In den Werkhallen des Differdinger 1535° ist es Anfang Januar noch recht still. In dem lichtdurchfluteten Raum, in dem die Ecosigner Laura Ly Folschette und Olli Eickholt ihr Büro eingerichtet haben, ist es aufgeräumt und doch gemütlich. Eine Sofaecke, Pflanzen, Holzdielen, und an jeder Ecke finden sich sorgsam sortiert Entwürfe, Anzeigen von Ausstellungen, Plakate. An einer kleinen Espressomaschine brüht Olli Eickolt einen starken Kaffee, bevor die beiden erzählen. Davon, wie sie sich während des Studiums in Köln an der Akademie für Gestaltung kennenlernten, von den Vorzügen der Selbstständigkeit in ihrem Beruf und den Vorzügen Luxemburgs, wo die Wege kurz sind. Die Gründung von Kontext, das bedeutete für Laura Ly Folschette vor allem mehr Raum für Kreativität: „Als Designer hat man eine gewisse Verantwortung. Kann man ihr nicht nachkommen, ist es schwer, den Alltag zu bewältigen.“ Dafür müsse man in dem Beruf zu viel und lange arbeiten.
Kennengelernt haben sich die beiden 2005 an der Ecosign, einer Uni mit dem Schwerpunkt „nachhaltiges Design“ – und so wollten sie irgendwann auch gestalten. Nach Erfahrungen in diversen Agenturen gründeten sie 2014 ihre eigene, tüfteln seitdem gemeinsam an Projektideen und entwerfen Konzepte. Anfangs fehlte ihnen noch der Mut vor dem Sprung ins kalte Wasser. „Aber dann war einfach der Wunsch da, einmal konkret so zu arbeiten, wie wir es für richtig halten“, erinnert sich Laura Ly.
Was Kontext von herkömmlichen Grafik-Design-Agenturen unterscheide? „Dass wir versuchen, in die Tiefe zu gehen, also uns wirklich mit der Thematik beschäftigen und tatsächlich eine Entsprechung zu visualisieren“, fasst Olli Eickholt es in Worte. „Und wir wollen, dass unser Ergebnis auch dem entspricht, was der Kunde uns gezeigt hat.“ Die Konzeption, die gute Recherche sowohl inhaltlich als auch gestalterisch seien dabei wichtige Punkte, bevor es an die Umsetzung gehe. Am Ende stehe nicht, dass etwas hübsch gemacht oder geschmückt sei, sondern der Inhalt und die Frage: Worum geht es hier eigentlich?
Die Palette ihrer Kunden ist mittlerweile breit: Die Gemeinde Differdingen, Myenergy, im letzten Jahr das CNA bis hin zum IMS, für das sie eine Kampagne zu „Handicap und Beschäftigung“ mitentworfen haben. – Ein Projekt, bei dem es darum ging, Arbeitgeber zu motivieren, mehr Menschen mit einer Behinderung einzustellen. „Uns war dabei wichtig zu zeigen, dass alles gar nicht so kompliziert ist. Oft muss man nicht das ganze Gebäude umbauen, um jemanden einzustellen“, so Laura Ly. Trotzdem nähmen viele Betriebe lieber die Strafzahlungen hin. Oder: Gerade haben sie das Corporate Design von De Biobuttek, dem neuen Bioladen in Differdingen, entworfen. Die Abwechslung mache ihren Beruf spannend.
