Beispiele von aufstrebenden Musikern, welche sich trotz Talent, nach vielen erfolglosen Jahren, schlussendlich für ein geregelteres Leben mit herkömmlichem Job und Familie entscheiden, gibt es wie Sand am Meer. Hugo Gouveias Lebensgeschichte ist genau das Gegenteil. Der 39-jährige Portugiese verdiente Ende der Neunziger sein erstes Geld in der Londoner City im Devisenhandel, ehe er abrupt einen Rückzieher machte, um sich fortan seiner großen Liebe zu widmen: der Rock-Musik. Der Gitarrist, der seit drei Jahren wieder in Luxemburg lebt, kann bereits jetzt auf eine ereignisreiche Biografie zurückschauen. Gouveia ist zwar in Portugal geboren, seine Kindheit verbringt er an verschiedenen Orten, je nachdem wo sein Vater gerade arbeitet. Nach einigen Jahren in Afrika lässt sich die Familie Gouveia in Luxemburg nieder, nachdem der Vater eine Stelle bei den europäischen Institutionen annimmt. Hugo ist zu diesem Zeitpunkt 13 Jahre alt und besucht von nun an die portugiesische Sektion der Europaschule in Kirchberg. In dieser Zeit wächst seine Leidenschaft für die Gitarre, er bringt sich das Spielen selbst bei. Inspiration findet er in der Musiksammlung des älteren Bruders. Nach dem Abi folgt ein neunjähriges Studium in London, zuerst BWL, dann Politik, ein anschließendes Master-Studium in Europäischer Politik bricht er vorzeitig ab, die Lust an der Musik ist einfach größer.
Noch während des Studiums beginnt Gouveia, abends in Londoner Bars und Clubs aufzutreten. Im berüchtigten Twelve Bar Blues Club in Soho spielt er anfangs alleine Cover-Versionen von Folk-Legenden wie Bob Dylan oder Woodie Guthrie. Schnell folgen erste Einladungen von Bands. „Die Leute mochten meine Stimme einfach, weshalb ich plötzlich in Rock-, Blues- oder sogar Reggae-Bands mitspielte und mitsang“, erzählt Gouveia heute. Mit einer dieser Bands, Atlantico Music Partnership, schafft er es sogar zu einem Deal mit einer Plattenfirma. Einige Jahre später geht die Band nach internen Konflikten in die Brüche. Zu diesem Moment kommt eine Anfrage des portugiesischen Filmregisseurs Luis Galvao-Teles, einen Soundtrack für dessen neuen Film zu komponieren, gerade recht. Gouveias Vater hatte dem Familienfreund Demo-Tapes seines Sohnes vorgespielt. In Portugal fühlt er sich anfangs wohl und gründet die Band Lata Dog, mit der er es mit einem Song sogar in die portugiesischen Charts schafft. Doch auch diese Band wird nach Meinungsverschiedenheiten aufgelöst, als Sänger und Aushängeschild dieser Gruppe behält er jedoch den Spitznamen Lata. Aus Hugo ist seither Lata geworden. Nach diesem ernüchternden Rückschlag will er es noch einmal in London versuchen, dort wo für ihn alles angefangen hatte.
Mittlerweile ist die Ära der sozialen Netzwerke angebrochen. Auf Myspace entdeckt Rocky Frisco einen von Gouveias Songs. Der ehemalige Pianist von Gouveias Lieblingsmusiker JJ Cale lädt ihn, den Fan, nach Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma ein. Gouveia nimmt die Einladung an. Vor Ort stellt sich jedoch heraus, dass Frisco nich,t wie von Gouveia angenommen, ein Millionär mit eigener Villa ist. „Er hatte nicht viel Geld und spielte vier bis fünf Konzerte die Woche, um über die Runden zu kommen“, schildert Gouveia, der schließlich vier Jahre in den USA bleibt. In der Heimatstadt des legendär entspannten JJ Cale, sowie im Nachbarstaat Texas fühlt sich Gouveia musikalisch wohl und verdient seinerseits Geld mit Solo-Auftritten auf Geburtstagfeiern, Grillabenden oder gar in Bowling-Zentern. Für einen Auftritt in der berühmten 6th Street in Austin reicht es leider nicht. Gegen Ende seines amerikanischen Aufenthaltes unterschreibt er sogar einen Lizenzvertrag mit Captiva Records, die Plattenfirma veröffentlicht Gouveias erstes Solo-Album, Road US 75. Der Erfolg lässt jedoch weiter auf sich warten.
Als er 2010 seine Eltern in Luxemburg besucht, beschließt er kurz darauf, sein interessantes, aber prekäres Abenteuer in den USA zu beenden und sein Glück hier zu versuchen. „Ich hatte das unsichere Leben des wandelnden Musikers und die vielen Nächte, die ich bei Bekannten auf deren Sofas verbringen musste, satt“, berichtet er. Im Großherzogtum arbeitet er tagsüber für verschiedene Filmstudios, abends widmet er sich der Musik und gelegentlichen Solo-Auftritten. Nach und nach lernt er Größen der überschaubaren Luxemburger Blues- und Jazzszene kennen: Romain Heck, Jeff Herr oder auch René Cavallini werden nicht nur Musikerkollegen, sondern Freunde. Mit Sorgfalt gründet er eine neue Gruppe, die, à la Van Halen, den Namen des prominentesten Mitglieds trägt: „Lata“ Gouveia. Dann geht es sehr schnell. Im Januar 2013 gewinnt er mit seiner Band den Musik-Wettbewerb Purple Idols im Mondorfer Casino. Plötzlich gibt es verstärktes Medieninteresse und entsprechende Engagements wie das All-American Music Festival und Rock um Knuedler. Lata Gouveia spielt kurz vor dem Headliner BAP, das Wetter ist ideal und das große Publikum lässt sich vom deftigen Blues-Rock mitreißen. In nächster Zukunft will sich Gouveia auf den Benelux-Raum konzentrieren und dort so viele Live-Auftritte wie möglich mit seiner Band absolvieren.