Was Anfang Februar als einvernehmliche Entscheidung aller Beteiligten präsentiert wurde – dass Luxemburg for Finance (LFF), die Werbeagentur für die Finanzbranche, ab dem Sommer vom Beamten Nicolas Mackel geleitet wird –, kam für manche Involvierte wohl doch etwas überraschender, als die offizielle Sprachregelung vermuten lässt. Neben CEO Fernand Grulms, der wieder zur ABBL geht, werden auch Jean-Jacques Picard und Edith Stein zur Alfi, beziehungsweise der Handelskammer, zurückkehren. „Es war der ausdrückliche Wunsch der Finanzbranche, dass der Staat sowohl in Sachen Finanzierung, wie auch in puncto Strategie aktiver wird“, sagt Sarah Khabirpour, Kabinettschefin von Finanzminister Luc Frieden (CSV). Der Staat wird einen größeren Anteil der Finanzierung stemmen – wie viel genau, ist Verhandlungssache – dafür aber das Management besetzen. So bestätigt das Grulms offiziell. Doch hinter den Kulissen kursiert eine „nuanciertere“ Version. Dort heißt es, es sei Friedens eigener Wunsch, die Dinge in die Hand zu nehmen, der Personalwechsel sei so nicht geplant gewesen.
Hintergrund für das Verlangen nach Veränderung ist die allgemeine Unzufriedenheit mit den Arbeiten von LFF, der öffentlich-privaten Partnerschaft (PPP) zwischen Staat und sektorübergreifendem Finanzverband Profil, welche die Werbetrommel für den Luxemburger Finanzstandort rührt. Eine Unzufriedenheit, die vorwiegend auf die unterschiedlichen Erwartungen zurückzuführen ist, die an die Agentur gestellt wurden. Je nachdem, wurde LFF als Organisator der Wirtschaftsmissionen – diesem wichtigen Promotionsinstrument – für die Finanzbranche gelobt. Oder als Tourveranstalter von Copacabana-Aufenthalten für Verbands- und Verwaltungsbeamte beschimpft. Davon abgesehen, dass die Meinungen darüber auseinandergehen, ob das Organisieren solcher Missionen Haupttätigkeit von LFF sein soll, streiten die Branchenakteure darüber, wohin sie führen – ins nahe Ausland, wo die traditionelle Bankkundschaft sitzt, oder eher in fernere Länder mit hohen Wachstumsraten? – und an wen sie sich mit welchen Botschaften richten sollen.
Dass das Management angesichts dieser Situation zwischen allen Stühlen saß, zeigt auch das Beispiel Bankgeheimnis. Sollte man auf schlechte Presse und Angriffe aus dem Ausland besser gar nicht oder eher doch offensiv reagieren, war einer der Streitpunkte in der Branche. Und während Regierung und Werbeagentur stets beteuerten, es gebe in Luxemburg kein Schwarzgeld, lockte manche Bank am Platz noch mit Internetwerbung explizit Kunden mit dem Versprechen auf den diskreten Umgang mit selbigem. Die Erkenntnis, dass die Partikularinteressen der einzelnen Akteure mit denen des gesamten Standorts nur bedingt deckungsgleich sind, war eine der Lehren aus der Polemik und wahrscheinlich eine der Ursachen dafür, dass man im Finanzministerium dafür sorgen will, dass die Standort-Interessen im Vordergrund stehen. Jetzt sollen Aufgaben und Ziele von LFF dringend neu definiert werden. Ob man die bisherige Orientierungslosigkeit von LFF aber an erster Stelle Fernand Grulms ankreiden muss oder sie Ausdruck der Orientierungslosigkeit ihrer Aktionäre war? Die forderten von LFF bislang noch nicht einmal einen Aktivitätsbericht, die Auflage 2012 wird der erste sein.
Die sich ändernden äußeren Bedingungen zwingen die PPP-Partner, die eigenen Einstellungen und Methoden zu überdenken. Das Szenario, nach dem Luxemburg den automatischen Informationsaustausch mit Müh und Not hinauszögern kann, indem es der EU-Kommission Mandate für Verhandlungen mit Drittstaaten per Veto verweigert, löste in Bankiers- und Regierungskreisen lange ein süffisantes Lächeln aus, das in Panik umschlug, als sich das Szenario bewahrheitete. Angesichts des harten Konkurrenzkampfes, der global tobt, kommen die privaten Partner, Profil, zur Schlussfolgerung, dass der Staat, beispielsweise im Vergleich zur Tourismus-Promotion, nicht genug in die Werbung für den wichtigsten Wirtschaftszweig investiert, schlussfolgern gleichzeitig aber interessanterweise, dass sie ihre eigene Beteiligung proportional zurückschrauben können. Dennoch will man die brancheneigene Agentur behalten, statt LFF mit Luxembourg for Business zu fusionieren und eine einzige Promotionsagentur für alle Branchen der Luxemburger Wirtschaft zu schaffen. Ein Vorhaben, dass der damalige ABBL-Präsident Jean Meyer 2007 mit der Aussage, die Banken würden nicht für Verkauf von Arbeds-Trägern zahlen, verhindert hatte.