Freudig lächelnd und stilsicher gekleidet folgte Martine Hansen am Sonntagabend ihren Kollegen aus dem CSV-Nationalrat in den Festsaal des Alvisse-Parc-Hotels in Dommeldingen. Der große Augenblick war gekommen. Es war nur wenige Minuten, bevor der ehemalige Premier und CSV-Spitzenkandidat, Jean-Claude Juncker, seine Worte an die Basis richten und den Führungsanspruch seiner Partei erklären würde.Dass auch die deutlichen Stimmenverluste ihrer Partei Hansens gute Laune nicht wirklich trüben konnten, lag sicherlich an den persönlichen guten Nachrichten. Da stand bereits fest, dass die Kurzzeit-Hochschulministerin es geschafft hatte und ihr gemeinsam mit Marco Schank im Norden der Einzug ins Parlament direkt gelungen war.
Das ist eine Leistung, schließlich war die ehemalige Direktorin der Ettelbrücker Ackerbauschule erst durch die Umbildung des Ministerrats in Regierungsverantwortung katapultiert worden und zuvor nicht weiter parteipolitisch aufgefallen. In der Parteibasis hatte ihre katapultartige Karriere für Murren gesorgt, Langzeitpolitiker wie der Ettelbrücker Bürgermeister Jean-Paul Schaaf sollen über ihre Nominierung zerknirscht gewesen sein. Nun hat sie es allen gezeigt: 16 838 der Wähler im Norden stimmten für sie, damit landete Hansen sogar vor ihrem Widersacher Schaaf, der nur rund 11 000 Stimmen erhielt und den Einzug ins Parlament verfehlte.
Ebenso bequem verlief der Einzug der CSV-Frauen im Osten, Françoise Hetto-Gaasch und Octavie Modert, auch wenn die Christlich-Sozialen dort einen Sitz verloren. Mit dem Ministerbonus im Gepäck segelten Hetto-Gaasch und Modert allen anderen Kontrahenten bei den persönlichen Stimmen davon. Vor allem Hetto-Gaasch konnte ihr persönliches Ergebnis von 11 689 auf 14 281 Stimmen verbessern und liegt jetzt sogar vor Modert im Osten an der Spitze der Beliebtheitsskala.
Ansonsten gibt es von diesen Wahlen aber nicht viele weibliche Erfolgsstorys zu erzählen. Zwar sind im vorläufigen Parlament mit 14 gewählten Kandidatinnen zwei Frauen mehr als noch in der vorigen Legislaturperiode. Doch vergleicht man die Anzahl derer, die bei den letzten Wahlen zunächst in die Abgeordnetenkammer gewählt worden waren, ist die Tendenz sogar leicht rückläufig: 23,33 Prozent Frauenanteil diesmal gegenüber 25 Prozent bei den Wahlen 2009, wie der Frauenrat CNFL in seiner Wahlanalyse feststellt.
Überraschen dürfte das allerdings niemand. Die Frauen des CNFL hatten davor gewarnt und dies Jahr für Jahr neu beanstandet: Viele Frauen stehen auf den Kandidatenlisten unter ferner liefen. Obschon wegen der neu gegründeten Parteien Piraten und PID insgesamt deutlich mehr Kandidaten ins Rennen starteten, profitierten die Frauen kaum davon. Ihr Anteil an den Listen betrug bei dieser Parlamentswahl 34,4 gegenüber 34,1 Prozent im Jahr 2009.
Selbst die CSV, die die meisten Frauen ins Parlament schicken kann, hatte ihre 30-Prozent-Quote diesmal im Norden bei der Aufstellung der Listen deutlich verfehlt. Immerhin hat mit Hansen eine Nord-Kandidatin gewonnen. Die Grüne Christiane Wickler scheiterte knapp. Im Zentrum schaffte lediglich eine Christlich-Soziale auf Anhieb den Sprung ins Parlament: Die Ökonomin Diane Adehm wurde mit 18 665 Stimmen wieder gewählt.
