Das Journal historique et littéraire war die einzige Zeitschrift, die 1783 in Luxemburg erschien, ein von dem Jesuiten François Xavier de Feller verfasstes Kampfblatt gegen das Jahrhundert der Aufklärung und würdiger Vorfahre des Luxemburger Wort zu dessen finstersten Zeiten. Doch weil die Herausgeber, die Erben von André Chevalier, nun einmal auch Geschäftsleute waren, druckten sie auf dem Rücken der Titelseite Eigenwerbung für Bücher ab, die nicht immer den strengen Moralvorstellungen der Zeitschrift entsprachen.
So befindet sich am 1. Mai 1783 in der „Suite des Livres nouveaux [&] d’assortiment qui sont à vendre à Luxembourg chez l’imprimeur de ce journal, à très-juste prix“ auch unscheinbar ein „Eloge du beau Sexe, par Mr. ***, 12°. 1776.“ Wenigen Lesern dürfte aufgefallen sein, dass bei fast allen anderen Titeln der Bücherliste der Druckort angegeben wurde, aber bei diesem fehlte. Dabei wäre die Ortsangabe schon erwähnenswert gewesen. Schließlich handelte es sich um Luxemburg. Denn 1766 – und nicht 1776, wie in der Anzeige steht – war das ELOGE DU BEAU SEXE. Par MR.*** mit dem Impressum „Se vend A LUXEMBOURG, M.DCC.LXVI.“ erschienen.
Dieses Lob des schönen Geschlechts beginnt mit einer Versepistel an Casimir, die 14-jährige Mademoiselle de Béthisy, deren Porträt der Dichter zu malen versucht – vielleicht nach dem Vorbild des bekannten Gemäldes der jugendlichen Marie Françoise de Paule de Béthisy von Alexis Simon Belle. Schwärmerisch werden dann die angeblich weiblichen Tugenden, wie Zartheit, Geist und Bescheidenheit, aufgezählt sowie nachsichtig die Laster, wie Launenhaftigkeit und Schwäche: „Commençons à devenir plus justes, [&] le Beau Sexe reparoîtra avec tous ses avantages. Le caprice, dont on l’accuse, n’est que le triste effet d’un sort qu’il n’a pas mérité.“ (S. 38). Doch eine gereimte Kritik antwortet dem angeblich geistlichen Autor: „Du Sexe, cher Abbé, la beauté passagère / A, plus que ses vertus, le bonheur de vous plaire“ (S. 24). Ein zweiter, weniger verständnisvoller Teil mit neuer Seitenzählung, „L’ami des femmes“, wirft – ohne Zusammenhang mit de Villemerts gleichnamigem, frühfeministischem Werk – den Galliern vor, dem Charme der Frauen zu erliegen und sie sozial anzuerkennen, während bei den offenbar für vernünftiger gehaltenen Völkern die Frauen wegen ihrer Gefühlsschwankungen zeitlebens bevormundet würden.
Wer der angebliche Abbé war, der das schöne Geschlecht zu loben versuchte, bleibt unbekannt. Barbier nennt einen „Éloge du beau sexe. Publié par M. C***. Paris, Dubois, 1773, in-8° Par COULON, d’après une note mss. de Jamet.“ DochMr. *** ist nicht M. C***, die Luxemburger Prosaschrift mit zwei kurzen Gedichten und fingierten Briefen hat nichts mit der sieben Jahre jüngeren Pariser Schrift, einem einzigen, längeren Gedicht, zu tun. Wobei die 45 Seiten kurze Luxemburger Schrift äußerst selten ist. Nachweisbar sind ein Exemplar in der British Library aus ihrem unter Verschluss gehaltenen „Private Case“, das im Registrum Librorum Eroticorum (London, 1936) zitiert wird, und eins in einer Luxemburger Privatsammlung.
Ob das Éloge du beau sexe tatsächlich in Luxemburg erschienen ist, lässt sich nicht eindeutig ergründen. Die Angabe auf dem Titelblatt „se vend à Luxembourg“ bedeutete in der Regel, dass das Buch im Ausland gedruckt wurde – wobei dann allerdings der Drucker angegeben wurde – und ein Teil der Auflage hierzulande, oft mit einem ergänzten Titelblatt, vertrieben wurde. In diesem Fall kann sie aufgrund des für frivol gehaltenen Inhalts der Schrift auch bewusst irreführend sein oder es handelte sich um einen Privatdruck. Schließlich verschwieg die Druckerei Chevalier auch 13 Jahre nach dem Erscheinen die Ortsangabe in ihrer Anzeige. Eine Zierleiste auf Seite III taucht auf Seite Seite 1 des 1769 bei den Erben Chevalier gedruckten Cajus Igula auf. Andererseits zirkulierten die Druckstöcke für solche Fleurone oft weit und in großer Zahl und weicht die Gestaltung des Titelblatts von Luxemburger Drucken dieser Zeit ab.