Die Luxemburger sind konservativ. Die Feststellung gilt nach manchen gesellschaftlichen Reformen vor allem, was den Umgang mit ihrem Vermögen angeht. Daran hat sich, obwohl seit Ende der Achtziger in Kirchberg und anderen Büroburgen, der weltweit größte Standort für international vertriebene Investmentfonds herangewachsen ist, in den vergangenen Jahren nicht viel geändert. Die Luxemburger investieren weiterhin am liebsten in Steine, wie die vergangenen Mai im BCL Studienheft Nummer 106 veröffentlichten Ergebnisse der The Luxembourg Household finance and consumption Survey: Results from the 2nd wave zeigen. Demnach entsprachen 2014 nur 15,3 Prozent der Aktiva der hiesigen Haushalte Finanzaktiva, und auch dabei zeigt sich in den Statistiken eine starke Neigung zur Vorsicht: Sie bestanden zu 46,3 Prozent aus Bankeinlagen (96,7 Prozent der Haushalte verfügen über ein Spar- oder ein Girokonto), zu 17, 6 Prozent aus privaten Zusatzrenten- und Lebensversicherungen, zu 15,8 Prozent aus Investmentfondsanteilen, zu 5,4 Prozent aus Aktien und zu zwei Prozent aus Anleihen. Zwischen 2010 und 2014 stieg der durchschnittliche Wert der Finanzaktive pro Haushalt von 88 400 auf 132 400 Euro, dabei steigen vor allem die Spareinlagen und die Einlagen auf den Girokonten an, viele Haushalte verkauften in dieser Zeitspanne Fondsanteile und Anleihen.
Die realen Aktiva stellen erwartungsgemäß den größeren Teil des Vermögens der Luxemburger Haushalte. 88 Prozent von ihnen besitzen ihr eigenes Auto und 67 Prozent ihr Eigenheim, weitere 26,3 Prozent besitzen weitere Immobilien. Der durchschnittliche Wert der realen Aktive pro Haushalt belief sich 2014 auf 733 300 Euro. Vom gesamten „realen“ Vermögen machen die Eigenheime fast 60 Prozent aus und die Mietobjekte fast 32 Prozent. Demnach stecken fast 92 Prozent des Sachvermögens der Haushalte in Immobilien.
Deshalb, weil die Immobilienpreise in Luxemburg weiter stetig steigen und weil die vergangene Wirtschaftskrise ihren Ursprung auf dem Immobilienmarkt für Wohnobjekte hatte, gilt dem Luxemburger Immobilienmarkt und der Entwicklung der Hypothekenkredite seit einigen Jahren besonderes Interesse in Wirtschaftsanalysen.
Wie es im Studienheft Nummer 106 heißt, waren 2014 weniger Haushalte verschuldet als 2010; 54,6 Prozent im Vergleich zu 58,3 Prozent vier Jahre zuvor. Aber die durchschnittliche Schuldenlast pro Haushalt stieg im gleichen Zeitraum um 19 Prozent auf 97 300 Euro. Weil ihr Anteil zurückging, heißt dies, dass die Schuldenlast, der Haushalte mit Schulden innerhalb von vier Jahren um 27 Prozent anstieg – dabei nahmen sie weniger Verbrauchskredite auf.
So stellen die Mitarbeiter der BCL logischerweise im Studienheft Nummer 113 Household debt burden and financial vulnerability in Luxembourg diesen Monat fest, dass sowohl der Schuldeneinkommensquotient als auch der Beleihungssatz angestiegen sind. Dass die Schuldendienstquote im gleichen Zeitraum gefallen ist, ist laut den Autoren der BCL vor allem auf die niedrigeren Zinsen bei Verbrauchskrediten zurückzuführen.
Was in den vergangenen Jahren auf dem Immobilienmarkt passiert ist, beschrieb die BCL in ihrer Finanzstabilitätsrevue von 2017. Während das reale verfügbare Einkommen der Haushalte zwischen Anfang 2000 und Herbst 2016 jährlich um weniger als ein Prozent zunahm, stiegen die Immobilienpreise im gleichen Zeitraum jährlich um 4,7 Prozent. Diese Abweichung, so die BCL, an die niedrigen Zinsen gekoppelt habe die Wohnbevölkerung verstärkt dazu verleitet, Schulden zu machen, um Immobilien zu kaufen. So zahlten 2015 43 Prozent der Luxemburger Haushalte eine Hypothek zurück, während es in der Eurozone nur 28 Prozent sind.
Traditionell nehmen die Einheimischen ihre Hypothek mit einem variablen Zinsfuß auf – zwischen Anfang 2003 und Ende vergangenen Jahres lag der Anteil von Hypotheken an den bestehenden Immobilienkrediten insgesamt im Schnitt bei 77,5 Prozent. Von den niedrigen Zinsen haben die Kreditnehmer in den vergangenen Jahren demnach schneller profitiert, als die Haushalte in den Nachbarländern, wo mehr Kredite mit festen Zinsfuß aufgenommen wurden. Doch eben wegen der historisch niedrigen Zinsen sind auch die Luxemburger Haushalte auf den Geschmack von fester Zinssätze gekommen. In der Stabilitätsrevue berichtet die BCL, vergangenes Jahr sei der Anteil der Hypothekenkredite mit variablen Zinssatz von 51 Prozent im Januar auf 41 Prozent zum Jahresende gefallen.