DP, LSAP und Grüne hatten ein konkretes Ziel verfolgt, als sie 2013 im Programm ihrer Regierungskoalition vorsahen, in der Mitte der Legislaturperiode einen „Groupe des pensions spécifique“ einzuberufen. Die Arbeitsgruppe sollte nicht nur diskutieren, wie es um das Rentensystem steht und was die Pensionsreform von 2012 bisher gebracht hat. Der „Groupe des pensions“ sollte sich „notamment“ zum so genannten réajustement der Renten äußern.
Das ist eine hochpolitische Sache. Mit dem réajustement werden bereits bestehende Renten an die Reallohnentwicklung angepasst. Vor der Reform von 2012 gab es nur ein ajustement: Damit wurden bestehende, aber auch neue Renten nach dem gleichen Mechanismus an den Reallohntrend „ajustiert“. Ob das geschehen würde, lag aber im Ermessen der jeweiligen Regierung, und ab 2007 war das ajustement drei Mal entweder ausgesetzt oder zeitlich gestreckt worden.
Durch die Pensionsreform wurde die Anpassung entpolitisiert und zur Jahr für Jahr gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht, aber auch zur „Stellschraube“: Unterschieden wird seitdem zwischen der Aufwertung neu zu vergebender Renten anhand des Reallohntrends, der révalorisation, und der Anpassung schon bestehender, dem réajustement. Solange die laufenden Ausgaben der Pensionskasse ihre laufenden Einnahmen nicht übersteigen und damit der seit 1985 unverändert geltende Beitragssatz von 24 Prozent auf der Bruttolohnmasse ausreicht, den sich Versicherte, Arbeitgeber und Staat zu je einem Drittel teilen, wird jeden 1. Januar auf dieselbe Art „revalorisiert“ und „reajustiert“. Drohen die Ausgaben die Einnahmen zu übersteigen, würden nur neue Renten unverändert neu bewertet, schon bestehende dagegen bestenfalls noch zur Hälfte angepasst, schlimmstenfalls gar nicht mehr.
2013 schien es, als könnte es 2019 so weit sein. Politisch wäre das problematisch gewesen, denn wie viel réajustement noch gelten würde, könnte nur über eine Gesetzesänderung festgelegt werden; das schrieb die Pensionsreform 2012 ebenfalls fest. Klar ist, dass eine Regierung dann in Konflikt mit Gewerkschaften und Unternehmern geriete: Erstere würden sagen, bei Rentenreserven, die 2013 bei 14 Milliarden Euro lagen – 2017 bei fast 19 Milliarden und die derzeit der 20-Milliarden-Marke entgegenstreben –, müsste entweder möglichst viel reajustiert oder diese „Stellschraube“ ganz abgeschafft werden, wenn man schon über eine Gesetzesänderung diskutiert. Zumal in die Betrachnung der Einnahmen der Pensionskasse für diese Übung nur die aus Beiträgen eingehen, nicht aber jene, die die Kasse über ihren milliardenschweren Kompensationsfonds und dessen Sicav an den Finanzmärkten erzielt – 2017 immerhin 616 Millionen Euro, 2014 sogar mehr als 1,4 Milliarden.
Im Wahljahr die Rentner belasten?
Dass die Unternehmer mit Verweis auf den Wettbewerbsfaktor Lohnnebenkosten argumentieren würden, das réajustement gehöre abgeschafft und am besten noch weitere Einschnitte beschlossen, wenn schon über eine Gesetzesänderung diskutiert würde, ist ebenso klar. Und während die Gewerkschaften vermutlich darauf bestanden hätten, zum Ausgleich der Rentenfinanzen lieber auf eine Beitragserhöhung zurückzugreifen, statt auf Kürzung oder Streichung des réajustement, hätte die Union des entreprises luxembourgeoises von der Idee höchstwahrscheinlich nichts gehalten. Vorsichtshalber hatte schon die CSV-LSAP-Koalition erhöhte Beiträge vor sechs Jahren nur als Option in die Pensionsreform geschrieben. Die Entscheidung über den kleinen Faktor zur Rentenanpassung wäre eine über eine Pensionsreform bis geworden – wie die Dinge 2013 lagen, obendrein im Wahljahr 2018. Wenngleich das im Koalitionsprogramm von DP, LSAP und Grünen nicht explizit steht, war der „Groupe des pensions spécifique“ dazu gedacht, informell einen Konsens herzustellen, damit ein geändertes réajustement wenig elektorales Risiko ergäbe: Im Unterschied zur Reform von 2012, die in erster Linie an die Bezüge künftiger Pensionäre ging, würde eine „moderierte“ Reallohnanpassung sich auf die Rentner auswirken.
