Als Déi Gréng im Spätsommer 2013 ihre Kampagne für die vorgezogenen Parlamentswahlen starteten, kündigte ihr Programm unter anderem an: „Déi Gréng werden die Besteuerung von Privat- und Betriebsautos so gestalten, dass schadstoffarme Modelle bevorzugt werden.“
Wie sich das verstehen lassen konnte, hatten die damaligen Abgeordneten François Bausch und Camille Gira schon vorher in einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag geschrieben. Er betraf die Firmenwagen: Anschaffungs- und Unterhaltskosten können von der Betriebssteuer abgesetzt werden. Die beiden Grünen wollten die Absetzbarkeit innerhalb von sieben Jahren senken, aber abhängig vom CO2-Ausstoß eines Autos machen. Fahrzeuge, die nicht mehr als 90 Gramm pro Kilometer abgeben, sollten auch 2020 nicht stärker besteuert werden als heute. Für Autos, die 60 Gramm pro Kilometer nicht überschreiten, was derzeit nur Plug-in-Hybrid- und Elektroautos schaffen, hätte es zu Beginn der siebenjährigen Übergangsperiode einen 25-prozentigen Bonus gegeben, zum Schluss noch immer 15 Prozent. Für Firmenwagen mit 180 Gramm pro Kilometer dagegen sollten zunächst nur noch 60 Prozent der Kosten absetzbar sein und gegen Ende der Übergangszeit 50 Prozent. Ende Januar 2013, mitten in einem Autofestival, rechneten Bausch und Gira vor, ihre neuen Regeln hätten nicht nur eine ökologische „Lenkungswirkung“, sondern brächten bis zu 65 Millionen Euro an neuen jährlichen Steuereinnahmen.
Ändern wollte der grüne Vorschlag auch die Besteuerung jener Firmenwagen, die Führungskräften als Bonus zum Gehalt zur freien persönlichen Verfügung gestellt werden. Ein Betrieb setzt Anschaffung und Unterhalt dieser Autos ebenfalls von seiner Gewinnsteuer ab. Doch der private Dienstwagen ist für den damit Beglückten schon heute nicht kostenlos: Monatlich werden ihm 1,5 Prozent vom Neupreis des Fahrzeugs plus die reguläre Mehrwertsteuer als virtueller Zusatzverdienst aufs Bruttogehalt aufgeschlagen. Dadurch werden mehr Sozialabgaben und mehr Lohnsteuer fällig. Den aktuellen 1,5-Prozent-Satz wollten Bausch und Gira lediglich für die CO2-ärmsten Fahrzeuge mit weniger als 60 Gramm pro Kilometer beibehalten, und das auch nur in den ersten drei Jahren der siebenjährigen Übergangsphase. Ab dem sechsten Jahr sollte er bei 1,75 Prozent liegen. Der Satz für CO2-Schleudern mit über 200 Gramm pro Kilometer sollte sich dann, zum Vergleich, auf drei Prozent verdoppelt haben.
Solange die CSV-LSAP-Regierung amtierte, waren die Aussichten auf Umsetzung für den Gesetzesvorschlag gering. Das Juncker-Asselborn-Kabinett äußerte sich nie dazu. Was wahrscheinlich daran lag, dass 2007 eine Regierungsinitiative zur Änderung der Betriebswagenbesteuerung als Teil der allgemeinen Autosteuerreform wieder zurückgezogen worden war. Dem Staatsrat gefiel der grüne Vorschlag ebenfalls nicht: Seine „CO2-abhängige Philosophie“ sei „etwas ganz Neues“ und mache das bestehende System von Betriebs- und Lohnsteuer „komplexer statt einfacher“. Gehe es um Autos und Ökologie, sei es besser, die gefahrenen Kilometer oder den Kraftstoffverbrauch zu besteuern, statt den Umweg über Unternehmensgewinne und Gehälter zu gehen, philosophierte der Staatsrat seinerseits und teilte aus Sorge um die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen ein paar formelle Einwände aus.