Was an ihrer Arbeitsweise und ihren Ergebnissen ist nachhaltig? „Öko ist sicher nur ein Aspekt!“, meint Laura Ly, das Wichtigste an ihrer konzeptionellen Arbeitsweise sei, dass sie auch inhaltlich in die Tiefe gehen würden. „Ein Papier auszuwählen, das ökologisch sinnvoll ist, ist das eine“, meint Olli Eickholt. Das andere sei die Überlegung, ob braunes Öko-Papier wirklich das Richtige ist oder ob ein anderes Papier nicht vielleicht eher passt, weil es den Inhalt besser transportiert. Der visuelle Aspekt müsse mit dem Ganzen einhergehen. Und sie seien sehr strikt darin, wo sie ihre Aufträge produzieren ließen. „Wenn es geht, in Luxemburg oder nicht zu weit hinter der Grenze. Da lassen wir auch gar nicht mit uns reden“, so Eickholt. Sicher sei es letztlich etwas teurer, wenn man auf ökologische Materialien Wert lege und soziale Aspekte mit einbeziehe. „Das betrifft vor allem die Produktion. Wenn Du darauf Acht gibst, dass die Leute an ihrer Arbeit auch etwas verdienen, entstehen fast automatisch höhere Kosten“, erklärt Laura Ly. Das sei eben das Prinzip „Gestaltung braucht eine Haltung“. „Du musst eine Entscheidung treffen, welche Projekte Du nimmst.“
Die Herausforderung, immer wieder aufs Neue treffende Ideen zu entwickeln, scheint für die beiden nicht so groß. „Man schnappt überall Dinge auf, aber ja, Ausstellungen besuchen oder ab und an in eine Großstadt gehen, hilft auch!“, sagt Olli mit einem Augenzwinkern. Entscheidend sei ohnehin, dass man einfach die Augen aufmache und bewusst durch die Welt gehe, glaubt Laura Ly.
Eine pulsierende Großstadt ist Differdingen nicht gerade. Doch erweist sich der auf den ersten Blick abgelegene Arbeitsplatz aus ihrer Sicht als Vorteil. „Das 1535° ist in der Kreativbranche fast so etwas wie ein Magnet, wo die Leute automatisch hinkommen – ohne, dass wir aktiv nach draußen gehen müssen“, so Laura Ly. Traumhafte Arbeitsbedingungen also? Klingt ganz danach. Risiken gebe es, klar. „Was bei uns immer spannend ist, das ist der Kontakt mit den Kunden, weil wir sehr stur sind.“ „Eher streng!“, beschwichtigt ihr Kollege. „Denn wir wissen, was die beste Lösung ist“, meinen die beiden selbstbewusst. Es sei zwar schon ganz lustig, in welch wilde Diskussionen man mit den Kunden gerate. Doch nachher komme man dann gemeinsam auf den richtigen Weg.
Vorbilder haben sie im engen Sinn keine, aber während des Studiums entdeckten sie Velvet, eine Kommunikationsagentur aus Luzern, für sich. Man merke an deren Arbeiten, „dass die sich wirklich mit Kultur beschäftigen“, meint Olli Eickholt. „Die machen einfach schlaue Sachen!“, schwärmt Laura Ly. Aber auch in Luxemburg gebe es viel Potenzial.
Mit Agenturen, die auf reine Werbung setzen, haben die beiden ein Problem. Denn da gehe es wohl nicht ohne den Rückgriff auf Stereotype. Oft seien die Zielgruppen das Problem. „Klassische Werbung ist deshalb nichts für uns!“, sagt Laura Ly entschieden. Aber man müsse auch unterscheiden zwischen Kommunikationsdesign und Werbung. Heißt das, an das Nation Branding Luxemburgs hätten sie sich nicht gewagt? „Das hätten wir anders gemacht! Wir finden das schon ein bisschen schwierig, was dabei herausgekommen ist.“ Inhaltlich hätte man sich wirklich stärker auf Luxemburg beziehen können, sind sie sich sicher. Gelungen ist in ihren Augen hingegen das Stadt-Branding für Porto der Fotoagentur Studio White. Das Resultat sei einfach gut, weil es sich wirklich mit der Stadt beschäftige und ihre Eigenarten wiedergebe. „So sollte es doch sein. Und nicht so, wie man eigentlich gern wäre. Schauen, wer wir sind und das herausholen!“