Doch weil die Konjunktur anzog und vor allem viel mehr neue Arbeitsplätze mit neuen Beitragszahlern besetzt wurden, als man 2013 für möglich halten konnte, blieb nicht nur der DP-LSAP-Grüne-Regierung eine Rentendebatte erspart. Es könnte sogar sein, dass auch die nächste Regierung um sie herumkommt: Im Herbst 2016 lieferte die Generalinspektion der Sozialversicherung (IGSS) den von ihr verlangten Bilan technique du régime général d’assurance pension. So eine Bilanz muss seit der Pensionsreform alle fünf Jahre gezogen werden; die 2017 eigentlich fällig gewesene ließ die Regierung um ein Jahr vorziehen, damit der Groupe des pensions nicht erst dieses Jahr zu tagen begonnen hätte. Die IGSS aber kam zu dem Schluss, nicht 2019, sondern erst 2023 könnten die laufenden Ausgaben der Pensionskasse die laufenden Einnahmen – ohne die aus der Kompensationsfonds-Sicav – übersteigen. Und als die IGSS vor einem Jahr für den Groupe des pensions ein Update ihrer Bilanz anfertigte, wurde das kritische Jahr sogar auf 2024 verlegt.
Entsprechend hypothetisch verliefen daraufhin die Diskussionen in der Renten-Arbeitsgruppe, in der Beamte aus dem Sozial-, dem Finanz- und dem Familienministerium sich acht Mal mit Experten aus den Berufskammern trafen. Ohne akute politische Agenda kamen dennoch Kontroversen auf: Die Salariatskammer-Delegierten hätten zum Beispiel gefordert, Hochschulstudienzeiten auch als Beitragszeiten anzuerkennen, „systematisch etwas für Frauen zu tun“ und die Mindestrente zu erhöhen, sagt der stellvertretende CSL-Direktor Sylvain Hoffmann. Die Verteter der Handelskammer hätten vorgebracht, angesichts der hohen Reserven sollte möglichst schnell eine weitere Reform nachgeschoben werden, sagt Handelskammer-COO Marc Wagener. Weil sich zu solchen Anliegen kein Konsens finden ließ, die Gruppe aber ein gemeinsames Abschlusspapier produzieren wollte, sind die strittigen Punkte in dem 27-seitigen Rapport du groupe de travail pensions nicht zu finden. In dem Bericht stehen vor allem Überlegungen, wie „nachhaltig abgesichert“ das Rentensystem aufzufassen sei. Die Quintessenz lautet, kurz- und mittelfristig sei die Situation „günstig“. Lediglich langfristig gebe es „potenzielle Risiken“. Wobei es der Handelskammer wichtig war zu sagen, dass es Risiken gebe, der Salariatskammer, dass sie nur „potenzielle“ seien, weil Vorausschauen über bis zu fünf Jahrzehnte „unsicher“ seien.
Dass in der Rentenkasse an die 20 Milliarden liegen und sogar die zahlenmäßig und im Volumen zunehmenden Renten (siehe die Grafik auf S. 2) rund fünf Jahre lang ausgezahlt werden könnten, wenn es gar keine Beiträge mehr gäbe, hat auch Auswirkungen auf die rentenpolitischen Aussagen in den Wahlprogrammen der vier großen Parteien, aus denen, in welcher Konstellation auch immer, die nächste Regierung hervorgehen dürfte. Wie es scheint, ist niemand scharf auf einen Rentenwahlkampf, und alle bleiben mit ihren Ankündigungen und Versprechen vage genug, damit das Koalitionsbildungen nicht zu stark behindert und ins nächste Regierungsprogramm alles Mögliche hineingeschrieben werden kann.
