Vor einem Jahr wurde das Lëtzebuerger Land gründlich überarbeitet, um seine Leser mit der ganzen Ausdrucksfülle des Mediums Zeitung zu überraschen und bereits beim ersten Blickkontakt am Kiosk seine inhaltliche wie formale Einzigartigkeit unter den Luxemburger Zeitungen zu unterstreichen. Dies gehört zum Bemühen, die von Verlagsgruppen und Aktionären unabhängige Wochenzeitung für die nächsten Jahre auf einem Pressemarkt zu positionieren, der tiefgreifende Umwälzungen erfährt (d’Land, 20.4.12). Nach dem Papier vergangenes Jahr soll dieses Jahr nun eine neue Etappe des digitalen Angebots des Land folgen.
D’Land unterhält seit bald 14 Jahren, seit dem 29. Oktober 1999, die wöchentlich aktualisierte Internet-Seite www.land.lu, die unter anderem ein kostenlos zugängliches Archiv mit Tausenden von Artikeln enthält. Ebenso lange verschickt es jede Woche einen Überblick der aktuellen Nummer an interessierte E-Mail-Abonnenten. Seit vier Jahren, seit dem 2. Februar 2009, tauscht es sich jeden Freitag über Facebook und Twitter mit seinen Lesern aus. D’Lëtzebuerger Land kann nicht nur über Internet abonniert, sondern auch gleich mittels Kreditkarte und Paypal elektronisch bezahlt werden. Nun soll das Ende des Jahres seinen 60. Geburtstag feiernde Land jede Woche auch im Format für Tablett-Computer erscheinen.
Luxemburg gehört international zu den Spitzenreitern im Gebrauch digitaler Kommunikationsapparate. 92 Prozent der Privathaushalte besaßen vergangenes Jahr einen Computer und einen Zugang zum Internet, so die vom Statec bestellte Umfrage Tic 2012. Außerhalb ihrer Arbeitsstelle und ihrer Wohnung bedienten sich 20 Prozent der Befragten eines Tablett-Computers, um Zugang zum Internet zu haben.
Laut der von der RTL-Werberegie Information et Publicité (IP) bestellten Umfrage Étude mobile 2012 ist es die Altersgruppe der 31- bis 50-Jährigen, die hierzulande am meisten Tablett-Computer besitzt. Vergangenes Jahr hatten 22 Prozent von ihnen einen Tablett-Computer. Der Markt wächst rasch, denn ein Jahr zuvor waren es in dieser Altersgruppe bloß zwölf Prozent. Die gleiche Umfrage ergab, dass jeder dritte Tablett-Computer in Luxemburg ein I-Pad der Marke Apple ist, zwei Drittel sind Apparate mit anderen Betriebssystemen, wie Android, Kindle oder Windows.
Da IP Luxembourg von der Akquisition von Rundfunkwerbung lebt, veröffentlicht sie keine Angaben über die Nachfrage nach digitalen Ausgaben von Zeitungen. Ihre Umfrage ergab allerdings, dass Tablett-Computer am meisten benutzt werden, um Nachrichten zu lesen, nämlich von 82 Prozent aller Befragten mindestens an einem Tag in der Woche. Doch dabei handelt es sich offenbar vor allem um kostenlose Nachrichtenangebote, beziehungsweise um kostenpflichtige Abonnements auf ausländische Zeitungen wie Le Monde, Financial Times, Libération, Der Spiegel oder Die Zeit. Denn von einem Tablett-Markt für Luxemburger Zeitungen kann derzeit noch keine Rede sein.
Augenblicklich werden in digitaler Form die Tageszeitungen Luxemburger Wort, Tageblatt und Le Quotidien sowie die Wochenzeitung Le Jeudi angeboten. Aber die Nachfrage ist mehr als bescheiden. Das Brüsseler Centre d’information sur les médias (Cim) kontrolliert die digitale Auflage von Zeitungen, ohne aber einen Unterschied zwischen Tablett-Versionen und beispielsweise E-Paper-Kopien im PDF-Format zu machen. Danach wurden im letzten Quartal 2012 täglich 338 digitale Exemplare einer Ausgabe des Luxemburger Wort über Abonnement heruntergeladen und weitere 34 Exemplare einzeln gekauft. Das machte 0,6 Prozent der gedruckten Auflage aus. Ein Jahr zuvor waren es 305 Exemplare, was zwar eine Zunahme darstellt, doch steht sie in keinem Verhältnis zum Wachstum des Tablett-Absatzes in der gleichen Zeitspanne. Und dies obwohl das Luxemburger Wort den Abonnenten der gedruckten Zeitung die Tablett-Ausgabe schenkt. Das Tageblatt verkaufte laut Cim im vergangenen Quartal 56 auch mittels einer App-Anwendung lesbare E-Paper-Exemplare pro Ausgabe, Le Quotidien täglich 47 Exemplare und Le Jeudi wöchentlich 32 Exemplare. Diese Zahlen legen den Verdacht nahe, dass vor allem im Ausland Beschäftigte, Urlauber, Studenten und Botschaften Luxemburger Zeitungen digital lesen, um die hohen Portokosten zu sparen und den langwierigen Versand zu vermeiden.
Weil das Interesse an Tablett-Zeitungen noch gering ist, die Verleger ihre Leser einstweilen nicht dazu bringen können, für die derzeit kostenlosen Internet-Seiten zu bezahlen, die Anzeigentarife im Internet aber nur einen Bruchteil der Tarife gedruckter Anzeigen ausmachen und die staatliche Pressehilfe auf der Grundlage gedruckter Zeitungen berechnet wird, dürften selbst im Tageszeitungsgeschäft die digitalen und die gedruckten Ausgaben der Zeitungen noch Jahre lang nebeneinander existieren. Gar nicht zu reden von einer Wochenzeitung, wie dem Lëtzebuerger Land, die dem Papier ganz eigene Qualitäten abgewinnt.