Die Forschung müsse zur Schaffung wirtschaftlichen Reichtums beitragen, indem sie mittels der Innovation die Wettbewerbsfähigkeit anrege, heißt in dem Koalitionsabkommen von DP, LSAP und Grünen (S. 116). Aus diesem Grund enthält das Koalitionsabkommen erstmals ein Bekenntnis zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Forschungsbeiträge im Open-Access-Prinzip und die Absicht, die Veröffentlichung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse im Open-Access-Modus zu unterstützen.
Denn nicht nur die Forschungsergebnisse sind ein hart umkämpftes Gut im internationalen Standortwettbewerb, sondern auch ihre Veröffentlichung. In vielen Forschungsbereichen dominieren einige wenige Sprachen, meist das Englische, und einige wenige kommerzielle Fachzeitschriften, meist angelsächsische. Um die angesehensten streiten sich die Autoren aus aller Welt, und ihre Abonnementpreise sind in den letzten Jahren selbst für viele öffentliche Bibliotheken unbezahlbar geworden – obwohl weder die Autoren Honorare bekommen, noch die Gutachter für ihre „peer review“, für die Entscheidung von Fachkollegen über die Veröffentlichungswürdigkeit von Einsendungen.
Weil wissenschaftliche Fachzeitungen zum Verlagssektor mit den höchsten Gewinnmargen geworden sind, entwickelte sich als Gegenbewegung die Gratispresse – auch wenn die etablierten Verlage inzwischen ebenfalls in diesem Segment präsent sind: Aus der rasch wachsenden Zahl von digitalen Open-Access-Zeitschriften können die vollständigen Beiträge kostenlos im Internet heruntergeladen werden; die Veröffentlichung bezahlen die Autoren als Inserenten, manchmal bezuschusst von ihren Institutionen. Somit hat sich, neben der Entwertung intellektueller Arbeit bis hin zum Nulltarif, eine weitere Tendenz des Zeitungswesens im wissenschaftlichen Publikationswesen durchgesetzt: die Ökonomie der anzeigenfinanzierten Gratispresse.
Doch auch akademische Einrichtungen – darunter seit vergangenem Jahr auch die Universität Luxemburg – schaffen digitale Archive, in denen sie die Publikationen ihrer Forscher sammeln und kostenlos zugänglich machen. Auf http://orbilu.uni.lu stehen derzeit rund 8 000 Publikationen.
Die Förderung von Open-Access-Veröffentlichungen war bisher hierzulande kein Thema außerhalb der Universität, der Forschungszentren und Bibliotheken. Es ging auch keine Rede davon in irgendeinem Wahlprogramm, mit Ausnahme desjenigen der Piratenpartei. Dass dieses relativ neue Verlagsmodell für wissenschaftliche Publikationen nun Eingang in das Koalitionsabkommen fand, hat vor allem strategische Bedeutung im internationalen Wettbewerb der Produktionsstandorte. Denn das Koalitionsabkommen verspricht: „L’ « Open Access » permettra notamment de mieux valoriser la production scientifique réalisée au Luxembourg en améliorant de manière générale la visibilité, la diffusion et le nombre de citations des articles publiés par les chercheurs.“
Wenn Luxemburger Forschungsergebnisse frei zugänglich veröffentlicht werden, kann die ganze Welt sie einsehen, also mehr Forscher und mehr Unternehmer als diejenigen, die Zugang zu den sündhaft teuren Fachzeitschriften haben. Auch geschieht die Veröffentlichung oft schneller als in den manchmal nur ein- oder zweimal jährlich erscheinenden Abonnement-Magazinen, wo die Autoren jahrelang auf den Abdruck warten müssen und zittern, dass ihnen ein Konkurrent zuvorkommt.
Wenn mehr Forscher die Beiträge lesen können, werden nicht nur mehr Leute darauf aufmerksam gemacht, dass in Luxemburg geforscht wird, sondern die Beiträge werden auch öfters von Google gefunden und in der Fachliteratur zitiert. Und wie oft ein Autor in den Bibliografien der Kollegen auftaucht, ist eine teilweise zweifelhafte, aber auch hierzulande an der Universität, den öffentlichen Forschungszentren und dem Nationalen Forschungsfonds aufmerksam verfolgte Statistik, die über Forschungsgelder und akademische Titel entscheiden kann.
Der Regierung ging es weniger darum, eine eigene Strategie zur Förderung von Open-Access-Veröffentlichungen auszutüfteln und durchzusetzen, als den akademischen Anhängern des Open-Access-Prinzips ihre Unterstützung zu erklären. Im Koalitionsabkommen heißt es deshalb lediglich, dass die Universität und anderen öffentlichen Forschungseinrichtungen eingeladen werden, im Open-Access-System zu veröffentlichen (S. 118). Die Leitung der Universität beschloss schon 2012, dass all ihre Beschäftigten ihre seit 2009 verfassten Forschungsbeiträge und Vortragstexte binnen eines Monats dem digitalen Archiv der Universität für eine Open-Access-Veröffentlichung zustellen müssen.
Daneben verspricht die Regierung, die Ausarbeitung gemeinsamer Richtlinien zur Open-Access-Veröffentlichung zu unterstützen. Solche Richtlinien sind nützlich, weil die Open-Access-Veröffentlichungen auch Risiken bergen, was die Qualität der veröffentlichten Beiträge, den Schutz der Autorenrechte, die Kriterien für die Bezuschussung anbelangt. Auch droht ein Zweiklassensystem von Wissenschaftlern in prestigereichen Magazinen und solchen in Gratispublikationen.
Die von der Regieurng angekündigten Richtlinien gibt es insofern schon, als sich der Nationale Forschungsfonds zu den europäischen Principles for the Transition to Open Access to Research Publication aus dem Jahr 2012 bekennt. Denn wie die Regierung spricht sich auch der Fonds national de la recherche (FNR) für die Open-Access-Veröffentlichungen aus, weil sie den Impact der vom FNR bezuschussten Forschung maximiere, so seine Anfang dieses Jahres veröffentlichten Richtlinien über die Finanzierung wissenschaftlicher Monografien. Der FNR bezuschusst die oft mehrere tausend Euro betragenden Inseratskosten von Veröffentlichungen in Open-Access-Zeitschriften, wenn die Beiträge spätestens binnen sechs Monaten unbeschränkt zugänglich werden.