Bausektor

Lernen für die Zukunft

d'Lëtzebuerger Land vom 17.02.2012

„Sicher machen wir uns Gedanken über neuste Entwicklungen am Bau“, sagt Daniel Bourgeois. Der Franzose ist Ausbilder am Institut de formation sectoriel batîment (IFSB). Das von Arbeitgebern und Kammern unterstützte Institut bietet Basisaus- und Weiterbildungskurse rund ums Thema Bauen an.

Das Angebot reicht über Grundausbildung für unqualifizierte Arbeiter, bis hin zu Weiterbildungen im Mauren für Fortgeschrittene. Eine Entwicklung aber beschäftigt die Experten besonders, so dass ihr inzwischen ein eigener Teilbereich gewidmet ist: die Nachhaltigkeit. Mit dem Schlagwort ist nicht nur der schonende Einsatz von Ressourcen gemeint oder umweltschonendes Bauen. Sondern auch neue gesellschaftliche Trends wie zum Beispiel gesetzliche Auflagen, barrierefrei zu bauen, damit Räume auch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich und optimal nutzbar sind. Hauptherausforderung aber ist der Klimaschutz. Mit immer neuen Umweltauflagen aus Brüssel steigen die Anforderungen an die Baubranche, den Trends mit entsprechend ausgebildeter Fachkraft beizukommen.

Experten versuchen, die Bautrends von morgen anhand von globalen Entwicklungen vorherzusagen: die wachsende Weltbevölkerung, zunehmende Urbanisierung, Klimaschutzauflagen, aber auch eine immer umweltbewusstere Kundschaft sorgen dafür, dass immer neue Verarbeitungstechniken, Technologien und Materialien in der Baubranche Einzug halten. Nach Aussagen des World Economic Forum verbrauchen Gebäude rund 70 Prozent der gesamten Elektrizität, fast 40 Prozent der gesamten Energie, knapp 30 Prozent des gesamten Wassers und 30 Prozent von Holz. Gleichzeitig verursacht Bauen mehr als ein Drittel des Abfalls auf den Deponien der Welt, über ein Drittel der CO2-Emissionen und ist verantwortlich für 45 Prozent der Schwefeldioxidemissionen.

Luxemburg bildet da keine Ausnahme. Viele Häuser sind schlecht isoliert, Altbauten müssen saniert werden. Der Nachhaltigkeitsminister hat die Wichtigkeit von Wärmedämmung betont, ein Markt, dessen Bedeutung für die Baubranche zunimmt. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, braucht es das Know-how. Und das ist immer schwieriger zu finden. Denn mit den neuen Anforderungen verändern sich auch die Berufsprofile. Der Arbeitsmarkt in dem Sektor ist wichtig für Luxemburg: 52 Prozent der hiesigen Unternehmen sind im Baubereich tätig, sie stellen etwa 70 Prozent der Arbeitskräfte. Die Handwerkskammer hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass Jobs für Niedrigqualifizierte auch im Handwerk abnehmen. Um den Ansprüchen der Kundschaft gerecht zu werden, sind vielmehr Arbeitnehmer gefordert, die ihr Wissen und ihre Fertigkeiten ständig erweitern.

Konkrete Zahlen nennt er nicht: Aber, das bestätigt Daniel Bourgeois, immer mehr Arbeitnehmer bilden sich weiter. Die Handwerkskammer meldete in ihrem Branchenbericht für 2010: Hatten im Jahr 2000 rund 2 100 Teilnehmer aus dem Handwerk eine ihrer Fortbildungen besucht, waren es 2010 über 3 700. „Besonders gefragt waren Kurse im Bereich der Technik. Fiskalität, Mehrwertsteuer und Stressbewältigung“, sagt Christiane Hoffmann, verantwortlich für den Bereich Weiterbildung bei der Handwerkskammer.

