Bad Bank. Im vollen Namen „Bad Debt Bank“ oder „Bank für schlechte Verpflichtungen“, oder Abwicklungsbank oder Auffangbank. Nach Definition ist dies ein gesondertes Kreditinstitut zur Aufnahme von Derivaten und Zertifikaten von in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Emittenten und zur Abwicklung so genannter notleidender oder fauler Kredite sanierungsbedürftiger Banken. Ziel ist es, Ausfallrisiken auf Dritte, eben die Abwicklungsbank, zu übertragen. Seit der Finanzkrise des ausgehenden vergangenen Jahrzehnts ist dies ein bekanntes Konstrukt der Bankenwelt. Telegen gesprochen, verspricht das spannende Verwicklungen, Entwicklungen, Intrigen in der dubiosen, zwielichtigen, selbstüberschätzten, korrupten Welt der globalen Finanzströme, berichtet von Staatsbankrotten und erzählt von Investmentbanker im Anblick des Existenzminimums – mitsamt exotischer Handlungsorten auf den Caymaninseln im Rosamunde Pilcher-Setting, in den Hinterzimmern des Vatikans oder auch in einer Spelunke in Stadtgrund Luxemburgs. Mit politisch inkorrekten Männern und immer neuen undurchsichtigen Finanzprodukten, die nur dazu erfunden werden, um den Gewinn zu maximieren und die Steuern zu sparen. Spannender Stoff für eine Fernsehserie. Es sei denn, das Zweite Deutsche Fernsehen nimmt sich dieser Thematik an. Heraus kommt dann Bad Banks. Ein sechsteiliger Episodenfilm. Mit luxemburgischer Beteiligung. Iris Productions sorgt für den internationalen Flair und dafür, dass es Wortfetzen und Halbsätze in Luxemburgisch gibt. Einige davon werden untertitelt.
Die Serie erzählt in sechs Folgen die Geschichte der deutschen Jungbankerin Jana Liekam, gespielt von Paula Beer, der eines Tages der Job bei einer luxemburgischen Bank gekündigt wird, in der Papa im Aufsichtsrat sitzt und Sohnemann (Marc Limpach) ein wenig spielen darf. Dabei hat Liekam sich im Großherzogtum so herrlich bequem eingerichtet, der adrette Freund und dessen Tochter aus einer anderen Beziehung geben die gepflegte Familienkulisse in einem schick eingerichteten Appartement. Da bleibt keine lange Vakanz. Sie wird an die Deutsche Global Invest in Frankfurt am Main vermittelt. Gabriel Fenger (Barry Atsma), der neue Chef des dortigen Investmentbankings, nimmt sich der talentierten, überfliegenden Liekam an. Den Deal eingefädelt hat Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch) – klingt ein wenig nach Christine Lagarde – ein Fernsehzuschauer, der Böses dabei denkt –, die selbstredend irgendwann eine Gegenleistung fordert. Und weil es nur sechs Folgen gibt, bleibt wenig Zeit für Geplänkel, da muss es direkt zur Sache gehen. Liekam, Fenger, Leblanc – damit ist das Dreieckskonstrukt der Protagonisten aufgebaut: engagierte Jungbankerin im H&M-Chick, die sich plötzlich in der Glanzwelt der Frankfurter Börsenwelt wiederfindet, trifft auf bösen, skrupellosen Investmentbanker, der mit dem Fahrrad durchs Büro fährt, anschließend vor seinen Angestelltinnen das Hemd wechselt, sowie der Grauen Eminenz aus Luxemburg, die mit der ganzen Welt noch eine Rechnung und eine Flasche Rotwein offen hat. Die Auftakt-Rückblende wird zu Beginn der letzten Folge als Intro zum großen Crash genutzt.
