Zugegeben: Die Motive in Guy Rewenigs De schéine Männchen sowie deren frei übernommene Vorlage Spill vun der Bidden von Marcel Reuland bieten jedes Potenzial zur Posse aus der Schublade des Dorftheaters. Regisseur Frank Hoffmann inszeniert ein Kammerspiel, das nicht abgelatschter zusammengewürfelt sein könnte: Der sich im selbstoptimierenden Wirtschaftsgeschwätz an seinem eigenen Gesicht euphorisierende Jean-Jacques; Sanny, seine Frau und Mutter seines kürzlich daher geborenen Kleinkindes Nicky; schließlich Clara-Maria, die ständig an ihrem faulen Schwiegersohn herumnörgelnde Mutter. Eine hochtechnologisierte Smart-Home-Welt gerät jäh ins Stocken. Eine Strompanne zwingt die Bewohner zu archaisch-analoger Hausarbeit im Muskelschmalz: Ein Bügelmarathon ist angesagt. De schéine Männchen beschäftigt sich 70 Minuten lang mit der Verhaltensanalyse eines Mannes, der sich mit dieser Arbeit und der geballten Furie seiner weiblichen Mitbewohnerinnen konfrontiert sieht. Eine solche Vorlage hat das Zeug zum Schenkelklopfer.
Marc Baum, Monique Reuter und Brigitte Urhausen liefern sich ein Gender-Gefecht, das jedoch wirklich komisch ist. Urhausen sorgt dazu noch gegen Ende der Inszenierung für einen schauspielerisch starken Moment, als sie nach endlosem Schlucken ihres Frusts angesichts der peinlichen Arbeitsverweigerung ihres Gatten verbal explodiert. Sie schreit ihren Frust, ihren Spott, ihren Ekel in minutenlanger Tirade aus tiefsten Eingeweiden heraus und sorgt so für einen Höhepunkt emotionalen Auswurfs, der ungemein authentisch wirkt.
Marc Baums mimisches und rhetorisches Poten-zial scheint sich im Luxemburgischen besser entfalten zu können. Er liefert die anspruchsvolle Business-Sprech-Szene am Selfie-Stick weitestgehend fehlerlos. Dass Rewenig der Schwiegermutter den Text ähnlich der gesamten Textvorlage von Marcel Reuland, in Verse fasst, mag eine Art stilistischer Bruch und damit einen gewissen Überraschungseffekt bieten. Inhaltlich bereichert diese Form die Figur jedoch kaum.
Es sei Hoffmanns Wunsch gewesen, die von seinem Vater Léopold Hoffmann im Jahre 1946 inszenierte Vorlage Spill vun der Bidden, von Rewenig in moderner Form verfasst, auf die Bühne zu bringen. Und genau hier liegt die zentrale Stärke der Produktion. Dieser Theaterabend im Théâtre national de Luxembourg erweist sich als Füllhorn subtiler Regieeinfälle, die hier nicht alle geschildert werden können.
Jean-Jacques, der selbst ernannte Selfmademan, lässt sein Selfie-Stick einem Satelliten gleich an einem fiktiven Orbit herumkreisen, im tiefen Glauben, die Welt läge ihm mit seinem peinlichen Global-Player-Geschwätze zu Füßen. Realiter glotzt er hingegen nur seine eigene Visage an. Späterhin wird derselbe Stick kurzerhand zur Voodoo-Nadel zweckentfremdet.
Auch die zahllosen Waschkörbe, kniehohen Wachskerzen, Bügelbrett und -eisen werden in einer längeren Choreographie aus dem Backstage-Bereich auf die Bühne geschoben und getragen. Die Müh’ und Not dieser Knochenarbeit zeigt sich dabei an einer spürbaren Beschleunigung beider Frauen, denen Jean-Jacques als mentaler Koordinator mit süffisanten Blicken folgt. Nachdem sich die weibliche Furie entladen hat und den Herrn der Schöpfung zur Mitarbeit drängt, tritt Jean-Jacques auf der Suche nach den Socken in die Waschkörbe, bewegt sich in diesen Plastikschalen zum passenden Wäschebehälter hin, wie in einem schwankenden Schiff auf wogender See. Ein Mann hat eine Mission zu erfüllen. Und sie wird beinhart sein. Es sind eben gerade derart ins Surreale abdriftende Regieeinfälle, dazu noch so manche rätselhaften Licht- und Toneffekte, die aus der Farce De schéine Männchen mehr als nur eine Beziehungsklamotte mit Schenkelklopfern machen. Inhaltich schlicht, wird Rewenigs Text von Hoffmann auf durchdachte und einfallsreiche Weise vertieft und in Szene gesetzt.