Doch seit dem 3. Dezember 2013 gehören Déi Gréng der Regierung an, sind François Bausch und Camille Gira Minister beziehungsweise Staatssekretär im Nachhaltigkeitsministerium, und schon am 12. Dezember 2013 entschied die Versammlung der Fraktionspräsidenten der Abgeordnetenkammer mit der neuen blau-rot-grünen Mehrheit, den politisch von vielen tot geglaubten Gesetzesvorschlag zurück auf den Instanzenweg und ins Arbeitsprogramm des parlamentarischen Nachhaltigkeitsausschusses zu bringen. An der neuen politischen Konstellation liegt es, dass Ernest Pirsch, Präsident des Autohändlerverbands Fegarlux, vor zwei Wochen öffentlich erklärte: Selbst mit dem derzeitigen virtuellen Zusatzgehalt aus 1,5 Prozent vom Neupreis plus TVA seien Dienstwagen „gerade noch“ attraktiv. Hebe man den Satz an, gefährde man nicht nur das Leasing-Geschäft, sondern auch die Umsätze der Autohändler und damit natürlich Arbeitsplätze. Wolle die Regierung das?
Was die Regierung will, dürfte erst im Zuge der geplanten „großen Steuerreform“ öffentlich werden. Doch über die beginnen dieses Jahr die Diskussionen; da war der Einwurf des Fegarlux-Vorsitzenden ein kleiner Präventivschlag. Und eine Erinnerung, dass die Parlamentsfraktion von Déi Gréng schon im Mai 2013 Besuch von Vertretern der beiden Händlerverbände Fegarlux und Adal, der Confédération du commerce und der FLVV, der Fédération luxembourgeoise des loueurs de véhicules, erhalten hatte. Die rechneten den grünen Politikern damals vor, dass der Staat statt 65 Millionen Euro jährlicher Steuereinnahmen zu gewinnen, 110 Millionen verlieren könnte, sich obendrein auf bis zu 1 300 neue Arbeitslose einstellen müsste und auf einen PKW-Bestand, der mehr statt weniger CO2 absondert.
Warum? Weil in Luxemburg das Leasing-Geschäft mit Firmenwagen einen bedeutenden Teil des Neuwagenmarkts ausmacht. Jeder zweite neu zugelassene PKW ist ein Firmenwagen und jeder fünfte im PKW-Bestand ist einer: fast 75 000 Autos waren es Ende 2012. Dass der Firmenwagenanteil am Bestand viel kleiner ist als der an den Neuzulassungen, liegt daran, dass Firmenwagen meist nach drei bis vier Jahren durch die Leasingfirma als Secondhand-Auto weiterverkauft werden – manche auch schon viel früher, das Durchschnittsalter von Leasing-PKW liegt bei 18 Monaten. Dadurch sinkt in der Gesamtstatistik die mittlere Lebensdauer eines neuen PKW, ehe er weiterverkauft wird, hierzulande auf ziemlich spektakuläre 4,8 Jahre. Bei Privat-PKW liegt sie bei rund acht Jahren, gar nicht viel anders als im Ausland. Da die Autohersteller schon aufgrund von EU-Vorschriften einen Jahr für Jahr immer größer werdenden Anteil CO2-armer Neuwagen produzieren müssen, könnte über einen durch ehemalige Firmenwagen jung gehaltenen Secondhand-Markt und durch viel Neuwagen-Leasing der PKW-Bestand insgesamt tatsächlich emissionsärmer werden, als wenn das Leasing-Geschäft abnähme.
Allerdings wurde noch nicht untersucht, wie „ökologisch“ der PKW-Bestand im Lande ist, und auch beim Leasing-Verband FLVV ist nicht bekannt, wie emissionsarm die Firmenwagen tatsächlich sind. Man weiß jedoch, dass die damit belohnten Führungskräfte eine „sozioprofessionelle Kategorie für sich“ bilden, die sich eher für komfortable und besser ausgestattete Autos interessiert, die schwerer sind und mehr CO2 abgeben. Sicher ist der ökologische Vorteil aus dem Firmenwagengeschäft nicht.
