Die einen frohlocken, die anderen schimpfen: Als Gesundheitsminister Marc Di Bartolomeo (LSAP) am Montag im RTL-Interview seine Pläne wiederholte und einen Gesetzentwurf für ein absolutes Rauchverbot auch in Cafés und Diskotheken noch für Ende dieses Jahres ankündigte, war die Fondation Cancer voll heller Freude – sie hatte ein absolutes Rauchverbot schon bei der Debatte um das Gesetz vom September 2006 gefordert. Hierzulande gilt ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln, Schulen, Kinos, Theater, Museen sowie in Restaurants, die jedoch einen seperaten Raucherraum ausweisen dürfen von bis zu maximal ein Viertel der Gesamtfläche. Cafés und Bars, die Speisen anbieten, unterliegen zudem in der Zeit zwischen 12 und 14 Uhr und von 19 bis 21 Uhr dem Verbot. Spätestens im Jahr 2012 soll das Verbot auf alle Zeiten ausgedehnt werden.
Gar nicht erfreut war deshalb der Gaststätten- und Restaurantverband Horesca, dessen Präsident François Koepp in einem Zeitungsinterview die Ankündigug des Gesundheitsministers mit einem „Schwarzen Montag“ verglich. Sein Vorgänger Jean Schintgen bezeichnete die Aussage des Gesundheitsministers, mit den Betroffenen über die Pläne diskutieren zu wollen, als „Hypokrisie“. Was denn da zu diskutieren sei: „Wenn doch schon alles entschieden ist“, fragt Schintgen. Schon beim Gesetz von 2006 seien viele Einwände der Gaststättenbetreiber nicht berücksichtigt worden. Er habe sich die Mühe gemacht, Ausgangstext und Kompromiss zu verlgeichen: „Vor Rot sieht man die Seite nicht mehr“, so Schintgen. Den Beweis dafür blieb er trotz mehrfacher Nachfrage des Lands schuldig, das Büro konnte die Vorlagen bis zum Redaktionsschluss nicht finden.
Erschwerend kommt für Luxemburgs Wirte hinzu, dass es hierzulande bisher keine verlässliche Studie über die Auswirkungen des Verbots auf die Gaststättenbranche gibt. Nach der Einführung eines Rauchverbots in Bayern gaben in einer Umfrage 67 Prozent der befragten Gastwirte an, Einbußen von bis zu 30 Prozent hinnehmen zu müssen. Zuvor hatte das Statistische Bundesamt sinkende Umsätze bei Kneipen und Restaurants ausgemacht, vor allem Einraumlokale taten sich schwer.
Aber nicht nur die üblichen Lobbygruppen melden sich zu Wort, im Netzwerk Facebook etwa kursiert eine von Eldoradio lancierte Umfrage, bei der Teilnehmer um ihre Meinung zur geplanten Verschärfung befragt werden. Zumindest dort dominiert eine klare Mehrheit für ein absolutes Rauchverbot.
Selbst wenn, was nicht wahrscheinlich ist, der Gesundheitsminister seine Pläne nicht umsetzen würde: Auch in Brüssel wächst die Anti-Rauch-Lobby. Anders als viele meinen, kommen die repressiven Gesetze gegen den gesundheitsschädigenden Qualm nicht von dort. Die Europäische Kommis-sion, zum Teil unterstützt durch das Europäische Parlament, setzt sich zwar seit Jahren dafür ein, den Glimmstengel europaweit verbieten zu lassen. Weil aber Gesundheitspolitik in der Kompetenz der Mitgliedstaaten liegt, blieb es bei einer Absichtserklärung und Empfehlungen. Mit der Tabak-Richtlinie von 2001 wurde der Tabakindustrie das Werben für ihre Zigarettenprodukte erschwert – etwas, das beispielsweise auch Zeitungsverleger in Luxemburg mit Empörung quittierten, brach ihnen damit doch eine wichtige Werbeeinnahmequelle weg. Im Jahr 2008 kündigte der damalige EU-Kommissar für Arbeit, Vladimir Spidla, an, ein umfassendes Rauchverbot an allen Arbeitsplätzen erlassen zu wollen, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Unterstützung erhielt er von der Weltgesundheitsorganisation WHO, die davon ausgeht, dass allein in diesem Jahr weltweit rund sechs Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben werden. Einer Studie des Nordischen Projekts zur Erforschung berufsbedingtem Krebs (NOCCA) von 2009 zufolge haben Kellnerinnen und Kellner das größte Risiko an verschiedenen Krebsarten wie Lungen- oder Leberkrebs zu erkranken, neben Arbeitern in der Tabakindustrie und Bergleuten. In der Studie wurden Gesundheits- und Berufsdaten von rund 15 Millionen Menschen aus fünf europäischen Ländern ausgewertet.
Aus Spidlas Ankündigung wurde jedoch nichts. Auf dem Tisch liegt derzeit nur die Reform der Tabakrichtlinie von 2001 für das Jahr 2012. In der Diskussion sind, neben verschärften Werbeauflagen für Tabakprodukte, etwa der Pflicht, Bilder von Raucherkrankheiten auf Zigarettenverpackungen abzubilden und diese so unattraktiv wie möglich zu gestalten, sowie ein Verbot von Geschmacksverbesserern. Bisher liegt nur der Bericht der Kommission zu den öffentlichen Konsultationen vor. Dabei gingen 85 000 Antworten ein, die Mehrheit von Einzelpersonen, mit ähnlichen Argumenten wie in Luxemburg: viele Einzelpersonen, die eine verschärfte Tabakrichtlinie begrüßen würden, während die Tabakindustrie und Gaststättenbetreiber dagegenhalten und vor Umsatzeinbußen und Arbeitsplatzverlusten warnen. Die Beratungen über ein europaweites Rauchverbot am Arbeitsplatz haben zwar begonnen, aber es sei noch keine Entscheidung über ein förmlichen Vorschlag gefallen, heißt es seitens der Kommission.
Seine Antwort auf wirtschaftliche Argumente jedenfalls hat EU-Gesundheitskommissar John Dalli schon Ende vergangenen Jahres gegeben: Es könne nicht sein, dass der wirtschaftliche Vorteil wichtiger sei als die Gesundheit der Menschen.