CSV: Erst mal sehen
Auch die CSV, für die Spitzenkandidat Claude Wiseler auf dem Parteikonvent am 8. Oktober 2016 ein 18-Punkte-Programm für einen „Plang fir Lëtzebuerg“ umriss, in dem es unter Punkt 9 hieß: „Wir werden den positiven ökonomischen Kontext dazu nutzen, eine Pensionsreform in die Wege zu leiten, die die langfristige Absicherung des Systems zum Ziel hat“, will sich von ihren Wählern dafür nicht so richtig klar mandatieren lassen. Auf dem CSV-Parteitag am 25. März 2017 in Ettelbrück hatte Wiseler erklärt: „Die Finanzierbarkeit der Pensionen ist eines der größten Probleme, vor denen das Land steht. Das ist verantwortungsvolle Politik dem Land schuldig, dieses Problem anzugehen. Die CSV wird nicht davor weglaufen.“
Das Renten-Kapitel des CSV-Wahlprogramms, das im ersten der drei Drittel steht, die die Partei seit Juli nach und nach ins Sommerloch wirft, sieht aber nach Weglaufen aus. Darin steht zwar konkret: „Die Rentenversprechen der aktuellen Arbeitnehmer bleiben garantiert. Es werden keine Pensionen gekürzt.“ Doch schon die Reform von 2012 – von der die CSV in ihrem Wahlprogramm 2013 meinte, sie sei nicht weit genug gegangen – ging weiter, denn die CSV-LSAP-Regierung fuhr mit ihr die Rentenversprechen an die damals aktuellen Arbeitnehmer mit Horizont 2052 zurück und stellt sie seither vor die Wahl, entweder die Kürzung hinzunehmen oder länger zu arbeiten, um die Rente aufzubessern. „Pension à la carte“ nannte das der damalige LSAP-Sozialminister Mars Di Bartolomeo.
Dass der CSV vorschweben könnte, wenn nicht die Leistungen weiter zu kürzen, dann vielleicht das legale Renteneintrittsalter anzuheben oder die Beiträge zur Rentenversicherung, ist nicht auszuschließen, denn im Wahlprogramm steht als eine „klare Vorgabe für eine Reform des Pensionssystems“ das „Festhalten am Generationenvertrag und Festigung der Generationenverantwortung“. Was genau gefestigt werden soll und wodurch, wird jedoch nicht weiter erklärt, und vielleicht weiß die Partei mit dem „Plang fir Lëtzebuerg“ das selber noch nicht genau. Denn zwei weitere „klare“ Reformvorgaben sind für sie die „objektive Detailanalyse des Systems sowie seiner mittel- bis langfristigen Finanzierbarkeit“ und anschließend die „Lösungsfindung und Reform im Dialog mit den Sozialpartnern“. Unvernünftig wäre Ersteres natürlich nicht und ohne Letzteres eine Pensionsreform 2.0 politisch nicht durchsetzbar. Doch es war der CSV-Spitzenkandidat, der sich nach der Erklärung von DP-Premier Xavier Bettel zur Lage der Nation am 26. April 2017 im Luxemburger Wort beschwerte, in Bettels „Blauer-Himmel-Rede“ seien „wir mit Nachdenken, mit Arbeitsgruppen, mit Screening über die Pensionen vertröstet worden“, womit der Groupe des pensions gemeint war. Nun scheint auch die CSV lieber erst einmal weiter screenen zu wollen.
Die drei Regierungsparteien haben es leichter, ihrer jüngeren politischen Tradition treu zu bleiben, als die CSV, deren Spitzenkandidat der DP-LSAP-Grüne-Koalition seit zwei Jahren bei jeder sich bietenden Gelegenheit vorhält, zur Finanzierung der Renten allein auf anhaltendes Wirtschafts- und Arbeitsplatzwachstum zu setzen, was nicht nachhaltig sei, und Panik gegenüber dem in vier Jahrzehnten drohenden „1,2-Millionen-Einwohnerstaat“ schürt. Denn dass schon im Frühjahr 2015 die Ageing Working Group der EU-Kommission an Luxemburg Entwarnung in Sachen Renten gesendet hatte, was allerdings auch 1,2 Millionen Einwohner im Jahr 2060 als Möglichkeit enthielt, ließ sogar den vom Handelskammerdirektor zum Finanzminister und Politiker gewandelten Pierre Gramegna erklären, man sollte zunächst der Pensionsreform von 2012 eine Chance zur Entfaltung geben, statt eine Fortsetzung nachzuschieben.
