Länger arbeiten und so das Pensionssystem stützen – das erscheint zumindest den Zahlen der Adem nach als wenig realistischer Ansatz. Denn schon wer älter ist als 40 und seinen Job verliert, kann lange arbeitslos bleiben. Unter den 13 918 Ende Mai insgesamt registrierten Arbeitssuchenden waren zwischen 51- und 60-Jährige am häufigsten länger als zwölf Monate ohne Arbeit. 1 969 Personen betraf das. Doch mit 1 847 seit mehr als einem Jahr Arbeitslosen war der Anteil der 41- bis 50-Jährigen nicht viel kleiner. Das deckt sich mit den Beobachtungen der Adem-Vermittler, die neuerdings Berater heißen: „Nicht nur über 45-Jährige zu vermitteln, wird immer komplizierter“, sagt ein erfahrener Jobvermittler dem Land. „So manche Arbeitgeber sagen schon bei über 40-jährigen Bewerbern ,Stopp!‘“. Das treffe vor allem zu auf Industrieunternehmen, aber immer mehr auch auf Betriebe der Finanzbranche.
Dabei sieht das Arbeitsrecht eine ganze Reihe Maßnahmen vor, um Jobsuchenden, die bis zum gesetzlichen
Renteneintrittsalter noch 20, wenn nicht gar 25 Jahre arbeiten müssten, wieder in Lohn und Brot zu verhelfen. Manche sind nicht altersgebunden, wie die Steuerbonifikation für den Arbeitgeber, der einen Arbeitslosen einstellt. Oder die Wiederbeschäftigungsbeihilfe, die es erlaubt, einen Arbeitslosen zum Mindestlohn unter Vertrag zu nehmen und die Differenz zu dessen früherem Gehalt zu 90 Prozent vom Beschäftigungsfonds tragen zu lassen. Dagegen kann, wer einen Arbeitslosen einstellt, der über 45 ist, eine Befreiung vom Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung beantragen. Den übernimmt dann der Beschäftigungsfonds – und zwar bis zu Pensionierung des neuen Mitarbeiters.
Vor allem auf die Befreiung von der Part patronale zur Sozialversicherung werde „sehr viel zurückgegriffen“, weiß man bei der Adem. Dennoch: Brücken zu bauen, damit eine Beschäftigungslaufbahn nicht endet, ehe 40 Beitragsjahre zur Rentenkasse absolviert sind, gelingt längst nicht immer, wie die Zahlen zeigen. „Und wer mit 55 oder 57 seine Arbeit verliert, für den bleibt eigentlich nur eine Beschäftigungsinitiative.“
Es sei nicht nur die Kostenfrage, die Arbeitgeber zögern lasse, ältere Arbeitslose einzustellen, resümieren Adem-Berater ihre Vermittler-Erfahrungen. Die Annahme, Ältere seien nicht flexibel genug oder würden häufiger krank, spiele ebenfalls eine Rolle. Um so schlimmer, wenn der zu vermittelnde Arbeitslose überdies gering qualifiziert ist. Lediglich weiblichen Arbeitslosen könne ein fortgeschrittenes Lebensalter als Positivklischee anhängen, „nicht mehr schwanger zu werden“.
Und die Berufserfahrung Älterer, die für einen Betrieb wertvoll sein könnte? „Mag sein, dass sie eine Rolle spielt. Es läuft ja nicht jede Stellenvergabe über uns“, sagt ein Adem-Berater trocken. Sie als einen Wert darzustellen, versuche die Agentur mehr und mehr im Rahmen von „Projekten“. Doch: „Nach dem, was wir erleben, wird ihr zumindest bisher noch eher kein Wert beigemessen.“