Premier Jean-Claude Juncker erwähnte es kurz am 9. Mai in seinerErklärung zur Lage der Nation: das Landesplanungsgesetz werde geändert. Landesplanungsminister Jean-Marie Halsdorf (CSV) wurde etwas deutlicher auf einer Pressekonferenz am Donnerstag vergangener Woche: Gedacht sei vor allem daran, „ausführendeFlächennutzungspläne“ zu schaffen. „Denn wie sollen wir“,fragte er, „unsere sektoriellen Pläne umsetzen?“
So viele Plan-Begrifflichkeiten. Dahinter versteckt sich, dass es bei den Überlegungen zur Gesetzesreform um eine Zäsur in der Landesplanung geht und womöglich um eine ganz beträchtliche Einschränkung der planerischen Demokratie, die das aktuelle Gesetz noch vorsieht.
Denn nicht umsonst ist es in der Öffentlichkeit so still geworden um die Landesplanung, verglichen mit der letzten Legislatur: Damals begann die Master-Planung für die Neunutzung der Industriebrache Belval – mit Einbeziehung der Öffentlichkeit. Ab Anfang 2002 ließ die Regierung zweieinhalb Jahre lang am IVL-Konzept arbeiten; regelmäßig wurden Gemeindevertreter und die Presse zu Konferenzen über IVL-Zwischenetappen eingeladen. Und die Beamten von Halsdorfs Vorgänger Michel Wolter beriefen ab etwa 2003 eine Konferenz nach der anderen ein, um Bevölkerung, Architekten, Promoteuren und Gemeindeverantwortlichenbeizubringen, dass man endlich „anders bauen und wohnen“ müsse.
Und heute? – Allen gegenteiligen Vermutungen, die man hegen könnte, zum Trotz geschieht sehr viel. Vier „sektorielle Pläne“ sind in Arbeit: über den Transport (zur Festlegung landesweiter Korridore für Verkehrsmittel), den Wohnungsbau, über Aktivitätszonen (zur Festlegung dafür jeweils prioritärer Standorte) sowie über dieAbgrenzung besonders schützenswerter Landschaften. Das sind planerische Großprojekte. Dass weder die Öffentlichlichkeit, noch die Gemeinden etwas davon mitbekommen, ist so gewollt: Laut Landesplanungsgesetz sind solche Planungen Regierungssache.Federführend ist der jeweilige Ressortminister; der Landesplanungsminister koordiniert den Austausch mit anderen Ressorts. Die Gemeinden erhalten erst den endgültigen Planentwurf und haben drei Monate Zeit für ihren Avis. Anschließend setztdie Regierung den Plan per großherzoglicher Verordnung in Kraft.
Es gibt jedoch ein Problem, wenn es darum geht, solche Pläne vor Ort, in den Gemeinden „schnell“ umzusetzen, wie der Premier es sich am 9. Mai wünschte: Ein sektorieller Plan kann nur „ortsscharf“ sein, aber nicht „parzellenscharf“. Er kann festlegen, dass etwa auf dem Gebiet der Gemeinde X eine Fläche für einen bestimmten Zweck reserviert werden soll, aber nicht, welche genau. Das müssten die Gemeinden in ihren allgemeinen Bebauungsplänenregeln – hätten dabei jedoch einige Manövriermasse. Auszuschließenist es nicht, dass der ganze Vorgang lange dauert. Es könnte auch zu Zielkonflikten einer staatlichen mit einer kommunalen Planungshoheit kommen. Mit einem „Flächennutzungsplan“ wird das vermieden. Er ist parzellenscharf, wird rechtlich bindend, soll jedoch, weil ein Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinden, laut Artikel 12 des Landesplanungsgesetzes vor allem für solche Zonen erstellt werden, „pour lesquelles il échet d‘arrêter avec un degré de précision suffisante les charges et les servitudes grevant les propriétés et les contraintes d‘aménagement découlant d‘utilité publique“.
Wahrscheinlich wird die Suche nach einem politischen Konsens über einen „ausführenden Flächennutzungsplan“, der die Gemeindeautonomie nicht zu sehr einschränkt, die Regierung aber dennoch zufrieden stellt, nicht leicht werden. Aber noch einProblem stellt sich: Es ist nicht so, dass im Landesplanungsgesetz der„Umsetzungsfrage“ nicht Rechnung getragen worden wäre. Das Gesetz sieht neben sektoriellen Plänen auch „Regionalpläne“ vor, die in den sechs RegionenNorden, Zentrum-Norden, Süden, Zentrum-Süden, Osten und Westen aufzustellen sind. „Parzellenscharf“ sind auch sie nicht. Doch bei der Ausarbeitung von Regionalplänen sind laut Gesetz die Gemeinden von Beginn an mit im Boot, planen mit und dürften somit anschließend ziemlich problemlos ihre Bebauungspläne präzisieren. Für die Regionalplanung sollen sektorielle Pläne eigentlich die Inputs liefern.
Dass es bis heute keine Regionalpläne gibt, obwohl das Landesplanungsministerium sie eigentlich initiieren müsste, wird stets mit der „Langwierigkeit“, den „Problemen vor Ort“ und dem „fehlenden Willen zur interkommunalen Zusammenarbeit“begründet. Doch seit dem Amtsantritt Jean-Marie Halsdorfs wurdenRegionalpläne hinter die sektoriellen zurückgestellt. Nicht einmal derRegionalplan Westen, dessen Ausarbeitung unter Michel Wolter schon ziemlich weit gediehen war, wurde weiterverfolgt. Und das Planungssyndikat Pro-Sud, das einen Regionalplan für den Süden ausarbeiten soll – den nunmehr ersten landesweit – muss sich Informationen über das, was auf sektorieller Ebene geschieht,mühsam erstreiten. Allerdings: eher bei anderen Ressorts als beim Landesplanungsministerium.
In einer solchen Situation ruft die Ankündigung „ausführender Flächennutzungspläne“ ein ungutes Gefühl hervor. Mag über solche Pläne auch etwas „Gutes“ durchgesetzt werden können: Dass die Regionalplanung noch nicht läuft, darf nicht etwa ein Grund sein,sie abzuschaffen oder überflüssig zu machen. Sonst droht Demokratieverlust, und Raumplanung erfolgt nur noch hoheitlich durch den Staat. Dass dieser Ansatz zu rascheren Resultaten verhilft, ist zu guter Letzt auch nicht garantiert: Es könnte sein, dass er in langwierige Diskussionen mit Gemeinden mündet und zur Konfrontation mit Bürgerinitiativen führt, die es heute noch nicht gibt.