Trouble No More

Trouble, auch ohne Thierry

d'Lëtzebuerger Land du 23.07.2009

Kurzer Aufschrei in der Rue de Bonnevoie: Polizisten verhaften einen Ladendieb, der gerade aus einem Schmuckgeschäft flieht. Die Beamten haben dem Ganoven Handschellen angelegt, bevor der auch nur ansatzweise die Staatsmacht verfluchen kann.

„Cut!“, ruft Bausch. „Happiness?“, fragt ihn sein Assistent. „Happiness!“, antwortet der Regisseur. Die Szene ist im Kasten. Der Dieb, der den Polizeibeamten geradezu in die Arme gelaufen ist, zieht sich nun eine war­me Jacke an. Marco Lorenzini spielt den Bruder des legendären Johnny Chicago; nach dieser Szene hat er eine kurze Auszeit. Doch es gibt mehrere Kriminelle in Andy Bauschs neuem Filmprojekt, auch wenn dieses den Namen Trouble No More trägt. Die nächste Szene verläuft sogar deutlich lauter als die vorige.

Polizisten sollen eine angeschosse­ne Passantin in Sicherheit bringen, während ihre Kollegen zwei Diebe verfolgen. Kurz nachdem die Blutlache auf dem Pflasterstein die richtige Form angenommen hat, fordert Andy Bauschs Assistent absolute Stille von allen Anwesenden. 

„Action!“, ruft Bausch. 

Fast läuft alles perfekt: Die Böller, die einen Schuss nachbilden sollen, sind nicht alle explodiert. Neuer Sprengstoff wird am Auto angebracht. Einer der Polizisten, der die verletzte Frau in Sicherheit ziehen soll, fragt, ob das falsche Blut eigentlich aus den Kleidern auswaschbar sei.

Danach sind es Jorsch (Nilton Martins) und Zisou (Hervé Sogne), die vor der Polizei fliehen. Chuck Mo­reno (Ender Frings) schlängelt sich an einer Wand entlang. Unter seinem Arm klemmt eine Urne. Die kur­zen Dialoge lassen ahnen, dass auch im dritten Teil der Troublemaker-Serie kein Blatt vor den Mund genommen wird – egal in welcher Sprache geschimpft wird.

Obwohl sich jetzt ein paar Schaulustige in der Rue de Bonnevoie eingefunden haben, bleibt das Set ruhig und organisiert. Manchmal laufen Passanten, die trotz Absperrung, Kamera und Filmcrew nichts vom Dreh ahnten, vor die Kamera. Das scheinen die Vorfälle zu sein, bei denen keiner aus der Crew sich das Kichern verkneifen kann. Die Ruhe ist nach ei­nem freundlichen, aber bestimmten Aufklären der verdutzten Passan­ten schnell wieder hergestellt. Alles in allem verläuft der Dreh wie geplant und ohne größere Zwischenfälle. Auch die Mehrsprachigkeit der internationalen Crew steht der Organisation nicht im Wege: das Team scheint perfekt aufeinander abgestimmt zu sein. Bausch ist konzentriert und entspannt zugleich. Nichts deutet darauf hin, dass der Dreh von der Abwesenheit des eigentlichen Hauptdarstellers überschattet wäre.

Viele Fans können sich Trouble No More ohne Thierry van Werveke nicht vorstellen. Dabei war es der Wunsch des verstorbenen Schauspielers, die Trilogie zu Ende zu bringen. „Thierry sagte mir, dass er den Film drehen wollte und wenn es das Letzte wäre, was er in seinem Leben machen würde. Zu dem Zeitpunkt war er jedoch körperlich so schwach, dass ich nicht mehr daran glaubte“, so Bausch. Das Drehbuch wurde daraufhin so geändert, dass van Werweke trotz seines gesundheitlichen Zustandes am Film teilnehmen konnte.

„Im Februar hatten wir drei Tage für einen Dreh geplant, bei dem Thierry in einer Gefängniszelle Insassen seine Geschichte erzählt, die gleichzeitig die Haupthandlung des Filmes sein sollte. Das hätte uns erlaubt, immer wieder auf Thierrys Erzählung zurückzukommen. Er wäre im Film also sehr präsent gewesen.“

Thierry van Werweke starb jedoch einen Monat vor den geplanten Drehtagen. Die Entscheidung, den Film trotzdem zu drehen, traf er nicht nur, weil Bausch seinem Freund den letzten filmischen Wunsch erfüllen wollte. „Ich bin Regisseur, ich lebe vom Filmemachen. Ich kann also nicht ein Jahr lang an diesem Projekt arbeiten und dann alles aufgeben.“ Bereits im Herbst vergangenen Jahres begannen die Proben für Trouble No More; „der Apparat“ war also schon vor dem Tod des Hauptdarstellers „am Rollen“.

Die Änderungen am Drehbuch fielen Andy Bausch, der mit van Werveke eng befreundet war, den Umständen entsprechend leicht. „Ich habe sofort nach seinem Tod angefangen zu schreiben, obwohl der Verlust ein großer Schock für mich war. Es war wie eine Flucht vor der Realität, ein zweites Zuhause.“ Dass Johnny Chicago durch keine andere Figur ersetzt werden kann, wusste Bausch schon immer. „Ich habe keinen Ersatz gesucht. Kein Anderer könnte der Rolle gerecht werden. Es gibt im Film auch keinen Schauspieler, der seine Rolle übernimmt.“ 

Johnny Chicago ist im neuen Film nämlich tot. Chuck Moreno, Chi­cagos alter Komplize, versucht nun seinen Bruder, Ray Guddebuer, zum letzten großen Coup zu überreden und Chicago die letzte Ehre zu erweisen. Man ahnt, dass Trouble No More der Stimmung der beiden vorigen Troublemaker treu bleibt. Das sei auch ohne van Werveke möglich, erklärt Bausch. „Die Dialoge wurden von mir geschrieben, nicht von Thierry. Der Autor bin ich; auch der letzte Teil der Trilogie stammt aus meiner Feder. Die Stimmung und die Philosophie sind also dieselben geblieben. Thierry Van Werweke ist Johnny Chicago, aber Troublemaker ist Andy Bausch.“

Mit diesen Worten nimmt auch die Mit­tagspause ein Ende. Andy Bausch verlässt langsam das Catering-Zelt, und begibt sich zum Filmset wo schon die nächs­ten Gaunereien vorbereitet werden.Trouble No More soll im Frühjahr in die Kinos kommen. Ein genaues Datum ist noch nicht festgelegt. 

Claire Barthelemy
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