Schmeckt das oder kann das weg? Die neue Fernsehkochshow der nationalen Küchenfee Anne Faber ist da, und sie spielt in der Bundesrepublik Deutschland. Die fünf Folgen der ersten Staffel sind seit Mitte Juni in der ARD-Mediathek zu sehen. Es handelt sich um eine Produktion des Saarländischen Rundfunks und ist eine professionell saubere Arbeit, mit der Anne’s Kitchen wohl das deutsche Publikum zu erobern hofft. Das Koch- und Sprachtalent Anne Faber (die bis jetzt eher mit einwandfreiem British English Eindruck geschunden hat) legt eine ganz ansehnliche deutsche Artikulation zu Tage – der leichte Luxi-Akzent wird ihrem geblümten Retro-Charme eher zuträglich sein (er kommt zum Beispiel beim populären Wort „Keeehse“ zum Vorschein). Allerdings begrenzt sich der Wortschatz der Sendung neben Kochvokabeln meist auf Superlative – „mega“, „Hammer“, „super“, „heftig“, oder auch nur das simple, omnipräsente „Oh wow“, das Anne Faber in Abwechslung mit ihrem Co-Moderator, dem Streetstyle-Tänzer Moses Mwanjelwa, ausstößt, während die beiden in jeweils farblich abgestimmten VW Bullis durch bukolische Landschaften herumfahren (die VWs werden übrigens ohne Ausnahme von den rotlackierten Fingernägeln der Anne Faber gelenkt).
Die fünf Folgen tragen sich in Ostfriesland, an der Nordsee, auf der Schwäbischen Alb, am Niederrhein und im nahen Saarland zu. Wunderbare Bilder sieht man hier, auch ein paar treffliche Landschafts- und Kulturmerkmale, die allerdings leider nicht weiter erläutert werden (es bleibt beim repetitiven „guck mal, ach wie schön“). Was das ungleiche Paar verbindet – große Schwester und kleiner Adoptivbruder? – bleibt unerwähnt. Es wird auf jeden Fall schnell klar, dass der bildhübsche Moses zwar gut tanzen, aber glatt nicht kochen kann. Braucht er auch nicht, denn Anne ist mit ihrer zweifellosen Kunstfertigkeit und ihrem altbackenen „Gewürz-Nähkästchen“ zur Stelle, um die Makel wettzumachen. Der hippe Streetdancer und die bewanderte Kitschkitchen-Lokalikone müssen nämlich zusammen ein „Challenge“ bestehen: mit einer oder mehreren ihnen unbekannten, lokalen Zutaten ein (vegetarisches) Drei-Gänge-Menü in ihrer „Feldküche“ zubereiten.
Um das Produkt, das ihnen in einer mysteriösen Schatzkiste zugeschustert wird (wer der Autor der Schatzsuche ist bleibt ein Rätsel) erst mal zu identifizieren, wenden sie sich an die Lokalbevölkerung. Diese Kontaktaufnahme mit den Einwohnern ist einer der aufschlussreichsten Momente der Show, weil die Leute ihre Kenntnisse oder gegebenenfalls Ignoranz ganz entspannt im Lokaldialekt und -humor vor laufender Kamera teilen. Hier zeichnet sich allerdings ein Kontrast ab zwischen der Lässigkeit der Einheimischen und dem forciert-fröhlichen Stil vor allem der Anne Faber, der nach einigen Folgen leicht anstrengend wirkt, sodass man sich wünscht, sie würde einen Tick weniger kichern und zwinkern.
In den Folgen geht es zudem darum, ein Menü zu identifizieren, in Partnerschaft mit jeweils Café- oder LokaIinhabern, einer Bäuerin oder dem Koch eines Bioland-Gemüsebetriebs. Das Konzept „vom Feld auf den Tisch“ geht auf, und das Resultat lässt sich sehen: nach dem Koch-Akt, gespickt mit kleinen Tanzeinlagen, coolem Pop und Zeitraffern, stehen zum Schluss einige Überraschungen auf dem Tisch: Spitzkohl mit Birnenragout, Estragon und Kartoffel-Birnen-Rösti, Giersch-Nocken, panierte Runkelrübenschnitzel, Postelein-Pesto, Steckrüben-Tiramisu, Schokoladenmousse mit Gundermann oder etwa Gänseblümchenbutter. Die kulinarischen Raritäten werden zum Schluss mit Schulterklopfen und klirrenden Gläsern – Prost! – mit viel Ah und Oh gemeinsam verzehrt. Schade, dass die nährstofflichen Eigenschaften der Zutaten, sowie Details über ihren Anbau nicht weiter erkundet oder erklärt werden – will Moses doch lernen, wie man sich gesund ernährt. Weder wird Biolandwirtschaft angesprochen, noch wird auf die Geschichte der Ortschaften oder auf die Tradition der Produkte weiter eingegangen, obschon hier reichlich pädagogisches Potenzial besteht.
Interessantes Konzept, seichte Ausfühung: die Sendung bleibt leichte Kost für Feinschmecker. Eine Prise Entspanntheit und spannendere Dialoge hätten die Sendung gewürzt.