Die Popularität, die vergangene Trip-Hop-Bands heute immer noch genießen, beweist, dass das Genre alles andere als vergessen ist. Doch Fans müssen nicht in der Vergangenheit schwelgen, denn Trip Hop vom Feinsten wird immer noch produziert. Das Luxemburger Duo Synthesis beweisen dies mit ihrer ersten EP.
Es beginnt mit einer warmen Synthie-Melodie und quietschenden Blips, die vor einem bevorstehenden Unheil warnen. Doch noch bevor dieses losbricht, kündigt eine zaghafte Melodie den zweite Titel, Dear Dear, an. Hier hält das Duo jedoch nichts zurück. Von der ersten Strophe, die sich sofort ins Gedächtnis gräbt, bis hin zum 80-er Beat, der sich später in clubreife Elektro-Sphären verwandelt, stellt das Stück die musikalische Vielfalt von Deborah Lehnen und Michael Gatti dar. Die unterliegende, ängstlich-verzweifelte Stimmung zieht sich durch alle Songs. In Aching Mind singt Deborah Lehnen von plagenden Gedanken, die einen in der Nacht heimsuchen und einfach nicht loslassen wollen. Der satte Bass und klimpernde Effekte, die an gedämpfte Disco-Gitarren erinnern, werden auch hier in der zweiten Hälfte von unheilverkündenden Synthieteppichen begleitet. Dieser Übergang ist jedoch weniger mitreißend als jener in Dear Dear.
Melancholie scheint Deborah Lehnens ungeschliffener Soul-Stimme am besten zu liegen. Ihr Gesang sorgt für Gänsehaut in Nana, ein Song, der ein wenig an die bedrückenden Ruhe vor einem Unwetter erinnert. Eine unbekannte Männerstimme, die in einem sehr alt klingenden Sample bedrohlich vor sich hin singt, trägt zur schauerlichen Stimmung bei. Ist dieses Lied Teil eines uralten Rituals?, fragt man sich, während der treibende Beat den Nacken in Bewegung bringt. Nicht nur die Existenzangst, die aus Nana herauszuhören ist, sondern auch der clevere Gebrauch von Samples erinnert an Größen wie Portishead, eine Band, die den Sound von Synthesis sicherlich beeinflusst hat.
Die beiden Musiker von Synthesis beschreiben ihr Werk zwar als Trip-Hop, doch Soul-Elemente ragen in Songs wie Lifeline, einem der chilligeren Stücke, sehr stark heraus. Man versteht sehr gut, wieso Deborah Lehnen momentan eine der gefragtesten Sängerinnen ist. Sie trägt die Melodien mit einer derart sinnlichen Tiefe vor, dass man sich komplett in ihrer Stimme verliert. The One, eines der kürzeren Stücke, ist eine zartbittere Ballade, die zunächst ein wenig eintönig dahinrieselt. Der Moment, in dem Deborah Lehnen jedoch in hohen Tönen „Would you care for me?“ fragt, wird zum Höhepunkt des Songs. Diese Melodie tritt allerdings leider nur einmal im Stück auf. Turn Around ist einer der schwächeren Songs, dessen Melodien nicht richtig mitreißen wollen. Neben exzellenten Stücken wie Nana und Dear Dear wirkt Turn Around eher wie eine Demo, die noch ausgearbeitet werden könnte.
Trotzdem haben Synthesis mit ihrer EP den perfekten Soundtrack zum Ausklang des Sommers geschaffen. Denn wenn die lauwarmen Tage langsam kürzer werden und man neben melancholischem Gesang doch gerne noch ein paar Sommerbeats genießen will, bietet Human den perfekten Kompromiss. Die Platte klingt musikalisch und auch atmosphärisch sehr homogen und hat definitiv bereits die Reife eines Longplayers. Von den sieben Titeln werden die meisten schnell zu Ohrwürmern, was die Vorfreude auf ein Album nur noch größer werden lässt. Mit dem jetzigen Album liegt die Latte jedenfalls bereits sehr hoch.