In den etwas überstürzten Wahlkampf nach dem vorzeitigen Ende der Regierung Juncker/Asselborn 2013 hatten sich die Unternehmerorganisationen lautstark eingemischt, während die Gewerkschaften überraschend still geblieben waren. Aufgefallen war nur der damalige OGBL-Präsident Jean-Claude Reding, der fand, dass die CSV unwählbar geworden war. Was ihm manche Anerkennung, aber auch Kritik bis in die eigenen Reihen hinein eingebracht hatte.
Auch im derzeitigen Wahlkampf war bis diese Woche kaum etwas von den Gewerkschaften zu hören. Und wenn sie sich nun zu Wort melden, dann um die Wahlprogramme der Parteien zu vergleichen und deren Versprechen zu kommentieren, nicht aber um offensiv Lobbyarbeit für eigene, als Expertentum herausgeputzte Forderungen zu leisten, so wie es die Unternehmerseite tut.
Nach der Sitzung seines Nationalvorstands legte der OGBL am Dienstag einen Vergleich von acht Wahlprogrammen zu einem Dutzend sozialpolitischer Fragen vor. Bei seinen Kommentaren zu diesen Programmpunkten blieben die LSAP, aber auch die Linke und die KPL von Kritiken verschont, vielleicht weil ihre sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Versprechen sich weitgehend mit den Forderungen des OGBL decken. Dagegen kritisierte die größte Gewerkschaft des Landes die rechten und liberalen Parteien umso deutlicher: CSV und DP bekamen ihre Haltung zu einer Mindestlohnerhöhung, einer Arbeitszeitverkürzung, zur Rentenversicherung oder zur Unternehmensbesteuerung vorgehalten. Aber auch Grüne, ADR und Piraten bekamen ihr Fett ab. Die so angestrengte Beweisführung legte unweigerlich die Schlussfolgerung nahe, dass OGBL-Mitglieder oder allgemein Lohnabhängige eigentlich eine der Linksparteien LSAP, Linke oder Kommunisten wählen sollten und von der Wahl von CSV und DP, wohl auch Grünen, ADR und Piraten absehen müssten. Nur dass der OGBL sich hütete, das offen auszusprechen, weil er politisch nicht „neutral“, aber „unabhänig“ sei, so die von Präsident André Roeltgen, aber auch von anderen Berufsorganisationen bevorzugte Erklärung.
Einen solchen Sophismus hat der LCGB nicht nötig. Denn die christliche Gewerkschaft macht keinen Hehl aus ihrer Nähe zu einer Rechtspartei, zur CSV, deren Präsident ein langjähriger LCGB-Funktionär in zweiter Generation ist. Für den LCGB scheint deshalb auch das Aufstellen von Wahlprüfsteinen und der Vergleich von Wahlprogrammen eine überflüssige Anstrengung. So dass er sich derzeit mehr für die Sozialwahlen im März nächsten Jahres als für die Parlamentswahlen nächsten Monat zu interessieren scheint.
Die CGFP veröffentlichte am Donnerstag die Antworten auf ihre Wahlprüfsteine, wobei sie die Parteien erfolgreich gezwungen hatte, in für sie entscheidenden Fragen mit Ja oder Nein zu antworten. Zufrieden konnte die Gewerkschaft melden, dass inzwischen alle acht befragten Parteien gegen die einst von Jean-Claude Juncker angekündigte Kürzung der Anfangsgehälter beim Staat seien und die 80/80/90-Regelung abschaffen wollen, die die CGFP einmal mitunterschrieben hatte. Auch gelobten sämtliche Parteien, die CGFP weiterhin als einzige „authentische“ Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes anzuerkennen. Zwar pflegt die obere Laufbahn im öffentlichen Dienst gerne, CSV oder DP zu wählen, und die LSAP ist insbesondere für die untere und mittlere Laufbahn von der Arbeiter- zur Beamtenpartei geworden. Doch die Wahlprüfsteine der CGFP zeigen, dass diese Gewerkschaft nicht zwischen links und rechts entscheiden muss, weil am Ende irgendwie alle Parteien auf die verbeamtete Wählerschaft spekulieren.