Die Serie ist nach der „How does she do it“-Erzählweise aufgebaut. Eine Vorschausequenz zum Start der ersten Folge zeigt den Zusammenbruch der fiktiven Deutschen Global Invest mit entsprechendem Crash des Finanz- und Bankensystems. Luxemburg, Deutschland, Europa und die ganze Welt vor einer neuen Finanzkrise, weitaus schlimmer als die historische vor zehn Jahren. Dann die Rückblende „Luxemburg, acht Wochen vorher“, heile Welt in der großherzoglichen Vorstadt um 5:28 Uhr morgens. Es beginnt die chronologische Erzählung, die unvermeidlich auf die große Katastrophe zusteuert. Dabei ordnet sich alles dem Wohl und Wehe, der Genese und dem Charakter der Hauptdarstellerin unter. Schnell, sehr schnell ist die Unterteilung der Welt in Gut und Böse geschaffen, bekommt der Bösewicht ein paar nette Züge, die Bösewichtin noch das ein oder andere mütterliche Attribut ins Drehbuch geschrieben. Die Charaktere sind holzschnittartig gezeichnet. Der blasse Kollege hat tiefe Abgründe in seiner Seele, die Kollegin mit thailändischem Migrationshintergrund darf ihre Brüste raushängen lassen. Das ist gewagt. Das gab es noch nie. Das ist neu.
Die Serie hält sich nicht mit tiefen Studien über das Wesen der Banker und die Welt der Finanzströme auf. Klischees müssen reichen. Auch auf die Erklärung von Bankprodukten und Prozedere bei der Finanzierung von Großprojekten wird komplett verzichtet. Irgendetwas in Leipzig muss „geclosed“ werden, und das in vier Wochen, was – warum auch immer – verdammt knapp ist. In etwas weniger als sechs Stunden Erzählzeit hält sich die Serie nicht an lästigen Details auf; die hätte der Zuschauer ohnehin bis zur nächsten Folge vergessen. Er wird nicht damit überfrachtet, nachvollziehen zu können, wie ein kleines Rad die gesamte Maschinerie zur Implosion bringen kann und – vor allen Dingen – warum es keine Kontrollmechanismen gibt. Die Bankenwelt wird in eben jenem Haifischkapitalismus dargestellt, den man seit der letzten Finanzkrise eigentlich überwunden glaubt oder glaubte. Die Story bleibt recht simpel, auch wenn der Geheimdienst mitspielen und eine Enthüllungsplattform im Internet den Deus Ex Macchina gibt, geht es konventionell zu in Schnitt und Regie, in Drehbuch und Kostüm, ein wenig wie Das Erbe der Guldenburgs oder Ein Fall für Zwei. Nur eben in der Bankenwelt. „Keiner will der Letzte sein, der das Licht ausmacht.“ Mit nettem Gimmick, wenn Telefonate eingehen. „Das hier ist meine Privatnummer. Keine Anrufe auf meinem Diensthandy“, raunzt Leblanc die Liekam an. Der Zuschauer bemerkt erstaunt, auch Vorstandsmitglieder von Banken haben ein Privatleben. Und ein zweites Smartphone mit Rufnummernübertragung.
Die Serie wurde von der luxemburgischen Iris Productions koproduziert, mit Unterstützung des Film Fund Luxemburgs. Premiere feierten die ersten beiden Episoden bei der diesjährigen Berlinale, sowie diese Woche beim Luxembourg City Film Festival. Beim Betrachten der Serie wünschte man sich mehr luxemburgisches Selbstbewusstsein, das der Serie ein wenig mehr Pepp und vielleicht an der ein und anderes Stelle einen anderen Impetus mit mehr Wagemut gegeben hätte. In seinen Pressedossiers und Folgenbeschreibungen jedenfalls lässt das ZDF Luxemburg zum Fürstentum verkommen. Vielleicht auch weil Wunschpartner Liechtenstein drei Tage vor Drehbeginn kalte Füße um die vielen Briefkastenfirmen bekam. Im Ergebnis ist es eine nette Kartoffelchips-Serie, die für einen verregneten Märzsonntagnachmittag taugt.