Innovationen im Bau führen dazu, dass das Angebot ständig angepasst werde, so Hoffmann. Eine neue Weiterbildung ist derzeit in Planung: Sie soll neueste Techniken im Bereich der Wärmedämmung vermitteln und wird im nächsten Semester starten.

Das IFSB hat bereits eine Weiterbildung „Bauen für die Zukunft – nachhaltiges Bauen“ von hundert Stunden eingerichtet, Teilnnehmer sind vor allem Ingenieure und Architekten. Auch Kurse im energieeffizienten Bauen und Wärmedämmung geradeso wie Altbausanierung oder Heizen mit Solartechnik sind beliebt. Neben einer Weiterbildung zu neusten Bautrends, können Unternehmen auch spezifische Anfragen stellen, die das Institut so passgenau wie möglich zu beantworten versucht. Sensibilisierungskonferenzen etwa über neuste Erkenntnisse in der Wärmeisolierung oder der Energietechnik, sind Teil des Repertoires. „Wir stellen die neusten Produkte vor. Wir erklären Wärmedämmung und was beispielsweise die Gebäuderichtlinie für den Bau bedeutet, so Bourgeois. Die neu aufgelegte EU-Gebäuderichtlinie fordert noch energieeffizientere Gebäude. Das Passiv- und Fast-Null-Energiehaus sollen bis 2020 zur Norm werden. Für die Berufe in der Baubranche bedeutet das Umdenken und, wo nötig, Nachschulen: „Statt beispielsweise Glaswolle sind heute Materialen wie Hanf und Zellulose gefragt.“ Der Unterricht wird von Kennern ihres Fachs gemacht: In der Regel sind es Experten aus der Praxis, vermittelt von der Handwerkskammer, mit der das Institut eng zusammenarbeitet.

Um die neusten Trends auf dem heimischen Markt mitzubekommen, ist das IFSB auf diversen Messen präsent, etwa der Oekofoire, aber auch auf Plattformen wie Myenergy.lu, einer Initiative, die sich die eine umweltbewusste energieschonende Beratung zum Ziel gesetzt hat und vom Staat unterstützt wird. Der Kontakt mit Schulen soll überdies helfen, Berufsanfänger möglichst früh für die Logik des lebenslangen Lernens zu gewinnen. Und nützliche Synergien zu schaffen. Etwa mit dem Mamer Lycée, die seit kurzem einen Brevet technicien supérieur in Bauplanung und -leitung aufgestellt haben. Aber auch mit der Großregion, aus der Dozenten für Vorträge nach Luxemburg kommen und umgekehrt.

Ein anderer Aspekt, der immer wichtiger wird neben Technologien und Materialen, ist die Dienstleistung als solche: Immer komplexere Systeme, etwa in so genannten intelligenten Passivenergiehäusern, die automatisch den Energiebedarf ihrer Bewohner erkennen und regulieren, machen eine enge Zusammenarbeit ganz unterschiedlicher Handwerke vonnöten. Die Organisation von sinnvollen Arbeitsläufen ist deshalb ebenfalls wichtiger Bestandteil vieler Weiterbildungskurse. Meistens nehmen zwischen zwölf bis maximal 20 Personen maximal an einem Kurs teil. „Wir wollen bewusst keine zu großen Klassen, um besser auf die jeweiligen Kandidaten eingehen zu können“, sagt IFSB-Ausbilder Daniel Bourgeois. Die Kurse finden mehrheitlich auf Französisch statt, aber nicht ausschließlich: Weil immer mehr Handwerker aus Deutschland in Luxemburg Arbeit finden, werden zunehmend auch Schulungen in Deutsch nachgefragt.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es aber: Auch wenn der Kursbesuch bescheinigt wird und dieses Zertifikat von Luxemburger Bauunternehmen anerkannt wird: Ein regelrechtes Abschlusszeugnis ausstellen darf das Institut bislang nicht, das ist den Schulen vorbehalten. Das könnte sich ändern. Man sei in Verhandlungen, heißt es von Institutsseite vorsichtig.

Ines Kurschat
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