Nachdem Yves Mersch beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs vergangene Woche endlich freies Geleit für seinen Wechsel ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt erhielt, nominierte die Regierung am Freitag Gaston Reinesch, Generaladministrator im Finanzministerium, als Nachfolger für Mersch bei der Luxemburger Zentralbank (BCL). Am 1. Januar 2013 soll Gaston Reinesch sein Mandat als Zentralbankgouverneur antreten. Weil sich Yves Mersch bereits am 15. Dezember in Frankfurt zum Dienst meldet, heißt das einerseits, dass die BCL zwei Wochen ohne Chef auskommen muss. Andererseits bleibt nur noch wenig Zeit, um die Posten neu zu besetzen, die Reinesch bisher bekleidet.
Das sind etliche. Reinesch, den in Wirtschaftskreisen einige gerne an der Spitze eines staatlichen Fonds gesehen hätten, der alle staatlichen Beteiligungen verwaltet hätte, ist zur Zeit noch Vorsitzender des Verwaltungsrats bei der SNCI, der Entreprise des postes et télécommunications (EPT) und der BGL BNP Paribas. Außerdem gehört er den Verwaltungsräten von SES, Enovos und Cargolux an und ist zudem Mitglied im Verwaltungsrat der Europäischen Investitionsbank. Einige dieser Personalentscheidungen wurden bereits im Regierungsrat diskutiert, aber nicht offiziell bekannt gemacht, andere waren noch überhaupt nicht auf der Tagesordnung des Kabinetts.
Momentan präsentiert sich die Lage wie folgt: Serge Allegrezza, Statec-Direktor, soll den Vorsitz der EPT übernehmen, wo er bisher als Vizepräsident dient. Georges Heinrich, Regierungsrat im Finanzministerium, soll dort die Vize-Präsidentschaft übernehmen. Dabei war die Präsidentschaft der EPT Vertretern des Wirtschaftsministeriums beim letzten Mal verweigert worden, weil die EU-Kommission befand, der Präsident könne nicht aus dem gleichen Haus kommen, das für die Aufsicht des Betriebs zuständig sei. Nun argumentiert man, das Statec sei im Grunde eine vom Wirtschaftsministerium unabhängige Institution und Serge Allegrezza über alle Zweifel erhaben. Partick Nickels, Regierungsrat erster Klasse im Wirtschaftsministerium, ist für die Präsidentschaft der SNCI gesetzt. Etienne Reuter, erster Regierungsrat im Finanzministerium, soll die Vize-Präsidentschaft der SNCI übernehmen. Somit bleibt das Gleichgewicht zwischen Finanz- und Wirtschaftsministerium an der Spitze der staatlichen Förderbank erhalten. Sie soll nach Jahren ohne Direktor – Georges Bollig, der 2004 ausschied, wurde als solcher bisher nie ersetzt – mit Emmanuel Baumann, erster Regierungsrat im Mittelstandsministerium, wieder einen Direktor erhalten.
Die BGL BNP Paribas, deren Vorsitz Reinesch seit der staatlichen Rettungsaktion von Fortis im Herbst 2008 innehatte, soll wiederum Georges Heinrich, Schatzamtsdirektor, übernehmen, der aktuell Aufsichtskommissar der Banque et caisse d’épargne de l’État (BCEE) ist und Luxemburg in den Verwaltungsräten der europäischen Rettungsschirme EFSF und ESM vertritt. Als Aufsichtskommissar ist Heinrich an den Entscheidungen des BCEE-Verwaltungsrats nicht beteiligt, und auf Nachfrage im Finanzministerium heißt es, die CSSF sehe keinen Interessenkonflikt, wenn Heinrich den Vorsitz der BGL übernimmt. Die interne Analyse habe ergeben, dass auch die Mandate bei ESM und EFSF nicht gegen den Vorsitz der BGL sprechen, weil die Verwaltungsräte der beiden Rettungsschirme keine Entscheidungen im Zusamenhang mit dem Tagesgeschäft treffen. Wann diese Personalie im Kabinett diskutiert wird, beziehungsweise wann der BGL-Verwaltungsrat tagen wird, um den neuen Präsidenten zu küren, ist noch offen.
Bei der Cargolux hat Reinesch sein Mandat bereits abgegeben, dort wird künftig Patrick Nickels die SNCI vertreten, ein Wechsel, der dieser Tage im Handelsregister eingetragen wird. Dadurch erhält auch das Wirtschaftsministerium wieder direkten Zugang zum Cargolux-Verwaltungsrat. Nach dem Kapital-Umbau vergangenes Jahr war dies zum Leidwesen des Wirtschaftsministeriums nicht mehr der Fall.
Mathias Foehr
Catégories: Politique économique
Édition: 22.11.2012