Am selben Tag, als vergangene Woche in Paris 20 Menschen bei Terroranschlägen ums Leben kamen, hinterlegte der grüne Justizminister Félix Braz gleich drei Gesetzentwürfe im Parlament, um das gesetzliche Arsenal zum Kampf gegen den Terrorismus zu vergrößern. Die Gesetzentwürfe waren allerdings schon am 17. Dezember vom Regierungsrat gutgeheißen und am 29. Dezember vom Großherzog für den Instanzenweg freigegeben worden. Umso schneller sollen sie nun verabschiedet werden.
Nicht nach den Bombenanschlägen inländischer Terroristen in den Achtzigerjahren, sondern erst nach dem Angriff ausländischer Terroristen auf das New Yorker World Trade Center fand der bis dahin durch Angriffe auf die Staatssicherheit hinreichend abgedeckte Straftatbestand des Terrorismus 2003 ausdrücklich Eingang in das Strafgesetzbuch. 2010 waren die entsprechenden Artikel schon zu einem eigenen Kapitel des Strafgesetzbuchs, Du terrorisme, angewachsen, das dann 2012 noch einmal kräftig erweitert wurde.
Ein Gesetzentwurf soll die rezenten Bestimmungen der Strafprozessordnung über die Vorratsdatenspeicherung bei Handy- und Internetfirmen wieder ändern, weil der Europäische Gerichtshof vergangenes Jahr fand, dass die zugrundeliegende Europäische Richtlinie die Privatsphäre der Bürger nicht ausreichend schütze. Statt den Ermittlungsbehörden den Zugang zu Datenvorräten bei Straftaten zu erlauben, auf die mindestens ein Jahr Gefängnis steht, soll die Strafprozessordnung künftig 33 Straftatkategorien einzeln aufzählen.
Zu diesen Straftaten gehören erwartungsgemäß Terrorismus und weitere Schwerverbrechen, aber auch Auktionsbetrug, Fälschung und Antiquitätenschmuggel. Außerdem soll das Datenschutzgesetz Strafbestimmungen für Firmen vorsehen, welche die Kundendaten nicht nach der gesetzlichen Frist unwiederbringbar löschen. Die Novellierung der in der Opposition lange von den Grünen bekämpften Vorratsdatenspeicherung dürfte nach den Anschlägen von Paris selbst den grünen Wählern leichter fallen.
Ein zweiter Gesetzentwurf soll ein Abkommen mit den USA über die verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen das Schwerverbrechen ratifizieren. Es soll vor allem im Interesse der Terrorismusverhütung, also nicht bloß der Strafverfolgung, erlauben, den US-Behörden automatisch und ohne internationale Rechtshilfegesuche Fingerabdrücke und DNA-Profile von Personen zur Verfügung zu stellen. Die Ratifizierung entspricht zwar nicht ganz der offiziellen Entrüstung über den Kontrollwahn der amerikainsichen National Security Agency (NSA). Aber falls Luxemburg das Abkommen nicht ratifiziert, schließen die USA es vom Visa Waiver Program aus, mit dem US-Reisende sich ihre Einreisevisa gegen Gebühr über Internet selbst ausstellen können.
Eine Neuerung ist schließlich der dritte Gesetzentwurf, der auf einer schwer zu definierenden Grundlage Rechte einschränkt, für die in den vergangenen Tagen wiederholt demonstriert wurde, wie die Meinungs- und Pressefreiheit oder die Reisefreizügigkeit. So soll nun nicht bloß unter Strafe gestellt werden, sich für Terroranschläge rekrutieren zu lassen. Auch der direkte oder „indirekte“ Aufruf zu Terroranschlägen bei Veranstaltungen, in der Presse, über Internet oder in geschlossenen Internetforen soll bestraft werden sowie – im Verein mit der Beschaffung von Waffen oder Recherchen über Terrortechniken – sogar die gewohnheitsmäßige Lektüre solcher Internetseiten.
Leute, die wegen einer zum Terrorismus gezählten Straftat verurteilt werden, sollen zudem künftig auf Entscheidung des Richters für ein Jahr daran gehindert werden können, das Land zu verlassen, und ihren Pass oder ihren Personalausweis abgeben müssen. Allerdings gilt dies nur für Luxemburger Staatsangehörige, und es ist nicht klar, ob sich viele Luxemburger Staatsangehörige unter den salafistischen Gotteskriegern befinden.
Das an die Loi destinée à empêcher la participation d’étrangers à la guerre civile d’Espagne von 1937 anknüpfende Ausreiseverbot soll eine Bestimmung aus dem französischen Gesetz vom 13. November vergangenen Jahres gegen „entreprises terroristes individuelles“ übernehmen, nach US-Vorbild auch „lonely wolves“ genannt. Was potenzielle „lonely wolves“ hierzulande anbelangt, schätzte der Minister für innere Sicherheit, Etienne Schneider (LSAP) am Samstag in einem Rundfunkgespräch: „Wir dürften zwei Handvoll Leute haben, die im Risiko der Radikalisierung sind, beziehungsweise sechs, die sich klar bekennen und nach Syrien disloziert haben.“
All diese Gesetzentwürfe wurden schon vor dem 7. Januar verfasst. In Frankreich, aber auch auf EU-Ebene, wird schon – wie nach jedem Anschlag – darüber beraten, bald eine weitere Verschärfung des Strafrechts vorzunehmen. So dass die drei Gesetzentwürfe von Minister Braz nicht die letzten sein dürften. Und obwohl im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen gerade die Geheimdienste tragisch versagt haben, dürfte nun sogar die vom Staatsrat in Grund und Boden verdammte Reform des Nachrichtendienstes (d’Land, 9.1.2015) leichter durchzusetzen sein.