Greg Lamy ist ein außergewöhnlicher Teamplayer. Das kommt nicht nur bei seinen Live-Auftritten zur Geltung. Auch auf seinen Alben fühlt sich der luxemburgische Gitarrist mit Wurzeln in New Orleans vor allem dann pudelwohl, wenn er im Ensemble ist. Ganz deutlich legte Greg Lamy seine Fähigkeit, sich auf seine Partner einzulassen, offen, als er 2011 im Rahmen seiner letzten Scheibe mit dem brillanten portugiesischen Gitarristen Paulo Simoes musizierte und für das Jazz Guitar Duo with Marc Demuth auch noch den begnadeten Kontrabassisten mit ins Boot nahm.
Wahrhaft aufzublühen allerdings scheint der Gitarrist in der Runde seines Greg Lamy Quartet, das der Jazz-Musiker seit 2007 gemeinsam mit dem Saxophonisten Johannes Müller, dem Bassisten Gautier Laurent und dem Schlagzeuger Jean-Marc Robin bildet. Die Symbiose zwischen den vier Künstlern hat sofort geklappt. 2009 hatten Lamy, Mueller, Laurent und Robin ihren ersten großen Plattenerfolg mit I see you! Jetzt hat das Greg Lamy Quartet sein zweites Album Meeting herausgebracht. Wie die Debüt-CD ist es im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Label Igloo Records entstanden.
Wechselten sich bei Lamys letztem Album noch seine eigenen Stücke mit einer Mehrzahl an Cover-Versionen von Philip Catherine, Jim Hall oder Stevie Wonder ab, so stehen bei Meeting eindeutig Lamys Eigenkompositionen im Mittelpunkt. Reverenz wird lediglich dem großen George Gershwin mit der letzten Nummer des Albums erwiesen: einem wundervoll verträumten, unglaublich sensiblen Summertime. Greg Lamy kennt die Handschrift seiner großen Vorbilder Wes Montgomery, Pat Metheny oder Mick Goodrick ganz genau. Am Bostoner Berklee College of Music und am Trinity College in London kam er mit der Musik der Dinosaurier des Geschäfts in Berührung. Das hört man. Dennoch ist Lamys Stil ein sehr eigensinniger, ein sehr individueller. Sein Zugang zum Jazz kommt über den Ensembleklang seines Quartetts, über Klangbalance und Stimmungen. Lamys Kompositionen sind kein bröseliges Amalgam aus Solonummern. Sie sind dichte, kompakte, extrem feinfühlige und nicht zuletzt sehr entspannende Musik.
Lamy, so hat man das Gefühl, geht dieser Ensembleklang über alles. La Déferlante kommt als wundervoll melancholische Ballade daher, die mit Lamys kultivierten, akribisch nuancierten Griffen fast schon Züge von kammermusikalischem Klavierspiel hat, dazu das breit orgelnde, stimmungsvoll gelassene Saxophon von Johannes Müller. Ähnlich charakteristisch, dicht und stilvoll kommt Lamys Spielkultur in der Nummer zehn, Tout simplement, zur Geltung. Das Stück Éclipse gibt sich mit der atmosphärischen Bassstimmung, dem seichten Beat von Jean-Marc Robin, den elegant-flinken Läufen von Johannes Müller und natürlich dem subtilen Gitarrenspiel von Greg Lamy als perfektes musikalisches Chillout. Selbstverständlich gibt es auf diesem Album jede Menge solistischen Spaß. Es überwiegt aber das fantastische Zusammenspiel dieser vier durch und durch aufeinander abgestimmten Musiker – ein Quartett, dem Greg Lamy seine ganz persönliche Note gegeben hat.
Claire Barthelemy
Catégories: Rock, pop, electro
Édition: 29.11.2013