Doch in erster Linie wird es ohnehin um Ökonomie gehen, falls, wie vor acht Jahren, erneut über die Firmenwagenbesteuerung diskutiert wird. Dass der ökonomische Vorteil für einen Firmenwagennutzer so groß nicht sei, können FLVV und Autohändler ziemlich detailliert argumentieren: Bei den aktuellen 1,5 Prozent auf dem Anschaffungspreis plus TVA werde das daraus entstehende virtuelle Zusatzgehalt so hoch, dass mit den so erhöhten Sozial- und Lohnsteuerabgaben ein typischer Firmenwagen nach vier Jahren Laufdauer zu 75 Prozent besteuert wäre. Stiege der Satz auch nur auf 1,75 Prozent, dann könne, je nach dem Neupreis des Autos, die Bilanz nach vier Jahren negativ ausfallen. Händler und Leasing-Verband fürchten, dass dann, wer heute noch einen Firmenwagen fährt, anstelle dieses Extras mehr Gehalt verlangt und sich das Auto seiner Wahl lieber privat kauft.
Doch weil von den rund 75 000 Firmenwagen im Privatgebrauch schätzungsweise 25 000 bis 35 000 von Grenzpendlern gefahren werden, würden diese ihr Auto womöglich nicht in Luxemburg erstehen und auch nicht hier warten lassen. Dadurch, rechnete der Leasing-Verband beim Besuch in der grünen Fraktion vor, könnten 13,5 Prozent der Neuwagenverkäufe oder 177 Millionen Euro Umsatz bei den Händlern verloren gehen, sowie sechs Prozent ihres Service-Geschäfts oder weitere 58,6 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Weil sich unter den neuen Bedingungen der Secondhand-Markt langsamer erneuern würde, werde es weitere 239 Millionen Euro Umsatzverlust geben. Summa summarum eine Einbuße von 21 Prozent im Gesamt-Jahresumsatz oder 475 Millionen Euro. Im Autohandel könnten dann 15 Prozent der Jobs in Gefahr geraten, bei den Leasingfirmen fast zwei Drittel. Die Beschäftigung in der Branche sänke um 18 Prozent oder 1 315 Vollzeitstellen.
Die Regierung hat dem bisher noch nichts entgegnet. Auch der Kritik am ersten Teil von Bauschs und Giras Reformideen von 2013 nicht, die die Absetzbarkeit von Anschaffungs- und Unterhaltskosten von der Betriebssteuer betrafen. Der Leasing-Verband hatte bilanziert, pro Jahr würden nicht 220 Millionen Euro an Firmenwagenkosten von der Unternehmenssteuer abgesetzt, wie Déi Gréng vor zwei Jahren schätzten, sondern 558 Millionen. Davon aber werde die Staatskasse durch die CO2-abhängigen Abschläge keine 65 Millionen Euro zurückgewinnen, sondern nur 25 Millionen. Falls jedoch obendrein das Leasing-Geschäft einbräche durch den Wegfall der Grenzpendler als Firmenwagen-Nutzer, und hierzulande weniger Autos verkauft, gewartet, besteuert und versichert würden, müsse man statt mit Mehreinnahmen mit einem Steuerausfall aus mehreren Quellen von insgesamt 110 Millionen Euro rechnen.
Händler und Leasing-Verband meinen, bei Lage der Dinge bestehe die einzige vernünftige Lösung darin, für ökologischere Firmenwagen steuerliche Erleichterungen einzuführen. Beziehungsweise großzügigere Erleichterungen, als Déi Gréng sie vor zwei Jahren gewähren wollten. Vom Land kontaktierte Händler sind ziemlich optimistisch, dass das auch geschieht. Oder alles bleibt, wie es ist.