Fernweh. Nichts liegt dem Menschen näher als von besseren Welten, fernen Zielen, glücklichen Zeiten an schönen Plätzen zu träumen. Sehnsuchtsorte. Der luxemburgische Autor Jean Back hat in seinem neuen Erzählband Kreuz und mehr: Reisen ins Himmelblau und ein Weihnachtsmärchen Erinnerungen an seine Reisen in sechs verschiedene Länder zusammengetragen. Es geht nach Italien, nach Portugal, nach Deutschland. Im Taxi, im Flugzeug, in der Erinnerung. An lauen Tagen, in kalten Nächten, auf Durchreise. Back wandelt durch die Welt und lässt den Leser zurück im Momentum seiner eigenen Zeit, seiner eigenen Befindlichkeit und im Dasein seiner selbst. Der Autor nimmt vieles mit auf seine Reisen, nur nicht den Leser.
Back, 1953 in Düdelingen geboren, ist Autor, Fotograf, Cineast und Kunstenthusiast. Er war Mitbegründer und Direktor des Centre national de l’audiovisuel (CNA). Für sein Werk Amateur erhielt er 2010 den Europäischen Literaturpreis, seine Monologsammlung Zalto Mortale schaffte es 2016 auf die Shortlist des Lëtzebuerger Buchpräis. Nun sein neuestes Werk, die zweite Zusammenarbeit mit den Éditions Guy Binsfeld.
Darin geht es nun kreuz und quer durch Raum und Zeit. Back formt seine literarischen Reisen als permanenten Bewusstseinsstrom, der seine Impulse aus flüchtigen Begegnungen, dem großen Ganzen oder Ausblicken und Anblicken bezieht. Dem Leser erschließen sich diese Sichtweisen und Erlebniswelten kaum – und schon gar nicht, wenn man einige dieser Orte selbst durchschritten hat. Die Assoziationen bleiben im Ungenauen, die Erzählungen zu Orten und Zeiten verlieren sich in einem Dickicht des Erzählers, der seine Leser vor vollendete Anblicke stellt, denn diese in sein Erleben einzubeziehen. Es fehlt den Erzählungen die Erzählung, den Geschichten die Geschichte, dem Erlebten das Erlebte: „Den Erzählungen liegen tatsächliche Fahrten zugrunde, doch jede Distanz, die man zurücklegt, misst den Raum der Fiktion Länge mal Breite mal Höhe, sei es im Flugzeug, im Taxi in Portugal oder Albanien, im Stadtpark von Skopje oder in einer Dachkammer in der Hiehl“, heißt es etwa im Begleittext zum Werk, an den man sich klammert, um zu entdecken, was einem allzu leicht verborgen bleibt. „Dabei berührt die Überschreitung von Grenzen auch immer die Sehnsucht nach dem Unbekannten, nach kreuz und mehr.“ Ja, es ist manchmal ein Kreuz mit dem Leser – und mehr noch mit dem Rezensenten.
Der nicht beurteilen vermag, ob die Erzählungen von Back nun Fiktion sind, oder „doch als Tagebuch erscheinen, als lustvolle, hin und wieder ironische Notizen zu Personen und Kulturen“.Dazu geraten die Eindrücke und Erlebnisse, die zu den Erzählungen aufbereitet werden, oft allzu subjektiv und in willkürlicher Aneinanderreihung, als dass sie eine Geschlossenheit ergeben, in denen Gedanken, Ereignisse und Handlungen ihren Raum und ihren Rahmen erhalten. Es sind Hölzchen-Stöckchen-Aneinanderreihungen, die Abkürzungen und Sonderzeichen – selbst im Buchtitel – erhalten, was man in der Literatur selten vorfindet. Dort wird ausgeschrieben, was ausgeschrieben gehört, so viel Zeit muss sein.
Jean Backs Kreuz und mehr ist ein launiger Band, der vor allen denjenigen Leserinnen und Lesern ein Gewinn ist, die den Autor persönlich kennen, seine Launen und Gedankensprünge, seine Familie und Freunde. Dann mag es ein vergnügliches Leseerlebnis sein, das einer Weltenreise durch die Erdenkreis des Jean Back gleicht. Von außen betrachtet ist es ein nüchterner Band, der weder Tagebuch, noch Reisebericht, noch Erzählung, noch Novelle ist, alles versucht zu vereinen und daran dann doch scheitert.