müssen zu dritt 18 Rollen plus den Chor spielen. Zur Verfügung für die zahlreichen Rollenwechsel haben sie bloß ein paar Accessoires und zwei Sprachen – der Chor singt immer auf Luxemburgisch („No alle Säiten hannerfotzeg / ass de Mënsch geschaf“), die Besucher in Wolkenkuckucksheim reden Deutsch. Besonders Catherine Janke (Blackbird, Der goldene Drache) ist wieder einmal großartig präzise und gehalten, zwischen Angst und Wut, Kraft und Begeisterungsfähigkeit.