Hillary Clinton versus Donald Trump

Wer ist besser für Europa?

d'Lëtzebuerger Land vom 11.03.2016

Die Wahl des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Ereignis, dessen Bedeutung weit über die Frage hinausgeht, wer das Land regieren wird. Der US-Präsident ist seit langer Zeit der mächtigste Mann der Erde. Und sollte es im nächsten Jahr erstmals eine Frau sein, ändert das nichts daran, dass der mächtigste Mensch seiner Macht entsprechend die Geschicke der Welt so sehr beeinflussen kann wie kaum ein anderer. Man ist geneigt den Spruch „unsere Währung, euer Problem“, der schon lange über den Dollar kursiert, umzuwandeln in „unser Präsident, euer Problem“. Das galt insbesondere für George W. Bush, der mit dem Irakkrieg nicht nur unzählige Menschenleben ausgelöscht, sondern auch die Ressourcen Amerikas verschleudert hat. Und zwar in einem solchen Maße, dass die USA, die vor seinem Amtsantritt die Großmacht des Planeten waren, acht Jahre später nur noch als die größte Macht unter mehreren fungierte.

Barack Obama hat das verstanden. Nicht weil er schon kurz nach seinem Amtsantritt den Friedensnobelpreis erhielt, hat er eine für Amerika ungewohnt zurückhaltende Außenpolitik umgesetzt, sondern vor allem, weil die Bürger der USA kriegsmüde waren und das Kleingeld für große Aktionen nicht mehr im Tresor lag. Obama hat voll auf den billigeren Drohnenkrieg gesetzt und hat, weil er die Order jedes Mal unterschreiben muss, wahrscheinlich mehr Menschen unmittelbar getötet als sein Vorgänger. Obama wurde gewählt, weil er den größtmöglichen Kontrast zu George W. Bush darstellte und die Gefahr, dass sich das Muster mit Donald Trump wiederholt, lässt sich womöglich erst am Tag der Präsidentenwahl im November abwenden.

Alle reden über Trump und die große Mehrzahl der Europäer findet ihn unsäglich. Sein Vater soll ihm das Lebensmotto „be a killer“ mit auf den Weg gegeben haben. Insofern kann man ihm die Eignung zum US-Präsidenten schlecht absprechen. Deshalb sagt er auch, dass er mit dem russischen Präsidenten gut auskommen würde. Die beiden sind insofern vom gleichen Kaliber, als dass sie mit Halbstarken-Gehabe von der Straße Politik machen. Wer glaubwürdiger droht, kommt besser weg. Glaubwürdig drohen kann aber nur derjenige, der innerlich bereit ist, angedrohte Schreckensszenarien auch umzusetzen. Das bedeutet aber keineswegs, dass ein möglicher Präsident Trump Wladimir Putin den roten Teppich ausrollen würde, eher im Gegenteil. Donald Trump würde sich zum Beispiel in das Ukrainedossier einarbeiten und dann mit Putin in einer Sprache sprechen, die dem russischen Präsidenten unmittelbar klarmachte, was er zu erwarten hat. Ob das gut für die Europäer und ihre angeschlagene Union wäre, dürften diese dann zeitnah über Twitter erfahren.

Auf Hillary Clinton dagegen könnten sich die Europäer verlassen. Als Außenministerin hat sie – weil ihr Präsident es so wollte – einen unauffälligen, aber dennoch guten Job gemacht. Sie hat in vier Amtsjahren so viele Länder besucht wie noch kein US-Außenminister zuvor in so kurzer Zeit. In Syrien hatte sie sich früh, aber vergebens für eine aktivere Politik eingesetzt. 2012, am Ende ihrer Amtszeit, war sie die beliebteste Politikerin der USA. Das wäre sie gerne heute noch, doch sie wird von vielen nur mit zusammengebissenen Zähnen gewählt werden. Das gilt nicht nur für die Republikaner mit außenpolitischer Erfahrung, die sich am 2. März mit einem offenen Brief gegen eine Kandidatur von Donald Trump zu Wort gemeldet haben, weil sie Angst haben, dass ein Präsident Trump ein außenpolitisches Desaster anrichten wird. Das gilt auch für viele Demokraten, die Hillary Clinton für eine opportunistische Lügnerin halten. In Wahlkampfzeiten wettert sie zum Beispiel regelmäßig gegen Handelsabkommen. Das war so bei ihrer Kampagne für einen Sitz im Senat im Jahr 2000, beim Kampf um die Nominierung für die Präsidentschaft 2007/2008 und das ist auch heute wieder so. Dazwischen aber ist sie eine entschiedene Befürworterin diverser internationaler Handelsabkommen. Als Senatorin hat sie allen zur Abstimmung gebrachten Handelsabkommen zugestimmt. 2012 hat sie über das transpazifische Abkommen geurteilt, dem sie heute genauso wie TTIP ablehnend gegenübersteht, es sei der Goldstandard in Handelsabkommen für offenen, freien, transparenten und fairen Handel.

Das britische Magazin The Economist, das den Finger nah am amerikanischen Pulsschlag hat, versucht immer, auch den schlimmsten Entwicklungen noch positive Kollateralschäden abzugewinnen. Vergangene Woche sprach es in seinem Leitartikel die Hoffnung aus, der aktuelle US-Präsidentschaftswahlkampf könnte dazu führen, dass sich die Parteien im Land erneuern müssten. So um die Ecke gedacht, wäre Trump der bessere Präsident für die Europäer. Mit ihm würden sie schnell begreifen, dass sie in Zukunft für sich selbst sorgen müssen. Der Schock könnte heilsam sein. Der Krieg in der Ukraine und Millionen von Flüchtlingen haben diesen Erkenntnisgewinn jedenfalls bisher nicht zu Wege gebracht. Donald Trump ist das gleichgültig. Für ihn gilt nur: The show must go on.

Christoph Nick
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