Dass es in einem Land von der Größe eines Badetuchs im Vergleich zu den Nachbarregionen noch so viele Zeitungen gibt, ist darauf zurückzuführen, dass diese zwei verschiedenen Rentabilitätsansprüchen gehorchen sollen. Sie sollen wirtschaftlich oder politisch rentabel sein, am besten beides zugleich. Seit 1976 wird die wirtschaftliche Rentabilität bezuschusst, um den im Parlament vertretenen Parteien die politische Rentabilität zu gewährleisten. Das heißt „Pressehilfe“.
Man nehme nur das Luxemburger Wort: Es schöpft den Großteil des gedruckten Anzeigenaufkommens ab und führt ihn dem Bistum als Dividenden zu. Gleichzeitig pflügt es seit 172 Jahren als Panzerkreuzer des politischen Katholizismus durch Kulturkampf, CSV-Staat, Säkularisierung, heiße und kalte Kriege.
Doch die Rechnung geht nicht mehr auf. Vor 25 Jahren begannen die Leser und die Werbung abzuwandern, anfangs langsam, dann immer schneller. Der Sankt-Paulus-Verlag verlor zuerst Millionen und die CSV danach die Wahlen. Flugs privatisierte die liberale Regierung das Bistum. Die rasch wechselnden Direktoren reagierten mit Fehlinvestitionen, Sozialplänen und Anbiederungsversuchen bei CSV-fernen Lesern.
Einsparungen sind noch kein Geschäftsmodell, ebenso wenig wie der Zauberspruch „Irgendetwas-mit-Internet“. Aber wenigstens wurden die Kosten gesenkt, um einen Käufer zu interessieren.
Bischof Adames hatte jahrelang intrigiert, um das Luxemburger Wort in seinen Privatbesitz zu bringen. Nach dem Religionsunterricht, den Priestergehältern und den Kirchenfabriken stößt Kardinal Hollerich es nun ab. Der große Ausverkäufer vor dem Herrn und seine Ökonomen bezweifeln, dass das Blatt wirtschaftlich rentabel bleiben kann. Deshalb investieren sie das Kapital lieber in Grundstücke und Bürogebäude und entlohnen den Klerus aus den Mieteinkünften.
Dafür muss das Bistum auf die politische Rentabilität verzichten. Sie war eine der wichtigsten Stützen des CSV-Staats und die politische Lebensversicherung des greisen Klerus. Manche Gläubigen halten den Verzicht für einen Kardinalfehler.
Die neue Eigentümerin des Luxemburger Wort, die flämische Gruppe Mediahuis, ist eine aggressiv expandierende Verlagsgruppe. Sie kauft Zeitungen auf, in Zeiten, da die meisten anderen Verlage ihre Titel bloß loszuwerden versuchen. Ein solches Unternehmen will weder die Kirchen füllen, noch der CSV einen Premierminister herbeischreiben. Es rechnet lieber, wie das Blatt mit weniger Journalisten herzustellen und woanders billiger zu drucken ist.
Gerade baten alle Verleger einmütig die Regierung, die rückläufigen Anzeigeneinnahmen aus dem Corona-Topf zu kompensieren. Nun befürchten die Konkurrenzblätter, dass der neue Eigentümer des Luxemburger Wort die Branche aufmischen kommt. Aber sie verhalten sich verständnisvoll diskret. Sie haben also die Hoffnung noch nicht aufgegeben, auch einmal einen Käufer zu finden.