Wohnungsbaupolitik

Hansen on tour

d'Lëtzebuerger Land vom 13.01.2017

„Wie können wir Ihnen helfen?“ So will Wohnungsbauminister Marc Hansen (DP) die Bürger begrüßen, die sich auf sechs Konferenzen über Vergünstigungen und Beihilfen zum Wohnungsbau informieren. „Selbst die Aufgeklärtesten wissen oft nicht, was es an Unterstützung gibt“, stellt der Minister „immer wieder fest“. Am Mittwoch berief er extra eine Pressekonferenz ein, um zu erklären, „als Minister und politischer Akteur“ nehme er an allen Veranstaltungen teil. Im Gefolge haben wird er Mitarbeiter von Fonds du logement und SNHBM, MyEnergy und der Sozialwohnungsagentur AIS, aber auch Beamte der Steuer- und der Einregistrierungsverwaltung. „Alle werden eigene Stände haben. Da kann man hingehen und bekommt geholfen.“

Die Ähnlichkeit mit der Überlandreise, auf die sich im Herbst Finanzminister Pierre Gramegna begab, um den „Steuerdialog mit den Bürgern“ zu suchen, ist kaum zu übersehen. Weil auch DP-Bildungsminister Claude Meisch auf Tour gehen will, liegt die Vermutung nicht fern, die DP ziehe Wahlkampfveranstaltungen vor.

Werbung in eigener Sache kann der Wohnungsbauminister durchaus gebrauchen. Nicht nur, weil die jüngste Politmonitor-Umfrage für die DP besonders verheerend ausfiel. Ein Jahr und neun Monate vor den nächsten Landeswahlen ist über die Wohnungsbaupolitik im kollektiven Gedächtnis vor allem der Abgang Maggy Nagels als Ministerin und der Rauswurf des CSV-Spitzenbeamten Daniel Miltgen aus dem Vorstand des Fonds du Logement haften geblieben. Die unter Marc Hansens Regie eingeführte Mietsubvention für einkommensschwache Haushalte steht im Ruf, nicht zu wirken: Warum sehr viele Anträge abgelehnt werden, konnte der Minister diese Woche noch nicht erklären; seine Beamten seien jedoch dabei, das zu ermitteln. Die Gefahr, dass es im Wahlkampf 2018 heißen wird, die DP habe im Wohnungsbauministerium keine bessere Figur gemacht als die CSV, ist nicht klein.

Die alleinige Schuld des Ministers ist das nicht. Das Wohnungsbauressort ist wegen des Wohnungsmangels und der weiter steigenden Grundstückspreise mit viel Bedeutung aufgeladen. In der Praxis ist es sehr abhängig von anderen Ministerien: vom Innenministerium, wenn es um Regelungen mit den Gemeinden geht; vom Finanzministerium in Steuerdingen; vom Nachhaltigkeitsministerium in Planungsfragen. Nicht zu vergessen von den beiden öffentlichen Trägern Fonds du Logement und SNHBM sowie den Gemeinden, was den Bau öffentlicher Wohnungen betrifft.

Wenn sich zur Wohnungsbaupolitik eine Feststellung aufdrängt, dann nach wie vor die, dass die gesamte Regierung sich schwertut mit einer Politik, die den Besitzern missfallen könnte: Die Grundsteuerreform wurde verschleppt, Leerstand und Baulücken sollen durch „Anreize“ mobil gemacht werden statt durch Zwangsmaßnahmen, und der im Regierungsprogramm angekündigte „Mietspiegel“, der Vergleiche über die Höhe der Mieten erlauben soll, ist wegen „juristischer Probleme bei der Erfassung der Daten und dem Umgang damit“ noch immer nicht in Sicht.

Wer solche Prioritäten setzt, hilft eher bei der Vermögensbildung als das Wohnungsproblem zu lösen. Von immer mehr Seiten heißt es, auch Mittelschichtenhaushalte könnten sich zunehmend seltener Wohnungsbesitz leisten, und zur Miete zu wohnen dürfe nicht länger in erster Linie als Schicksal für Einkommensschwache mit Sozialarbeiter-Betreuung begriffen werden. Zu einem Politikwechsel, der das Recht auf Wohnen eindeutig über ein vermeintliches Recht auf Besitz stellen würde, hat das noch nicht geführt. Er ist aber auch kaum zu erwarten, da mindestens 80 Prozent der Wahlberechtigten Besitzer sind. Zöge an Marc Hansens Stelle ein CSV-Minister über Land, würde er seine Konferenzgäste ebenfallls fragen: „Wie kann ich Ihnen helfen?“

Peter Feist
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