DP: Kein Handlungsbedarf
Dass Gramegna im Okober 2017 in seiner Rede zum Depot des nächsten Staatshaushaltsentwurfs im Parlament sprach, wie ein Sozialdemokrat, und beteuerte, „diese Regierung will, dass auch die Generationen nach uns nicht weniger Anspruch auf eine Pension haben“, findet im DP-Wahlprogramm eine Fortsetzung: Wollte die Partei 2008 noch den schrittweisen Übergang zum Kapitaldeckungsverfahren und Berufsanfänger in dieses neue System aufnehmen, und wollte sie 2013 die Rolle privater Rentenversicherungen steigern, so dass auch „Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen (...) aus einer Selbstvorsorge mehr Renten beziehen können, als das öffentliche System sie bieten kann“, ist sie im Wahlkampf 2018 der Meinung, „unserem Rentensystem geht es gut und die Reserven befinden sich auf einem Rekordniveau, sodass wir keinen Bedarf für Rentenkürzungen sehen“. Die DP „will, dass auch die kommenden Generationen von einer sicheren Rente ausgehen können. Aktuell sehen wir keine Gefahr für die Zukunftsfähigkeit unseres Systems“. Das legale Rentenalter soll bleiben, wo es ist, die „Stellschrauben“ aus der Pensionsreform von 2012 reichten aus.
Grüne: Hilft die Digitalisierung?
Die rentenpolitischen Aussagen der Grünen sind besonders substanzarm. In der Pensionsreformdebatte hatte die Partei noch bemerkenswerte Vorschläge gemacht, etwa die Senkung der Beitrags-Obergrenze zur Rentenkasse vom fünf- auf den drei- oder den dreieinhalbfachen Mindestlohn. Folge wären Mindereinnahmen für die Rentenkasse gewesen und Rentensenkungen – ab wann und für wen, wäre zu definieren geblieben. Der springende Punkt an dieser Idee ist, dass er zur Frage führt, inwiefern Renten zu zahlen, die fast so hoch sein können wie der fünffache Mondestlohn, die obendrein indexiert und „reajustiert“ werden, überhaupt Aufgabe für die Sozialversicherung sein soll. Zumal Bezieher hoher Renten in der Regel Eigenheimbesitzer sein dürften, deren Wohnungskosten im Alter entsprechend niedrig sind, und vielleicht auch über Kapitaleinkünfte verfügen.
Vorschläge dieser Art sucht man im Wahlprogramm 2018 der Grünen vergeblich. Bis ins Programm 2013 hatten sie es ebenfalls nicht geschafft, doch diesmal sehen die Grünen sich mit der CSV auf dem wachstumskritischen Zug: „Um sein soziales Modell finanziell tragen zu können, ist Luxemburg momentan auf ein ständiges und vor allem hohes Wirtschaftswachstum, sowie auf die Schaffung von tausenden zusätzlichen Arbeitsplätzen pro Jahr angewiesen.“ Das sei „nicht mit unserem Kernziel, einer nachhaltigen Entwicklung von Luxemburg, vereinbar“. Deshalb wollen die Grünen „das Land längerfristig aus der Abhängigkeit von dieser Wachstumsspirale befreien, ohne jedoch die Leistungsfähigkeit des Rentensystems zu beschneiden“.
