Renten

Konsens-Baukasten

d'Lëtzebuerger Land du 04.04.2025

Eichhörnchen sind emsige Tiere. Sie sammeln Vorräte, um gut über den Winter zu kommen. Die Fondation Idea benutzt gern Gleichnisse. Deshalb hat der think tank der Handelskammer einen Rentenreformansatz, den er am gestrigen Donnerstag vorstellte, mit Écureuil betitelt. Es ist einer von vier. Mit ihm würde sofort ordentlich zu sparen begonnen. Zwischen 2027 und 2030 würden die Leistungen gegenüber heute um zehn Prozent gekürzt. Bis 2052 ginge das weiter, um 25 Prozent zu erreichen. Im Schnitt: Kleine Renten (2 500 Euro heute), die dann neu zuerkannt werden, wären um acht Prozent kleiner, eine Rente von heute 4 000 Euro um 18 Prozent kleiner, eine von 9 000 Euro um ein Drittel.

Sinngemäß hat das schon voriges Jahr die UEL in ihrem Beitrag zum Rentenbericht des Wirtschafts- und Sozialrats vorgeschlagen: In der Formel zur Berechnung der Renten würden die eingezahlten Beiträge viel weniger stark gewichtet. Viel stärker dagegen die Zahl der Jahre, in denen Beiträge geleistet wurden, was vor allem die kleinen Renten stützt. So hielt es 2012 auch die damalige CSV-LSAP-Regierung mit ihrer Reform. UEL und nun Idea würden wesentlich weiter gehen.

Das 100 Seiten lange Dokument von Idea ist eine Art Erwiderung auf die 130 Seiten, die im Oktober die Arbeitnehmerkammer vorgestellt hatte. Während diese die Leistungen erhalten will und Finanzierungsmöglichkeiten aufzählt, wäre für Idea nicht zu kürzen „nicht nachhaltig“, und schlecht für den Standort wäre, wenn nur der Beitragssatz erhöht oder neue Steuern eingeführt würden.

Trotzdem sind die Szenarien von Idea nicht bloß eine Wiederholung bekannter UEL-Positionen. In einem zweiten Szenario Social würde gekürzt wie in Écureuil, aber kleine Renten würden stärker geschützt. Die Mindestrente würde um zehn Prozent erhöht und in die Nähe des „Mindestbudgets für Senioren“ gebracht, das 2023 das Statec aufgestellt hatte. Finanziert würde das, stellt Idea sich vor, unter anderem durch die Abschaffung der Beitragsobergrenze vom fünffachen unqualifizierten Mindestlohn im Privatsektor. Auf die darüber liegenden Bruttoeinkünfte würden Beiträge aber nicht zum Satz von jeweils acht Prozent für Versicherte und Betriebe erhoben, sondern zu jeweils drei Prozent.

Ein dritter Ansatz Âge will steigende Lebenserwartung, „penible“ Arbeit, gleitenden Übergang in den Ruhestand in ein Konzept gießen. Die Änderungen an der Rentenformel wie in Écureuil und Social würde es in Âge nicht geben. Stattdessen würden ab 2027 die Altersgrenzen 57, 60 und 65 mit der statistischen Lebenserwartung im Alter von 60 immer neu „indexiert“. Vorgezogene und legale Rente würden graduell erst später möglich. Für einen längeren Verbleib in der Arbeit gäbe es auch finanzielle Anreize. Damit das nicht zu mehr Rentenausgaben führt, würde ein coefficient de longévité die Leistungen kürzen; befreit davon wäre die halbe Mindestrente. Die Spareffekte, schätzt Idea, könnten bis 2050 und 2070 in Âge sogar leicht höher als im Eichhörnchen-Szenario sein.

Mit Pilotage automatique greift Idea einen Vorschlag auf, den 2011 der damalige Präsident der Rentenkasse Cnap, Robert Kieffer, in einem Forum- Artikel gemacht hatte: Sobald die Ausgaben der Cnap die Einnahmen aus Beiträgen übersteigen, würde automatisch der Beitragssatz erhöht, die Leistungen im selben Maße gekürzt. Wohlgemerkt: auch die bestehenden Renten. Idea bringt dieses Szenario vor, obwohl es eine Beitragserhöhung beinhaltet (wie auch Social eine kleine). Der einzige Parameter wäre ein „Nachhaltigkeitsfaktor“, der sehr plötzlich wirken könnte und dessen exakte Höhe politisch entschieden werden müsste.

Die vier Ansätze sind wie ein Baukasten, mit Komponenten, die variiert werden können. Sie enthalten noch weitere „begleitende“ Vorschläge sowie Überlegungen, auf die Idea keine Antwort weiß. Etwa wie mit einem steigenden Anteil an Renter/innen umzugehen wäre, die zur Miete wohnen. Idea möchte die politische Klasse dort abholen, wo sie mit ihren Fragen steht, um einen Spar-Konsens zu stiften.

Peter Feist
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