d'Lëtzebuerger Land vom 26.09.2014
Wo die Prioritäten der Luxemburger Ratspräsidentschaft 2015 liegen werden, lässt sich derzeit noch nicht so ganz genau abschätzen. Das liegt einerseits daran, dass abzuwarten bleibt, was die aktuelle italienische und die kommende lettische Präsidentschaft noch erreichen werden. Und andererseits daran, dass vergangenen Juni Europawahlen waren, und in Brüssel alle darauf warten, was die neue EU-Kommission unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker vorlegen wird. Als große Termine stehen die Weltklimakonferenz Ende 2015 in Paris sowie die Erneuerung der UN-Entwicklungsziele im Kalender, erklärt Marc Ungeheuer, Generalsekretär im Außenministerium. Falls sich die Europäer unter lettischem Vorsitz nicht auf eine gemeinsame Position einigen können, wird Luxemburg die Arbeiten weiterführen müssen. In Bezug auf den Binnenmarkt stehe der Aufbau eines einheitlichen Energiemarktes im Vordergrund, so Ungeheuer, wegen der aktuellen Krise in der Ukraine ist dies ein Top-Thema. Je nachdem könnten während der Luxemburger Ratspräsidentschaft die Verhandlungen über die Freihandelsabkommen mit den USA und Japan in die Endphase kommen. Die werden zwar von der EU-Kommission geführt, doch nach der öffentlichen Aufregung um das TTIP-Abkommen mit den USA hat Jean-Claude Juncker dreierlei versprochen. Erstens: mehr Transparenz bei den Diskussionen. Zweitens: die Sicherheit der Lebensmittel und der Daten der EU-Bürger. Drittens: Keine Sonderschiedsgerichte für Investitionen. Auch China drängt auf ein Freihandelsabkommen mit der EU. Im vergangenen Frühjahr haben die Verhandlungen über ein Abkommen zum Schutz von Investitionen begonnen – für die Europäer Vorbedingung für weitere Schritte. Ins zweite Semester 2015 dürfte auch die Prüfung des EU-Finanzrahmens fallen – bei den Verhandlungen ums EU-Budget hatte Frankreich darauf gedrängt, über neue, eigenständige Finanzierungsmöglichkeiten für die EU nachzudenken. Vergangenen Februar nahm die Arbeitsgruppe „Own resources“ unter dem Vorsitz von Ex-EU-Kommissar Mario Monti die Arbeit auf. Ebenfalls auf dem Radar haben die Luxemburger Diplomaten die Entwicklung der Beziehungen mit der Schweiz – weil die Schweizer beim Referendum den freien Personenverkehr abgelehnt haben, stehen die Vereinbarungen über den Zugang zum EU-Binnenmarkt in Frage. Eine weitere große Unbekannte: Die Entwicklung in Großbritannien, wo Premier David Cameron den Bürgern ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft versprochen hat, falls sie ihn 2015 wiederwählen.
Michèle Sinner
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