Medizin studieren in Luxemburg? Das erste Jahr eines Medizinstudiums konnte schon ab 1969 heiheem absolviert werden, nachdem die Cours universitaires eingerichtet worden waren. Als 1974 die sozialliberale Regierung das Cunlux schuf, das Centre universitaire luxembourgeois, blieb die Sektion Medizin eine von vier an der Abteilung Sciences. Wer das erste Jahr erfolgreich überstand, erhielt ein Certificat d’études scientifiques (CES).
Aus den Siebzigerjahren datieren auch die ersten Abmachungen mit ausländischen Hochschulen über die Anerkennung des Luxemburger CES und für Absolventen der Cours universitaires reservierte Plätze. Der erste Deal wurde mit Belgien abgeschlossen. Ein Arrêté royal von König Baudouin stellte ab 9. Januar 1970 die Luxemburger CES – in Medizin wie in anderen Fächern – belgischen Diplomen gleich. Wer sein Cunlux-Stu-dium fortsetzen wollte, konnte das damit im Prinzip an sämtlichen belgischen Universitäten tun.
Allerdings wurde nie schriftlich festgehalten, dass Luxemburger Studenten einen bevorzugten Zugang auf eine gewisse Zahl von Plätzen an bestimmten belgischen Unis hätten, auch im Fach Medizin nicht. In Vereinbarungen, die das Cunlux mit deutschen und französischen Universitäten traf, war das dagegen der Fall. Was das Centre universitaire mit den Universitäten in Nancy, Straßburg und Paris abgemacht hatte, wurde 1975, 1978 und 1982 sogar Gegenstand luxemburgisch-französischer Staatsverträge.
Deshalb gelten die insgesamt 34 in Straßburg, Nancy und Paris für Absolventen des ersten Jahres im Bachelor-Studiengang Life Sciences der Uni Luxemburg reservierten Plätze in Medizin noch heute als „unproblematisch“, wie man sich im Hochschulministerium ausdrückt. Die Plätze in Deutschland an nordrhein-westfälischen und bayerischen Universitäten sind zwar ebenfalls nicht gefährdet, aber immerhin: In den vom Cunlux in den Achtzigerjahren eingegangenen Vereinbarungen steht, „nur die jahrgangsbesten“ Absolventen des Luxemburger ersten Jahrs in Medizin würden nach Deutschland delegiert. Und sie müssen Staatsbürger Luxemburgs sein.
Mit Belgien begann der Ärger 2006, als die französischsprachige Gemeinschaft eine Quotenregel für non-résidents erließ und, ohne Luxemburg vorzuwarnen, der freie Zugang zu den wallonischen Unis im Fach Medizin ebenfalls abgeschafft werden sollte. Dass an drei Unis dennoch jeweils fünf Studienplätze zur Verfügung stünden, handelte daraufhin Pierre Seck, der damals an der Luxemburger Uni für die Medizin-Ausbildung verantwortliche Professor, mit den medizinischen Fakultäten in Louvain, Brüssel und Lüttich aus. Doch das waren Deals auf Fakultäts- und Uni-Ebene. Formalisiert zwischen Luxemburg und Wallonien wurden sie nicht. Deshalb fällt, wer an diesen drei Unis sein in Luxemburg begonnenes Medizinstudium fortsetzen will, unter dieselbe von der wallonischen Regierung 2012 endgültig auch auf Medizin ausgedehnte Quotenregel wie alle nicht in Belgien Ansässigen. Mag sie sich auch eigentlich gegen Studenten aus Frankreich richten, die in Wallonien dem französischen Numerus clausus in der Medizin und dem schwierigen Concours nach der Grundausbildung entgehen wollen. Und mag auch Baudouins mittlerweile 44 Jahre alter Erlass noch immer in Kraft sein und so tun, als seien belgische und luxemburgische Studenten irgendwie dasselbe.