„Serge Allegrezza is back“, ärgerte sich Timothée Parrique am zweiten Weihnachtstag auf seinem Blog. Der ehemalige Statec-Direktor Allegrezza nimmt in der aktuellen Ausgabe des Fedil-Magazins écho des entreprises Bezug auf ein Rundtischgespräch zur Wachstumsfrage, bei dem er und der Makroökonom Parrique unterschiedliche Ansichten vertraten. Das Gespräch fand vor zwei Monaten auf Initiative des Nachhaltigkeitsrates im Athenum statt. Wie bereits während des Rundtischgesprächs betont Allegrezza auch im écho erneut, dass wirtschaftliche Wachstumsraten mit einer gleichzeitigen Reduktion der Treibhausgasemissionen vereinbar seien – grünes Wachstum sei also möglich.
Der an der Universität Lausanne lehrende Timothée Parrique kritisiert Allegrezzas Fokus auf Treibhausgase: Was ist mit der Versauerung der Ozeane, dem Rückgang der Biodiversität, chemischen Verunreinigungen und Landverlusten? Umweltprobleme seien nicht auf den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Beständiges Wirtschaftswachstum sei zudem zwangsläufig mit einem kontinuierlichen Verbrauch von Energie, Mineralien und Wasser verbunden. Darüber hinaus wirft er den luxemburgischen Behörden vor, mit Berechnungen zu arbeiten, die den Ressourcenverbrauch außerhalb der Landesgrenzen nicht berücksichtigen – so wie es im Plan national en matière d’énergie et de climat (Pnec) der Fall sei. Er bezweifelt zudem, dass der von Allegrezza beschriebene Kardinalweg der Entkopplung – entgegen dessen Behauptung – realistisch umsetzbar sei. Im jüngsten Bend the Trend-UN-Bericht sei festgehalten worden, dass sich „die Trends in der globalen Ressourcennutzung fortgesetzt oder beschleunigt“ hätten. Zwischen 2015 und 2023 sei keine „absolute Entkopplung der Umweltauswirkungen auf globaler Ebene“ erreicht worden.
Serge Allegrezza geht es jedoch nicht nur um ökonomisch-ökologische Fragen. Er wirft den Postwachstumstheoretikern vor, sozialpolitische Aspekte zu vernachlässigen: Postwachstumsbefürworter würden „den zauberhaften Traum einer harmonischen Gesellschaft“ hegen, doch die Schließung von Fabriken werde zwangsläufig zu handfesten Konflikten führen. „Wie wollen die Wachstumsgegner mit sozialer Prekarität umgehen?“, fragt Allegrezza. Darüber hinaus würden die Degrowth-Anhänger kaum darauf eingehen, wie die gewaltigen öffentlichen und privaten Investitionen finanziert werden sollen, die für die Energietransformation erforderlich sind. Letztlich gebe es zwar mittlerweile eine Vielzahl an Degrowth-Studien, aber eine aktuelle Meta-Studie von Ivan Savin und Jeroen Van den Bergh habe gezeigt, dass die meisten dieser Untersuchungen gravierende Schwächen aufweisen würden.
Parrique wiederum winkt ab und beachtet die Studie von Savin und Van den Bergh nicht, da sie ihm zufolge „kritisiert und falsifiziert“ worden sei. Außerdem könne er Allegrezzas Analysen nicht ernst nehmen, da dieser nicht einmal in der Lage sei, den Titel einer zitierten Publikation richtig zu buchstabieren. Allegrezza spreche von Planet4 all statt Earth for all. Auf Instagram legte Parrique nach: „Wenn ich ihn nicht persönlich kennengelernt hätte, hätte ich nie geglaubt, dass Serge Allegrezza wirklich existiert. Nur ein Bot hätte eine so billige Kritik verfassen können.“ Einen Wortsalat, frei von jeglicher Originalität und belastbaren Zahlen, habe Allegrezza vorgelegt. Recht drastische Formulierungen für jemanden, der sich eine befriedete Gesellschaft wünscht. Allegrezza wiederum insinuiert, Parrique predige dogmatische Positionen von der Kanzel – und nennt ihn einen „Papst“, einen „feurigen“ Ökonomen.