Der 1963 geborene Regisseur hat den amerikanischen Traum gelebt. Nach abgebrochener Schulausbildung nahm er Schauspielunterricht, arbeitete als Platzhalter in einem Pornokino und war in einer Videothek angestellt – eine Beschäftigung, die zu einem Austausch mit Gleichgesinnten führte und den Konsum von Unmengen an Filmen quer durch alle Genres förderte. Quentin Tarantino: Sein Aufstieg von der Videothek, zum filmischen Autodidakten, bis hin zum Kultregisseur einer ganzen Generation, ist allein deswegen bemerkenswert, weil ihm dieses Kunststück mit einem Werk von gerademal drei Filmen gelang. Mittlerweile umfasst dieses Oeuvre je nach Auslegung neun oder zehn Filme – abhängig davon, ob man Kill Bill als zusammengehöriges Werk oder als einzelne Filme betrachtet. Diese offizielle Zählung verschleiert aber die Tatsache, dass Tarantino noch vor Beginn seines Ruhms einen Kurzfilm realisierte und an anderen Projekten mitwirkte.
Die Regisseurin Tara Wood konzentriert sich in ihrem Dokumentarfilm auf die ersten acht sehr unterschiedlichen Werke Tarantinos. Die Beziehungen zum Filmproduzenten Harvey Weinstein und dem Studio Miramax, die für Tarantinos Karriere sehr zentral waren, werden dabei nur ansatzweise behandelt. Die Dokumentation stimmt vielmehr ein Loblied auf den Starregisseur an und lässt langjährige Weggefährten, wohlwollende Kritiker und viele Schauspieler/innen zu Wort kommen. Anlässlich von QT8 – The First Eight zeigt Kinepolis die bekanntesten Streifen des Filmemachers – und hier ist die Bezeichnung „Streifen“ tatsächlich angebracht, denn Tarantino dreht immer noch mit herkömmlichem Filmmaterial; ein Indiz für seine Liebe für den Film sowie seine puristische Haltung, die es ihm verbietet, digital zu filmen.
Tarantino ist einer der wenigen Regisseure, die den Sprung aus dem Independent-Bereich zum Mainstream geschafft haben und die typischen Kennzeichen des postmodernen Films massentauglich machte. Dazu zählen im Allgemeinen die hochgradige Intertextualität, der Hang zu Gewalt- und Blutexzessen, die hohe Dialogizität der Figuren. Alles Stilelemente, die bereits seit seinen Anfangsfilmen Reservoir Dogs (1992) oder Pulp Fiction (1994) zu seiner Handschrift gehörten. Tarantino gilt als auteur, als ein Filmemacher mit einer künstlerischen Vision, thematischen Konstanten und einem unverwechselbaren visuellen Stil, dergestalt, dass sich der Begriff „tarantinoesk“ im Bewusstsein eingebürgert hat. Sein Autoren-Status mag auf den ersten Blick wie ein Paradox wirken, da Tarantion sich bei Regiekollgen kräftig bedient, woraus er selbst keinen Hehl macht. Neben einigen amerikanischen Regisseuren kommen einem auch europäische Filmemacher in den Sinn: Jean-Luc Godard, Sergio Leone oder Sergio Corbucci. Auf Corbucci geht seine Vorliebe für den Italowestern zurück, er ewies ihm mit Django Unchained (2012) seine Achtung. Auf diesen Zitaten gründet in besonderer Weise seine sehr einprägsame Ästhetik. Die ikonische Tanzszene aus Pulp Fiction lässt sich beispielsweise an nur einer Einstellung identifizieren, dabei beruht sie in erster Linie auf den Aristocats (1970) und auf Saturday Night Fever (1977), eine Anspielung die allein schon durch den Schauspieler John Travolta gegeben ist. Tarantino bedient sich der Versatzstücke, um daraus eine ganz eigene Liebeserklärung an die Film- und Kinogeschichte zu machen, dies noch zuletzt in Once Upon A Time in Hollywood (2019) mit einem exzessiv nostalgischen Gestus.
Immer wieder kritisiert worden und Auslöser für Kontroversen sind die Gewaltdarstellungen in seinen Filmen. Aufgrund des lustvoll-verspielten Verhältnisses zur Gewalt fallen Tarantinos Filme dem Vorwurf, seine Filme haben einen zur Gewalt animierenden Charakter, eher anheim, als etwa die Filme von Stanley Kubrick, die in ihrer Darstellung viel reflexiv-distanzierter ausfallen. Ferner entsteht durch die Vermischung von Alltagsgesprächen, die insbesondere die Belanglosigkeit der Dialoge markieren, mit der plötzlich einsetzenden Gewalt der Brutalität des Gezeigten etwas Banalisierendes. Daneben wurden Filme wie Inglorious Basterds, Django Unchained oder Once Upon a Time in Hollywood besonders für deren provokative Neuschreibung von Geschichte kritisiert, die mit Gewalt kokettierenden Neuinterpretationen würden von schlechtem Geschmack zeugen. Tarantino sieht darin aber den Unterhaltungsfaktor seiner Filme, die er als Dienst an seinem Publikum begreift. Er will die Gewalt als filmisches Spektakel verstanden wissen. Diese Rückzugsbewegung in den diegetischen Raum im Allgemeinen, der sich als solcher genügt, erschwert jedoch die Bewertung seiner Werke, da seine Filme sich so nicht auf eine Verhandlungsbasis stellen lassen, die auf einen anderen Erfahrungsraum referieren will als Film und Kino. Allein der Titel seines letzten Films, Once Upon a Time in Hollywood, betont die Alternativrealität, die er ausstellt. Aus diesem Umstand heraus lässt sich auch erklären, warum viele der Publikationen rund um den Regisseur besonders deren Bewunderung für den Filmemacher zum Ausdruck bringen und eine kritische Distanz gerne vermissen lassen. Tara Woods Dokumentation ist da ein prominentes Beispiel.
Immer wieder hat Tarantino im Laufe seiner Karriere betont, nicht mehr als zehn Filme machen zu wollen, demnach dürfte nach „offizieller“ Lesart bei heutigem Stand nur noch ein Werk offenbleiben. Nur die Zeit wird zeigen, wie man sich an diese Ausnahmeerscheinung unter den amerikanischen Filmemachern langfristig erinnern wird.