Bei der LSAP sieht es dagegen erwartungsgemäß mager aus. Im Osten eroberte die Grevenmacher Gemeinderätin Tess Burton – das zweite Mal bei Landeswahlen dabei, aber auf nationaler Bühne eher unbekannt – nach dem Ex-Arbeitsminister Nicolas Schmit die meisten Stimmen für die Ostsektion der Partei. Je nachdem, ob die Dreier-Koalition am Ende stehen sollte und wer als Minister in die neue Regierung wechselt, könnte ihr noch nachträglich den Einzug ins Parlament gelingen.In ihrem Wahlprogramm machten sich die Sozia-listen neuerdings für gesetzliche Geschlechterquoten stark, doch auf den eigenen Listen sah es ziemlich dünn aus: Die Partei bezahlt einmal mehr den Preis dafür, in all den Jahren kaum junge Frauen aufgebaut zu haben. Sicher, die Escher Bürgermeisterin Lydia Mutsch konnte sich als Viertplatzierte im Süden behaupten, anders Claudia Dall’Agnoll, die es nicht auf Anhieb ins Parlament schaffte, sondern der Jungsozialistin Taina Bofferding, die knapp 200 Stimmen mehr erhielt, den Vortritt lassen muss. Politische Neulinge wie Catia Conçalves im Süden oder Fran-cine Closener im Zentrum wurden in letzter Minute angeheuert. Immerhin: Die ehemalige RTL-Journalistin Closener erzielte mit ihrem fünften Platz im Zentrum einen Achtungserfolg.
Die frühere RTL-Journalistin Corinne Cahen war am Sonntagabend der weibliche Shooting star der DP: Der Unternehmerin und ehemaligen Vorsitzenden des hauptstädtischen Geschäftsverbands gelang auf Anhieb der Einzug ins Parlament und sie liegt mit 13 822 Stimmen sogar noch vor dem Arzt Alexandre Krieps und dem Walferdinger Bürgermeister Guy Arendt. Die DP, die im Zentrum einen Sitz hinzugewinnen konnte, schickt mit Lydie Polfer, Anne Brasseur, Simone Beissel und Cahen vier populäre Frauen ins Parlament – womit sich die Aussage Polfers bestätigt, dass es nicht die Quoten (allein) seien, sondern im Luxemburger Panaschage-Wahlsystem eben vor allem die Popularität zähle. Die Forderung nach einer Geschlechterquote könnte übrigens eines der Opfer sein, das LSAP und Grüne für eine mögliche Koalition mit der DP bringen müssten: Die Liberalen sind seit jeher strikt gegen Quoten.
Dass die Quote alleine keine Garantie für die politische Karriere von Frauen ist, diese Erfahrung müssen auch die Grünen machen, bei denen es in punkto Frauenanteil nach den Wahlen nicht viel besser aussieht als vor den Wahlen. Die junge Anwältin Sam Tanson erzielte im Zentrum zwar ein passables Resultat, es sollte aber nicht reichen. Obwohl vor allem Parteisprecherin Tanson bei Pressekonferenzen und Rundtischgesprächen mit von der Partie war, hat die kurze Zeit im Rampenlicht nicht ausgereicht, um die Wähler zu überzeugen. Dass der Frauenanteil bei den Grünen nach diesen Wahlen nicht noch mehr gesunken ist, liegt lediglich daran, dass der grüne Sitz, der der Partei im Zentrum verlustig geht, zuvor von einem männlichen Kollegen, dem Merscher Abgeordneten Claude Adam, gehalten wurde.
Bleibt die Frage, was die Parteien noch tun können, um Frauen besser zu fördern. Bei Fernsehauftritten und Podiumsdiskussionen waren die jungen Leute (auch die Frauen) dieses Jahr wesentlich präsenter als es bei den vergangenen Wahlen der Fall war. Aber auch das hilft nur bedingt, um männerdominierte Politikbastionen einzunehmen: Bei den bei diesen Wahlen ebenfalls siegreichen déi Lénk, die am meisten Frauen auf ihren Kandidatenlisten hatten, wird mit Justin Turpel der zweite Parlamentssitz an einen Mann gehen. Wie es scheint, profitiert von der bei déi Lénk gepflegten Rotation wiederum ein Mann: David Wagner erzielte in der Hauptstadt den zweitbesten Score, im Süden ist es der Escher Gemeinderat Marc Baum vor der Staatsbeamtin Patricia Arendt aus Sassenheim. Wer die Machtverhältnisse ändern will, wie déi Lénk stets proklamiert, muss entweder noch Jahrzehnte warten oder sich dafür einsetzen, dass das Wahlsystem von Grund auf geändert wird. Kurzfristig könnte man(n) der nächstgewählten Frau den Vortritt lassen. Aber das wäre ja altmodisch.