Seit der Fusion von Gendarmerie und Polizei ist das Amt des Generaldirektors der Polizei kein bequemes. Denn nachdem Pierre Reuland vor sechs Jahren auf Drängen des Oberstaatsanwalts von Justizminister Luc Frieden abberufen wurde, muss nun auch sein Nachfolger Romain Nettgen früher in Pension, als ihm lieb ist.
Die Fusion der beiden lange zerstrittenen Korps war den Beteiligten mit allerlei organisatorischen und hierarchischen Zugeständnissen schmackhaft gemacht worden. Doch bis heute hatte kein Minister den Mut, diese nicht gerade effizienzsteigernden Provisorien abzuschaffen, wie sie ähnlich auch manche Gemeindefusionen ad absurdum führen. Schließlich wollte kein christlich-sozialer Minister – übrigens auch kein Abgeordneter einer anderen Partei – die Polizeispitze verstimmen. Denn Law and order gehören traditionell zum wertvollsten Geschäftsfundus der konservativen Partei und sie hatte schon genug mit der Armee und dem Nachrichtendienst zu tun.
Wie so oft in solchen Fällen, fühlt sich eine Regierung erst dann zum Handel genötigt, wenn eine ihrer Verwaltungen nicht mehr in der Lage ist, ihre schmutzige Wäsche zu Hause zu waschen, und der Konflikt an die Öffentlichkeit dringt. Das war Anfang des Jahres der Fall, als ranghöchste Polizeibeamte im Bommeleeërten-Prozess als Zeugen aussagen mussten und sich dabei nicht nur als Komplizen von Terroristen in Uniform verdächtig machten, sondern auch eine bis dahin in der Öffentlichkeit so noch nicht gezeigte Geringschätzung rechtsstaatlicher Prinzipien an den Tag legten. Damit war die Zeit gekommen, dass derOberstaatsanwalt wieder einen seiner legendären Briefe an den Polizeiminister schrieb.
LSAP-Wirtschaftsminister Etienne Schneider, der aus bis vor kurzem unverständlichen Gründen auch für die Polizei zuständig ist, nutzte mit bewundernswerter Entschlossenheit das kurze Zeitfenster, um in der Polizeiführung aufzuräumen. Binnen weniger Tage erklärte er vor dem Sommerurlaub dem Generaldirektor und seinen Vertrauten, dass sie keine andere Wahl hätten, als auf ihre Ämter zu verzichten; man kümmere sich darum, sie anderweitig unterzubringen. Vergangene Woche stellte er dann dem parlamentarischen Rechtsausschuss die Nachfolger rund um den bisherigen Personaldirektor der Eisenbahn, Philippe Schrantz, vor. Seitdem ist der Minister, der unter den unbeliebten Offizieren aufräumte, der Held der Streifenbeamten und der Polizeigewerkschaft, was auch nicht jedem seiner Vorgänger vergönnt war.
Dank der Unterstützung der neunten Strafkammer des Bezirksgerichts Luxemburg und des Oberstaatsanwalts war es also plötzlich möglich geworden, die letzte noch ganz dem militärischen Gendarmeriedrill und Offizierskult verschriebene Generation in der Polizeiführung abzusetzen, um sie durch eine neue Generation von jungen und dynamischen Sicherheitstechnikern zu ersetzen. Sie sollen aus dem schwerfälligen Polizeikorps ein schlankes und flexibles Dienstleistungsunternehmen für innere Sicherheit machen, die autoritäre Kommandoführung soll durch moderne, nur auf den ersten Blick weniger autoritäre Managementtechniken ersetzt werden.
Den rechten Rahmen für die Serviceprovider mit Pfefferspray und Wasserwerfer soll eine auf Effizienz und Rationalisierung bedachte Reform des Polizeigesetzes liefern. Schon nächsten Monat beginnen die vom Wirtschaftsminister bestellten Unternehmensberater, mit externen Audits eine Gesetzesänderung vorzubereiten. Man kann ihrem Können vertrauen, dass sie dabei nicht nur den liberalen Nachtwächterstaat anstreben, sondern Lassales Vorstellungskraft sogar noch übertreffen, wenn sie sich die großherzogliche Polizei der Zukunft als 2 000 Mann und Frau starke Wach- und Schließgesellschaft, als eine Art staatliche G4S, Brink’s oder Securitas, ausmalen.