Wie genau das geschehen soll und wie schon nächstes Jahr damit begonnen werden könnte, falls die Grünen erneut in die Regierung gelangen, ist allerdings nicht zu erfahren. An den Prinzipien der solidarischen Rentenversicherung halten sie fest. Die „Einnahmen- und Ausgabenpolitik“ soll „mit Hinblick auf die alternde Bevölkerung vorausschauend und nach dem Vorsorgeprinzip regelmäßig angepasst werden, damit die Tragfähigkeit des Sozialversicherungssystems erhalten bleibt“, aber das geschieht ohnehin schon. „Absichern“ würden die Grünen die Finanzierung „beispielsweise indem, wie bei der Finanzierung der Pflegeversicherung, Beiträge zur Finanzierung der Renten auch auf Kapitaleinkommen erhoben werden“. Ob das viel hilft, fragt sich aber: Die Abgaben auf Kapitaleinkünfte, die in die Pflegekasse fließen, sind klein im Vergleich zu den auf die Arbeitseinkünfte. 2017 waren das 25,8 gegenüber 376 Millionen Euro. Weitere „Beispiele“ konkretisieren die Grünen in ihrem Programm nicht. Generell finden sie, die „zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt liefert Chancen auf Umbau und Absicherung des Rentensystems“. Dem grünen Programm ist aber nicht zu entnehmen, inwiefern.
LSAP: Lasst Roboter sollen
Kohärenter scheint das LSAP-Programm. Wenngleich die Partei, die 2013 noch meinte, Mars Di Bartolomeos Pensionsreform habe für die „mittel- bis langfristige Absicherung des aktuellen Systems die Weichen gestellt“, nun lediglich „kurzfristig keinen Handlungsbedarf“ erkennt. Doch sie fährt fort: „Mittel- und langfristig muss angesichts der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung auch über alternative Einnahmequellen (z.B. eine Finanztransaktions- oder eine Robotersteuer) und zusätzliche Finanzierungsmodelle nachgedacht werden. Mit zunehmender Digitalisierung sollte nicht allein der Faktor Arbeit, sondern auch der Produktivitätsgewinn als Beitragsgrundlage für die langfristige Absicherung und Finanzierung der Renten herangezogen werden.“
Wie durchsetzungsfähig und realisierbar solche Bekenntnisse und Ideen in einer Regierung wären, bleibt natürlich abzuwarten und wird zunächst vom Wahlresultat der LSAP abhängen. Zur Neuentdeckung von Sozialstaat und sozialem Fortschritt, den sie propagiert und an den sie auch zu glauben scheint (d’Land, 10.08.2018), passen sie aber, und dass sie weder ans Rentenalter noch an die Leistungen zu rühren verspricht, passt dazu ebenfalls. Für weiteres Wachstum zur Absicherung des Sozialstaats steht LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider ohnehin wie kein zweiter.
Aber natürlich bleibt, dass sich die zahlenmäßige Zunahme der Rentner und ihrer Pensionsansprüche auch über mehrere Jahrzehnte hinweg ziemlich präzise vorhersagen lässt, weil diese Leute heute aktiv sind (siehe Grafik auf dieser Seite links unten) – mögen Langfrist-Projektionen von Bevölkerung und Wirtschaftsentwicklung auch Kaffeesatzleserei gleichkommen. Die EU-Kommission schreibt selber zu jedem der alle drei Jahre erscheinenden Berichte ihrer Ageing Working Group, er sei keine Prognose, sondern enthalte nur „Möglichkeiten“ (d’Land, 04.05.2018).
Doch eine dieser Möglichkeiten ist eben die, dass die Rentenreserve 2035 unter das gesetzlich vorgeschriebene Minimum fällt und 2041 aufgezehrt ist, obwohl Luxemburg sich in Richtung eines eine Million Einwohner umfassenden Staates entwickelt. Gegenüber 24 Prozent Beitragssatz liegen die Rentenversprechen mit 44 Prozent wesentlich höher. So wurde das vom Groupe des pensions im Konsens festgestellt, aber am Schluss des Berichts vermerkt, der gebe nur die Debatte unter Experten wieder, binde also nicht die Organisationen, denen sie angehören. Wenn die politischen Parteien sich schon kaum festlegen wollen, wieso sollten die Berufskammern ihnen in einem so heiklen politischen Thema vorgreifen? Wie ließ Claude Wisler nach dem CSV-Konvent vor knapp zwei Jahren twittern: „Wann eng Decisioun bis geholl ass: Da steet se. An da bleift se stoen. An da gëtt se duerchgesat.“ Die Wahlprogramme legen nahe, das auch in der nächsten Legislaturperiode keine großen rentenpolitischen Entschdeidungen fallen werden. Es sei denn, man müsste sich wirklich um das réajustement kümmern.